
Phototherapie bei juckenden Hauterkrankungen
Autor:
Dr. Maria-Lisa Repelnig
Univ.-Prof. Dr. Franz Josef Legat
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Graz
E-Mail: maria.repelnig@medunigraz.at
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Juckreiz, oder auch Pruritus, ist definiert als unangenehme Empfindung, welche das Verlangen auslöst, sich zu kratzen.1,2 Wir alle kennen das Gefühl, sei es nun ausgelöst durch einen Insektenstich, trockene Haut oder einfach kratzige Kleidung. Jedoch sind nicht alle Auslöser so einfach zu beseitigen wie das Ausziehen eines Strickpullovers. Was also, wenn der Juckreiz nach dem Kratzen nicht wieder verschwindet? Was tun, wenn das Jucken chronisch wird?
Als chronischen Pruritus bezeichnet man einen lang anhaltenden Juckreiz, der 6 Wochen oder länger besteht. 2007 wurde vom International Forum for the Study of Itch (IFSI) eine Klassifikation des chronischen Pruritus erarbeitet, wobei 3 klinische Gruppen unterschieden werden: chronischer Pruritus auf primär veränderter Haut, chronischer Pruritus auf primär unveränderter Haut und chronischer Pruritus mit Kratzläsionen.1,2
Beim Erkrankungsbild des chronischen Pruritus handelt es sich um keine Rarität, im Gegenteil. Studien zur Häufigkeit zeigten, dass zum Zeitpunkt der Befragung ca.13,5% der Teilnehmer an chronischem Pruritus litten und 22% der Befragten gaben an, bereits mindestens einmal in ihrem Leben an chronischem Pruritus gelitten zu haben. Die Jahresinzidenz in der Allgemeinbevölkerung von Deutschland liegt dabei bei ungefähr 7%.3,4 Dies zeigt die Wichtigkeit, sich mit dem Krankheitsbild auseinanderzusetzen und über die möglichen Therapieoptionen informiert zu sein. Neben der Ursachenabklärung gilt die Basistherapie zur effizienten Rückfettung, Hydratisierung und Stabilisierung der physiologischen Hautbarriere als unabdingbare Maßnahme. Je nach Ursache und Ausprägung kommen in weiterer Folge wirkstoffhaltige topische Therapeutika oder auch Systemtherapien zum Einsatz.5 Während die Lokaltherapie beim großflächigen Befall schnell an ihre Grenze stößt, sind die derzeit eingesetzten Systemtherapien „off-label“ häufig nicht ausreichend wirksam und mit Nebenwirkungen behaftet.
Die Phototherapie stellt eine seit langer Zeit bewährte Therapieoption dar, welche durch ihren breiten Wirkmechanismus bei allen 3 Gruppen des chronischen Pruritus anwendbar ist.5,6
Pathophysiologie des Juckreizes und UV-Therapie
Wie also reduziert UV-Licht den Juckreiz? Der antipruritische Effekt der Lichttherapie ist wahrscheinlich auf viele unterschiedliche Faktoren zurückzuführen. Abhängig von der Eindringtiefe entfaltet sich die Wirkung der UV-Therapie in erster Linie in der Epidermis und oberen papillären Dermis (UVB 280–320nm) bzw. auch in der retikulären Dermis (UVA 320–400nm). Dort kommt es zu antiinflammatorischen und neuromodulierenden Prozessen. Wenn man einen genaueren Blick auf die Epidermis und Dermis wirft, erkennt man, dass eine Vielzahl an Zellen durch die eindringende UV-Strahlung beeinflusst werden kann. Neben den klassischen „Hautzellen“ wie den Keratinozyten, Langerhanszellen, Melanozyten und Fibroblasten sowie den Zellen der Hautanhangsgebilde, wie Schweißdrüsen- und Haarfollikelzellen, findet man in der Haut auch zahlreiche Zellen, die mit dem Immunsystem in Verbindung gebracht werden, wie Mastzellen, eosinophile Granulozyten, Leukozyten, dendritische Zellen und Lymphozyten. Entscheidend für den Juckreiz sind natürlich die sensorischen Nervenfasern, welche die Haut dicht verzweigt bis knapp unter die Hornschicht der Epidermis durchziehen, Pruritussignale aufnehmen und nach zentral weiterleiten. Bei chronisch juckenden Hauterkrankungen findet sich oft noch eine über das normale Maß hinaus erhöhte Dichte dieser sensorischen Nervenfasern in den obersten Hautschichten.
