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Malignes Melanom beim AAD 2018

Inverse Korrelation mit Vitiligo – viel Kaffee trinken – Nivolumab auch in der Adjuvanz

<p class="article-intro">Zahlreiche Sessions und neu vorgestellte Studien am AAD beschäftigten sich mit dem malignen Melanom, dessen Häufigkeit in Europa weiter dramatisch steigt. Nachfolgend lesen Sie eine Auswahl der interessantesten präsentierten Daten. </p> <hr /> <p class="article-content"><p>Geringeres Melanomrisikobei Vitiligo</p> <p>Schon l&auml;nger ist bekannt, dass Patienten mit der Autoimmunerkrankung Vitiligo ein reduziertes Risiko f&uuml;r Melanome aufweisen. In einer retrospektiven Kohortenstudie stellte man fest, dass Patienten mit Vitiligo ein um den Faktor 3 geringeres Risiko f&uuml;r ein Melanom aufweisen.<sup>1</sup> Zu &auml;hnlichen Ergebnissen kam eine amerikanische Studie.<sup>2</sup> Dies deutet darauf hin, dass es gemeinsame genetische Variationen gibt, durch welche eine Beziehung zwischen diesen beiden Erkrankungen hergestellt wird: So ist die Vitiligo mit zwei Major-Allelen im Tyrosinase-Gen assoziiert, w&auml;hrend das maligne Melanom (MM) mit zwei Minor-Allelen am gleichen Ort assoziiert ist. Beide Genvarianten spielen bei der Synthese des Pigments Melanin eine Rolle.<br />Um diesen Zusammenhang n&auml;her zu beleuchten, wurden die wichtigsten Melanompolymorphismen in einer Genom&shy;assoziationsstudie von 500 000 britischen Patienten (UK Biobank) untersucht.<sup>3</sup> Insgesamt wurden 34 Genvarianten identifiziert, die mit einem geringeren Risiko f&uuml;r Vitiligo assoziiert sind, jedoch das Risiko f&uuml;r ein Melanom erh&ouml;hen. Nach Ausf&uuml;hrung von Dr. Nikolai Klebanov, Forscher an der Tufts University School of Medicine, Boston (USA), k&ouml;nnten die Erkenntnisse aus Genomassoziationsstudien k&uuml;nftig wertvolle Anreize f&uuml;r die Entwicklung von Medikamenten gegen MM bieten.</p> <h2>Melanominzidenz: Anstieg in Europa</h2> <p>Eine Studie zur Inzidenz des MM in 46 L&auml;ndern, die beim diesj&auml;hrigen AAD als Late Breaker pr&auml;sentiert wurde, zeigte, dass die Inzidenz f&uuml;r Melanome zwar nach wie vor in Australien und Neuseeland am h&ouml;chsten ist, die Zuw&auml;chse jedoch vor allem in Europa zu verzeichnen sind.<sup>4</sup> Am h&auml;ufigsten ist das Melanom mit einer Inzidenz von 35,8/100 000 Einwohner in Neuseeland, gefolgt von Australien (34,9/100 000 Einwohner), der Schweiz (20,3/100 000 Einwohner), den Niederlanden (19,4/100 000 Einwohner) und D&auml;nemark (19,2/100 000 Einwohner). In 23 von 46 L&auml;ndern ist das MM bei Frauen h&auml;ufiger als bei M&auml;nnern, vor allem in Europa liegen die Frauen diesbez&uuml;glich an erster Stelle (in 21 von 27 L&auml;ndern). Werteten die Forscher die Melanommortalit&auml;t (ebenfalls pro 100 000 Einwohner) aus, so ergab sich ein etwas unterschiedliches Bild: Zwar lagen auch hier Neuseeland und Australien an der Spitze (mit 4,7 bzw. 4,0), doch dann folgten Norwegen (3,6), Slowenien (3,1) und Schweden (2,8). <br />In den meisten L&auml;ndern war die Mortalit&auml;t bei M&auml;nnern h&ouml;her, einschlie&szlig;lich aller L&auml;nder in Europa.