Es zeigte sich, dass die Anzahl der intraepidermalen Nervenfasern durch Phototherapie beeinflusst werden kann.7 Zudem können auch die von den Nervenfasern oder ihren umliegenden Zellen ausgeschütteten Neuropeptide (z.B. Substanz P, Calcitonin „gene-related peptide“ [CGRP] und Endothelin-1) durch UV-Strahlung beeinflusst werden.6
Auch zahlreiche Zytokine spielen bei der Auslösung und Modulation von Pruritus eine Rolle. UV-Therapie hat hierbei Einfluss auf eine Reihe von Zytokinen, welche mit juckenden Hauterkrankungen in Verbindung stehen. So konnte gezeigt werden, dass Schmalband-UVB-Therapie eine Reduktion von IL-17 und PUVA-Therapie eine Reduktion von IL-23 bewirkt, was unter anderem mit einer Reduktion des Juckreizes bei Psoriasis einhergeht.8 UVA1-Therapie konnte eine Reduktion von IL-13 und IL-31 herbeiführen; beides Zytokine, welche bei der atopischen Dermatitis eine wichtige Rolle spielen.9 Auch moderne Therapien, wie die Biologika Dupilumab (Blockade von IL-4 und IL-13) und Nemolizumab (Blockade von IL-31) greifen bei diesen Zytokinen an und können so zu einer mitunter deutlichen Reduktion des Juckreizes führen.10,11
Unser peripheres Opioidsystem kann ebenfalls durch Phototherapie beeinflusst werden. Bei Patienten mit atopischer Dermatitis konnte durch PUVA-Therapie ein Ausgleich der Dysbalance zwischen dem peripheren κ-Opioid- und µ-Opioid-System erzielt werden, was zu einer deutlichen Besserung des Juckreizes führte.12 Die Komplexität bei der Entstehung von Juckreiz und die zahlreichen möglichen Angriffspunkte der Phototherapie an Zellen und Nerven der Haut lassen zahlreiche Mechanismen der antipruritischen Wirkung der Phototherapie vermuten, ohne dass diese vollständig aufgeklärt wären. Lokale und systemische Immunsuppression sowie eine Beeinflussung der intraepidermalen Nervenfasern und Neuropeptide scheinen aber eine zentrale Rolle zu spielen.
Phototherapie bei verschiedenen Krankheitsbildern
Eine Vielzahl von dermatologischen und nicht dermatologischen Erkrankungen gehen mit chronischem Juckreiz einher. Gerade bei inflammatorischen Erkrankungen wie der Psoriasis und der atopischen Dermatitis ist eine Phototherapie oft sehr gut wirksam; aber auch Erkrankungen wie die Mycosis fungoides und Juckreiz bei Erkrankungen ohne primäre Hautveränderungen sprechen gut auf Phototherapie an. Welche Art der Phototherapie ist nun aber bei welchem Krankheitsbild anzuwenden? Einen guten Überblick bildet die S1-Leitlinie zur UV-Phototherapie und Photochemotherapie (Herzinger et al., 2016),13 eine daraus sowie aus der in diesem Artikel angeführten Literatur hergeleitete Zusammenfassung zur Anwendung bei häufigen juckenden Erkrankungen zeigt Tabelle 1.