<br />Aufschlussreich war auch der Anstieg der Zahl der Melanome im Zeitraum 2000 bis 2012: Sie nahm fast &uuml;berall zu, doch ein Anstieg um mehr als 100 % fand sich bei M&auml;nnern und Frauen in Italien und Gro&szlig;britannien, bei Frauen in Japan und bei M&auml;nnern in Spanien und in der Schweiz. Eine Abnahme der Melanomh&auml;ufigkeit in diesem Zeitraum zeigte sich lediglich bei den Frauen in &Ouml;sterreich, Australien und Neuseeland sowie den M&auml;nnern in Brasilien. Insgesamt stabilisiert sich also die Lage in den am st&auml;rksten betroffenen L&auml;ndern, die Melanominzidenz steigt jedoch ungebrochen in vielen europ&auml;ischen und asiatischen L&auml;ndern sowie in Nordamerika, so der Schluss der Studienautoren. &bdquo;Obwohl die Krankheitslast des Melanoms am gr&ouml;&szlig;ten in Neuseeland und Australien ist, scheint sich die Erkrankung dort auf hohem Niveau zu stabilisieren, wozu vermutlich Public-Health-Kampagnen zum Thema Sonnenschutz und Melanomfr&uuml;herkennung beigetragen haben&ldquo;, so das Fazit von Medizinstudentin Emily Dando, University of Pittsburgh School of Medicine (USA), bei der Vorstellung der Daten.</p> <h2>T&auml;glicher Sonnenschutz als wichtigste Prim&auml;rpr&auml;vention &hellip;</h2> <p>Ein m&ouml;glichst effizienter Sonnenschutz ist und bleibt nach Ausf&uuml;hrung von Prof. Darell Rigel, New York School of Medicine (USA), die wichtigste Ma&szlig;nahme zur Prim&auml;rpr&auml;vention eines MM, auch wenn diese Ma&szlig;nahme bei Patienten &auml;u&szlig;erst unbeliebt ist.<sup>5</sup> Dies ist auch durch Studien gut dokumentiert: Das t&auml;gliche Auftragen eines Sonnenschutzes mit einem Lichtschutzfaktor von mindestens 15 auf Kopf und Arme im Vergleich zu einem Auftragen nach den Vorlieben der Probanden f&uuml;hrte in einer australischen Studie mit 1621 Personen im Alter von 25 bis 75 Jahren dazu, dass sich nach 15 Jahren in der Gruppe, die den Sonnenschutz regelm&auml;&szlig;ig auftrug, 11 neue Melanome gebildet hatten, im Vergleich zu 22 Melanomen in der Gruppe, die den Sonnenschutz nach Belieben auftrug (p=0,0051). Das Auftreten invasiver Melanome konnte sogar um 73 % reduziert werden. Zudem kamen in der Gruppe mit regelm&auml;&szlig;igem Sonnenschutz um 40 % weniger Plattenepithelkarzinome vor.<sup>6</sup></p> <h2>&hellip; und zus&auml;tzlich viel Kaffee trinken</h2> <p>Zwei aktuelle Metaanalysen bieten nach Ausf&uuml;hrung von Prof. Rigel eine M&ouml;glichkeit zur Pr&auml;vention, die bei Patienten deutlich besser ankommen d&uuml;rfte: Ihnen zufolge sch&uuml;tzt auch intensiver Kaffeekonsum vor der Entwicklung eines Melanoms.<sup>7, 8</sup> In einer Metaanalyse wurden zwei Fallkontroll- und f&uuml;nf Kohortenstudien ausgewertet. Hier zeigte sich, dass die st&auml;rksten Kaffeetrinker ein um 19 % geringeres relatives Risiko f&uuml;r ein MM aufwiesen im Vergleich zu den Probanden, die am wenigsten Kaffee tranken. Die Autoren f&uuml;hren die Schutzwirkung auf chemopr&auml;ventive Effekte von koffeinhaltigem Kaffee auf ein Melanom zur&uuml;ck.