Chronischer Pruritus bei primären Hautveränderungen
Psoriasis
Psoriasis ist eine weit verbreitete, chronische inflammatorische Hauterkrankung. Studien haben gezeigt, dass rund 80% der Patienten mit Psoriasis angeben, unter Juckreiz zu leiden.14,15 Phototherapie ist eine sichere und effektive Behandlungsmöglichkeit für Psoriasis. Grundsätzlich können sowohl Breitband- als auch Schmalband-UVB-Strahler verwendet werden, jedoch konnte für die Schmalband-UVB-Therapie bei Psoriasis eine Überlegenheit gegenüber der Breitband-UVB-Therapie gezeigt werden.16 Bei nicht ausreichender Wirksamkeit oder bei raschem Wiederauftreten kann auch eine PUVA-Therapie angewandt werden. Bei sehr dicken Plaques oder schwerer Psoriasis, wie bei erythrodermatischem Zustandsbild oder bei der pustulösen Psoriasis, kann von Beginn an eine PUVA-Therapie erwogen werden.17 Bei Psoriasis zeigte die Therapie mit Schmalband-UVB nicht nur eine deutliche Reduktion des Juckreizes, die Stärke des Juckreizes zu Beginn der Therapie hatte sogar einen Einfluss auf die Zahl der Behandlungen, die für die Abheilung der Psoriasis notwendig waren; je stärker der Juckreiz, desto mehr UVB-Therapien waren bis zur Abheilung erforderlich.18,19
Atopische Dermatitis
Zur Diagnosestellung der atopischen Dermatitis (AD) zieht man in der Klinik vielfach die Kriterien nach Hanifin und Rajka heran.20 Juckreiz zählt hier zu den Major-Kriterien zur Diagnosestellung einer atopischen Dermatitis. Oft führt dieser zu Schlafbeeinträchtigungen und einer Verschlechterung der Lebensqualität der betroffenen Patienten.21 Grundsätzlich sind sowohl die UVA- als auch die UVB-Strahlung für die Therapie der atopischen Dermatitis geeignet, wobei Schmalband-UVB und UVA1-Therapien als am effektivsten gelten. Es zeigte sich, dass Schmalband-UVB besonders gut geeignet ist für das Management chronischer AD, während UVA1 bei akuten Schüben gute Erfolge bringt.13,22 Bei nicht ausreichender Wirkung kann auch bei der AD eine PUVA-Therapie in Erwägung gezogen werden.13 Zur Reduktion des Juckreizes bei AD ist sowohl Schmalband-UVB als auch UVA1 wirksam,23 in einer Studie gaben jedoch 90% der AD-Patienten eine Reduktion des Juckreizes nach Schmalband-UVB-Therapie an, wohingegen nach UVA-Therapie nur 38% eine Besserung verspürten.24
Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom
Bei Mycosis fungoides (MF) und seiner erythrodermatischen Variante, dem Sézary-Syndrom, handelt es sich um ein kutanes, chronisch verlaufendes T-Zell-Lymphom. Juckreiz kommt bei 61% der Patienten mit Mycosis fungoides und bei 94% der Patienten mit Sézary-Syndrom vor und nimmt mit dem Fortschreiten der Erkrankung zu.25 In den frühen Stadien (IA, IB, und IIA) der MF kann eine Phototherapie mit Schmalband-UVB oder PUVA durchgeführt werden. Die PUVA sollte bei Patienten mit Plaques oder einer follikulotropen MF sowie zur Behandlung der erythrodermatischen Variante (Sézary-Syndrom) der MF eingesetzt werden. In fortgeschrittenen Stadien bieten sich Kombinationen mit systemischen Therapien an: z.B. eine Kombination aus PUVA mit Retinoiden oder rekombinantem Interferon(IFN)-α. Beim Sézary-Syndrom ist die extrakorporale Photopherese in Kombination mit z.B. IFN-α, PUVA, lokalen Kortikosteroiden oder Bexaroten wirksam. Ebenfalls zählt die PUVA-Therapie in Kombination mit IFN-α und/oder Bexaroten zur Therapie der ersten Wahl.26 Auch wenn es nur wenige Studien gibt, bei denen auf den antipruritischen Effekt der Photo(chemo)therapie bei T-Zell-Lymphomen eingegangen wird,27–29 so wird in einem „expert consensus“ auf den juckreizlindernden Effekt der Phototherapie Bezug genommen.29
Chronischer Pruritus ohne primäre Hautveränderungen
Nicht nur Hauterkrankungen verursachen Juckreiz. Bei vielen systemischen Erkrankungen wie bei Leber- oder Nierenschäden sowie bei neurologischen, hämatologischen oder auch endokrinologischen Erkrankungen ist Juckreiz eine häufige Begleiterscheinung. Abgesehen von Kratzspuren sind häufig keine spezifischen Hautveränderungen zu erkennen. Insbesondere bei älteren Patienten findet sich manchmal chronischer Juckreiz, dem auch nach eingehender Untersuchung der Patienten kein Grund zuzuweisen ist. In diesen Fällen spricht man von „idiopathischem chronischem Pruritus“. Die Phototherapie kann in all diesen Fällen von chronischem Pruritus versucht werden. Wenn die Grunderkrankung bekannt ist, sollte diese natürlich so weit wie möglich behandelt werden.