<sup>7</sup> In der Studie hatte koffeinfreier Kaffee keine Schutzwirkung. <br />In die zweite Metaanalyse gingen 23 Studien mit insgesamt 2 268 338 Teilnehmern ein.<sup>8</sup> Hier zeigte sich bei den Teilnehmern, die am meisten Kaffee tranken, eine Risikoreduktion &auml;hnlichen Ausma&szlig;es. In dieser Untersuchung senkte die koffeinhaltige Variante das Risiko um 15 % , der koffeinfreie Kaffee nur um 8 % . Zudem zeigte sich eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung: Pro Tasse Kaffee am Tag sank das Risiko f&uuml;r ein Melanom um 3 % unabh&auml;ngig vom Koffeingehalt und sogar um 4 % , wenn nur koffeinhaltiger Kaffee getrunken wurde.<sup>8</sup></p> <h2>Aspirin nach der Melanomdiagnose</h2> <p>Nach Ausf&uuml;hrungen von Prof. Rigel gibt es auch in der Sekund&auml;rpr&auml;vention interessante Neuigkeiten: Einer retrospektiven Kohortenstudie zufolge leben Patienten, bei denen ein MM diagnostiziert wurde, l&auml;nger, wenn sie Aspirin einnehmen.<sup>9</sup> An der Studie nahmen 1522 Patienten teil, bei denen zwischen 2000 und 2014 ein MM diagnostiziert worden war und die bis September 2016 nachverfolgt wurden. Die Einnahme von Acetylsalicyls&auml;ure (ASS) war bei Patienten, bei denen ein Melanom im Stadium II oder III diagnostiziert worden war, mit einem &Uuml;berlebensvorteil verbunden. Dieser Zusammenhang bestand selbst dann, wenn bekannte Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Tumorstaging und die Behandlungsmethode in der Analyse ber&uuml;cksichtigt wurden. Zudem wurde bei Studienteilnehmern, die vor der MM-Diagnose ASS einnahmen, seltener ein Melanom im fortgeschrittenen Stadium III oder IV diagnostiziert.<sup>9</sup> Aufgrund dieser positiven Ergebnisse wird jetzt eine Studie durchgef&uuml;hrt, in der das Potenzial von ASS in der Sekund&auml;rpr&auml;vention eines MM in prospektivem Design untersucht wird.</p> <h2>Adjuvante Therapie bald auch beim MM?</h2> <p>Dr. Allan Halpern, niedergelassener Dermatologe in New York (USA), gab in seinem Vortrag einen &Uuml;berblick &uuml;ber neue Entwicklungen bei der Therapie des metastasierten Melanoms.<sup>10</sup> Eine adjuvante Therapie hat sich beim fortgeschrittenen Melanom bisher international nicht durchgesetzt.&nbsp;Ipilimumab ist zwar in den USA in dieser Indikation zugelassen, wird jedoch wegen der schlechten Vertr&auml;glichkeit nur selten adjuvant eingesetzt. Dies k&ouml;nnte sich jedoch durch die Ergebnisse der CheckMate-238-Studie &auml;ndern, in der der Anti-PD-1-Blocker Nivolumab mit Ipilimumab im adjuvanten Setting verglichen wurde.<sup>11</sup> An der Studie nahmen 906 Patienten nach einer kompletten Resektion von Melanomen in den Stadien IIIB, IIIC oder IV teil. Postoperativ erhielten sie &uuml;ber ein Jahr regelm&auml;&szlig;ig Infusionen mit Nivolumab in einer Dosis von 3mg pro kg K&ouml;rpergewicht oder Ipilimumab in einer Dosis von 10mg pro kg K&ouml;rpergewicht. Nach einer Zwischenauswertung wurde die Studie aufgrund der h&ouml;heren Effektivit&auml;t von Nivolumab vorzeitig abgebrochen: In der Nivolumab-Gruppe ereigneten sich signifikant weniger R&uuml;ckf&auml;lle/Todesf&auml;lle im Vergleich zum Ipilimumab-Arm (34 % versus 45,5 % ; p&lt;0,0001). Auch hinsichtlich der Vertr&auml;glichkeit war Nivolumab signifikant &uuml;berlegen: W&auml;hrend in der Ipilimumab-Gruppe 45,9 % der Patienten Nebenwirkungen vom Grad 3 oder 4 erlitten, waren es in der Nivolumab-Gruppe nur 14,4 % . Die Rate der Therapieabbrecher war in der Ipilimumab-Gruppe mit 42,6 % gegen&uuml;ber 9,7 % in der Nivolumab-Gruppe ebenfalls deutlich h&ouml;her. Diese Studie gab den Ausschlag daf&uuml;r, dass Nivolumab im Dezember 2017 von der FDA die Zulassung f&uuml;r Patienten mit MM und Lymphknotenbeteiligung oder metastasierter Erkrankung erhielt, bei welchen eine vollst&auml;ndige Resektion durchgef&uuml;hrt wurde.<sup>12</sup></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: AAD, 16.–20. Februar 2018, San Diego, Kalifornien, USA </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong>&nbsp;Teulings HE et al.: Decreased risk of melanoma and nonmelanoma skin cancer in patients with vitiligo: a survey among 1307 patients and their partners. Br J Dermatol 2013; 168: 162-71 <strong>2</strong>&nbsp;Paradisi A et al.: Markedly reduced incidence of melanoma and nonmelanoma skin cancer in a nonconcurrent cohort of 10,040 patients with vitiligo. J Am Acad Dermatol 2014; 71: 1110-6 <strong>3</strong>&nbsp;Klebanov N: Inverse genetic risk between vitiligo and cutaneous melanoma. 76<sup>th</sup> AAD Annual Meeting, Feb 16-20 2018, San Diego, USA; Abstract Nr. 6660 <strong>4</strong>&nbsp;Dando E: The growing burden of melanoma: The incidence and mortality of melanoma in 45 countries. 76<sup>th</sup> AAD Annual Meeting, Feb 16-20 2018, San Diego, USA; Abstract Nr. 6671 <strong>5</strong>&nbsp;Rigel D: Vortrag &bdquo;Do primary and secondary melanoma prevention efforts make a difference?&ldquo;, Symposium S021 &ndash; Dilemmas and challenges in skin cancer therapies and management. 76<sup>th</sup> AAD Annual Meeting, Feb 16-20 2018, San Diego, USA <strong>6</strong>&nbsp;Green AC et al.: Reduced melanoma after regular sunscreen use: randomized trial follow-up. J Clin Oncol 2011; 29(3): 257-63 <strong>7</strong>&nbsp;Liu J et al.: Higher caffeinated coffee intake is associated with reduced malignant melanoma risk: A meta-analysis study. PLoS one 2016; 11: e0147056&nbsp; <strong>8</strong>&nbsp;Wang J et al.: Coffee consumption and the risk of cutaneous melanoma: a meta-analysis. Eur J Nutr 2016; 55: 1317-29 <strong>9</strong>&nbsp;Rachidi S et al.: Postdiagnosis aspirin use and overall survival in patients with melanoma. J Am Acad Dermatol 2018; [Epub ahead of print]. <strong>10</strong>&nbsp;Halpern A: Oral presentation S048 &ldquo;Hot Topics/Melanoma Update 2018&rdquo;. 76<sup>th</sup> AAD Annual Meeting, Feb 16-20 2018, San Diego, USA <strong>11</strong>&nbsp;Weber J et al.: Adjuvant nivolumab versus ipilimumab in resected stage III or IV melanoma. N Engl J Med 2017: 377: 1824-35 <strong>12</strong>&nbsp;https://www.fda.gov/Drugs/InformationOnDrugs/ApprovedDrugs/ucm590004.htm, last accessed March 12.</p> </div> </p>
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