Polycythaemia vera
Bei hämatologischen Erkrankungen ist Juckreiz ein häufiges Begleitsymptom. Bei der Polycythaemia vera (PV) kommt es oft zu einem quälenden „aquagenen“ Pruritus. Bei temperaturunabhängigem Wasserkontakt berichten 31–69% der von PV Betroffenen von Jucken und stechendem Hautgefühl, was sowohl die Lebensqualität als auch die persönliche Hygiene der betroffenen Patienten beeinflusst, da Wasserkontakt vermieden wird.31 Zu den Therapieoptionen zählen unter anderem Antihistaminika oder die Gabe von Acetylsalicysäure vor dem Wasserkontakt, die Gabe von Pregabalin oder selektiver Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) und natürlich die Phototherapie. Auch zytostatische Therapien sowie JAK2- und mTOR-Inhibitoren zeigten eine Besserung des aquagenen Pruritus.5,32 Sowohl UVB- als auch PUVA-Therapie erwiesen sich als wirksam für die Therapie des aquagenen Pruritus bei PV. In einer kleinen Studie führte Schmalband-UVB-Therapie bei 8 von 10 Patienten mit PV zu einer kompletten Remission des Juckreizes.33 In einer anderen Studie kam es durch eine BB-UVB-Therapie bei 8 von 14 Patienten ebenfalls zu einer Besserung des aquagenen Pruritus.34 Bei nicht ausreichender Wirkung durch UVB kann auch eine PUVA-Therapie erwogen werden.35
Urämischer Pruritus
Rund 40% der Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und Hämodialyse leiden unter mittelstarkem bis starkem chronischem Juckreiz.36 Viele Studien belegen den positiven Effekt von UVB-Therapie bei urämischem Pruritus. So zeigte Breitband-UVB eine deutliche antipruritische Wirkung bei hämodialysepflichtigen Patienten.37 Auch wenn anfängliche Studien keinen signifikanten Effekt von NB-UVB im Vergleich zu UVA bei urämischem Pruritus zeigten,38 konnte in weiterer Folge doch auch für die Schmalband-UVB-Therapie eine signifikante Minderung des Juckreizes bei niereninsuffizienten Patienten gezeigt werden.36 Dies deckt sich auch mit eigenen Erfahrungen im klinischen Alltag in unserer Phototherapie-Ambulanz der Grazer Hautklinik. Die positive Wirkung der Schmalband-UVB-Therapie bei niereninsuffizienten Patienten mit chronischem Pruritus ist auch deshalb eine wichtige Erkenntnis, weil mittlerweile die Schmalband-UVB-Therapie aufgrund ihrer besseren Wirkung bei Psoriasis die Breitband-UVB-Therapie in den Hautordinationen nahezu vollständig verdrängt hat. Die Besserung des Juckreizes tritt bei der Therapie mit UVB verzögert auf und wird für die Patienten erst nach etwa 2 Wochen merkbar.37,39 Die Verträglichkeit der Phototherapie bei chronisch Niereninsuffizienten mit und ohne Dialyse ist jedenfalls ausgezeichnet und auch gut individuell steuerbar. Bei nierentransplantierten Patienten ist in Betracht zu ziehen, dass aufgrund der begleitenden immunsuppressiven Therapie bei gleichzeitiger UV-Therapie das Risiko für die Entstehung von Non-Melanoma Skin Cancer (NMSC) erhöht ist. Deshalb sollte man diese Patienten möglichst nicht mit UV-Therapie behandeln. Auch niereninsuffiziente Patienten mit chronischem Juckreiz, bei denen eine Nierentransplantation geplant wird, sollten möglichst nicht oder nur kurzfristig mit UV-Licht behandelt werden, um das NMSC-Risiko nach der Transplantation so gering wie möglich zu halten.
Cholestatischer Pruritus
Patienten mit hepatobiliären Erkrankungen klagen oft über Juckreiz, insbesondere wenn es im Rahmen der Erkrankung zur Cholestase kommt, wie z.B. bei der primär biliären Cholangitis, der intrahepatischen Schwangerschaftscholestase oder bei malignen und seltener bei benignen biliären Obstruktionen.40 Oft bleibt der Juckreiz trotz Beseitigung des Auslösers und leitliniengerechter Therapie vorhanden. Als Therapieoptionen kommen z.B. Cholestyramin, μ-Opiatantagonisten, Rifampicin und Sertralin sowie die Ursodesoxycholsäure bei der intrahepatischen Schwangerschaftscholestase infrage. Aber auch die Phototherapie hat beim cholestatischen Pruritus ihre Berechtigung und kann nach Versagen der First-Line-Therapien in Betracht gezogen werden.5 Auch wenn es keine größer angelegten randomisierten Studien gibt, konnte die Wirksamkeit der UVB-Therapie in einzelnen Studien und Fallberichten nachgewiesen werden.41–43 In einer Studie von Decock et al. konnte bei 10 von 13 Patienten nach UVB-Breitband-Therapie eine Reduktion des Pruritus um 60% erreicht werden.44
Abb. 1: 76-jährige Patientin mit chronischer Prurigo, nach Einleiten einer NB-UVB Therapie (3-mal/Woche), a) Woche 2 und b) Woche 8. Es zeigt sich nach 8 Wochen eine deutliche Abnahme der Exkoriationen und die Abheilung zahlreicher Knoten und Plaques.
Chronische Prurigo und Patienten mit sekundären Kratzeffloreszenzen
Die chronische Prurigo ist eine Hauterkrankung, welche sich durch juckende Papeln, Plaques oder Knoten auszeichnet. Ein chronischer Pruritus (>6 Wochen) ist dabei obligat.45 Die Abheilung der Hautveränderungen ist hierbei meist nur durch eine langfristige Unterdrückung des Juckreizes möglich. Derzeit gibt es keine Medikamente, die speziell für diese Indikation zugelassen sind, daher kann eine Phototherapie bei diesem Krankheitsbild frühzeitig angewandt werden.5 Die Anwendung von Phototherapie bei chronischer Prurigo ist insbesondere hinsichtlich der nodulären Form gut erforscht und zeigt eine gute Wirksamkeit, sowohl hinsichtlich der Reduktion des Juckreizes als auch der Abheilung der Hautveränderungen. Die Effektivität wurde für Breitband- und Schmalband-UVB sowie für UVA- und PUVA-Therapie nachgewiesen.46,47 Gute Daten aus Studien sowie ein gutes Nebenwirkungsprofil gibt es für die BB-UVB- und NB-UVB-Therapie, welche auch in vielen niedergelassenen Ordinationen verfügbar sind. Sollte die UVB-Therapie nicht ausreichend wirksam sein, kann die orale PUVA oder Ganzkörper-Bade-PUVA eingesetzt werden.
HIV-assoziierter Pruritus
Auch bei HIV-positiven Patienten präsentiert sich Juckreiz als häufiges Symptom. In einer Studie gaben 40% der Patienten mit HIV an, unter chronischem Juckreiz zu leiden.48 Als Auslöser kommen verschiedenste Dermatosen infrage und nur manche davon kommen spezifisch gehäuft in dieser Patientenpopulation vor. Mögliche Ursachen von chronischem Pruritus bei Patienten mit HIV sind Hautinfektionen, HIV-assoziierte papulöse Dermatitis, Photodermatitis, Xerosis cutis und gelegentlich auch lymphoproliferative Erkrankungen. Arzneimittelreaktionen treten bei HIV-positiven Patienten ebenfalls vermehrt auf. Eine genaue Anamnese und klinische Untersuchung zur Ursachenfindung sind auch bei Patienten mit HIV unabdingbar. Der idiopathische Pruritus bei HIV ist eine Ausschlussdiagnose.49 Auf eine optimale antivirale Therapie und gute Basispflege sollte geachtet werden, denn immerhin leiden ungefähr 20% der HIV-Patienten unter schwerer Xerosis cutis.50 Als weitere Therapiemaßnahmen kommen unter anderem Antihistaminika, topische Steroide, Antidepressiva und eben auch die Phototherapie infrage.5,49 Sowohl UVB- als auch PUVA-Therapie zeigten eine positive Wirkung auf den Juckreiz bei HIV-Patienten.51–53 Die potenziell immunsuppressive Wirkung des UV-Lichts lässt bei HIV-positiven Patienten jedoch oft eine negative Beeinflussung der Grundkrankheit befürchten, sodass die Phototherapie nur zurückhaltend angewandt wird. Obwohl In-vitro-Untersuchungen und Untersuchungen mit transgenen Mäusen darauf hinweisen, dass UVB und PUVA eine Virusvermehrung induzieren könnten,54, 55 zeigte die Phototherapie in klinischen Studien gute Sicherheitsdaten. So kam es z.B. zu keiner Erhöhung der HIV-Virus-Last unter UVB-Therapie56 und auch zu keiner erhöhten Replikationsrate von HIV unter PUVA-Therapie.53
Fazit
Die Phototherapie ist zur Behandlung des chronischen Pruritus bei zahlreichen Hauterkrankungen und systemischen Erkrankungen gut wirksam und bei korrekter Anwendung mit nur wenigen bekannten Nebenwirkungen sehr gut verträglich. Die Phototherapie kann bei Erwachsenen jeden Alters eingesetzt werden. Bei Älteren muss jedenfalls auf ihre physische Konstitution Rücksicht genommen werden. Für die Phototherapie von Kindern gibt es keine genaue untere Altersgrenze, allerdings ist die Indikation für die Phototherapie streng zu stellen und die Behandlung nur dann sinnvoll, wenn die Kinder bereits den erforderlichen Anweisungen für die Phototherapie gut folgen können. Ein großer Vorteil der Phototherapie ist die Möglichkeit, auch Schwangere und Stillende, bei denen sonst nur eingeschränkte Therapieoptionen vorhanden sind, zu behandeln.
Allgemein muss natürlich wie bei jeder Therapie auch bei der Phototherapie das individuelle Nutzen-Risiko-Profil abgewogen werden. Die Phototherapie muss insbesondere bei Patienten mit ausgeprägter chronischer Lichthaut oder systemischer Immunsuppression zurückhaltend und wenn überhaupt nur kurzfristig eingesetzt werden. Für die Behandlung des chronischen Pruritus gibt es derzeit keine zugelassenen Therapien und alle derzeit eingesetzten sind Off-Label-Therapien. Die Phototherapie, insbesondere die UVB-Therapie mit ihrer guten Wirkung und Verträglichkeit und ihrem breiten Einsatzgebiet, sollte daher frühzeitig für die Behandlung des chronischen Pruritus in Erwägung gezogen und eingesetzt werden. Die UVB-Therapie ist in vielen Hautarztpraxen verfügbar und kann daher auch von niedergelassenen Hautärzten wohnortnahe durchgeführt werden. Die Phototherapie kann somit als wertvolle Behandlungsoption bei chronischem Pruritus unterschiedlicher Ursache angesehen werden und sollte frühzeitig zur Behandlung eingesetzt werden.
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