
Häufig, harmlos und lästig oder: selten, aber gefährlich?
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Hauterkrankungen sind – nach Fieber und Diarrhö – die häufigsten Krankheiten nach Tropenreisen. Fernreisen, Immigration, „visiting friends and relatives“, humanitäre Einsätze, Klimawandel und Reisen unter dem Motto „no risk no fun“ gehen an der Haut nicht spurlos vorbei.
Die Patienten präsentieren sich oft mit ungewöhnlichen klinischen Bildern, für die in unserem medizinischen Alltag das Bewusstsein fehlt.
Bei ethnisch pigmentierter Haut kommt erschwerend hinzu, dass das Erythem für die Beurteilung von Hautkrankheiten wesentlich schlechter sichtbar ist als auf heller Haut. Daher sind neben einer ausführlichen Anamnese geomedizinische Kenntnisse, die Beachtung soziokultureller Unterschiede und aktuelle epidemiologische Informationen besonders wichtig.
Häufig und lästig
Persistierende Insektenstiche:
Banale Insektenstiche (durch Stechmücken) klingen meist innerhalb von Tagen unter symptomatischen Maßnahmen ab.
Flöhe hinterlassen typischerweise Läsionen in Dreiergruppen, Wanzen hintereinander gereihte Stiche, sogenannte Wanzenstraßen (Abb. 1). Die Bettwanze (Cimex lenticularis) ist die Globalisierungsgewinnerin schlechthin. Sie lebt in Möbelritzen und besucht nachts zum Blutsaugen den Wirt. Den Stichreaktionen liegt eine Allergie auf Speichelproteine zugrunde. Wanzen können im Gepäck nach Hause oder in Hotels eingeschleppt werden, wo sie weitere Opfer finden. Die Eradikation befallener Wohnungen und Hotels ist wegen zunehmender Resistenzen oft schwierig.

Abb. 1: Wanzenstiche
Arthropodenreaktionen können aber auch für viele Monate persistieren und wiederaufflackern, wenn die Patienten in Kontakt mit Insekten mit ähnlichen Antigenen kommen. Typisch sind aufgekratzte juckende Papeln an unbedeckter Haut (Gesicht, Extremitäten).
Die Therapie ist oft mühsam. Lokale Therapie mit potenten Steroiden (okklusiv oder intraläsional), Kryotherapie und Exzision sind möglich. Bei Versagen können Phototherapie, Dapsone oder Cyclosporin A wirksam sein. Eine Sicherheitsbehandlung mit Ivermectin ist überlegenswert.
Auch Superinfektionen und kutane Abszesse bis zu großflächiger Gewebedestruktion sind möglich, verursacht durch die in den Tropen gehäuft auftretenden PVL-Staphylokokkenstämme, die durch ihre Toxine proteolytische Enzyme des Gewebes freisetzen.
Tungiasis („Jiggers“) wird durch den kleinsten Floh, den Sandfloh, verursacht (Abb. 2). Das trächtige Weibchen bohrt sich gerne plantar in die Zehen ein, wächst bis zur Erbsengröße an und imponiert klinisch als Knötchen und verursacht Juckreiz.

Abb. 2: Sandfloheier
Bei Myiasis vermehren sich Fliegenlarven der Gattungen Dermatobia, Cordylobia oder Chrysomyia unter der Haut. Zentral besteht ein Porus, der die Larve atmen lässt. Eine Abdeckung des Porus mit Ultraschallgel lockt die Maden heraus und entlarvt sie. Häufig kommt es bei Myiasis und Tungiasis zur Superinfektion (Abb. 3). Die einfachste Behandlung besteht in Inzision und Exstirpation.

Abb. 3: Tunga penetrans
„Blister beetles“ („Nairobifly“, „Ugandabeetle“) kommen weltweit in den Tropen vor. Sie produzieren Carnithidin, das an der Kontaktstelle mit der Haut (durch Zerquetschen des Käfers) eine toxische Dermatitis verursacht. Nach Abheilung bestehen oft anhaltende Pigmentierungen.
Eine imposante, aber harmlose, durch Kontakt mit kontaminierter Erde erworbene Wurmerkrankung der Haut ist die Larva migrans cutanea. Larven von Hundehakenwürmern verursachen bizarre, juckende Gänge in der Haut(Abb. 4). Da der Mensch ein Fehlwirt ist, sterben die Larven nach einigen Monaten ab. Die effektivste Therapie ist die einmalige orale Ivermectin-Gabe.

Abb. 4: Larva migrans, gluteal
Skabies ist besonders in überbevölkerten und von Armut geprägten tropischen Regionen häufig. Weltweit sind etwa 200 bis 300 Mio. Menschen befallen, Asien, Mittelamerika und Sub-Sahara-Afrika sind am stärksten betroffen. Prinzipiell steigt die Gefahr der Ausbreitung dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, vorwiegend sind Kinder und Jugendliche befallen, eine effiziente Behandlung gibt es oft nicht.
Im Verlauf der Erkrankung kann es zu Superinfektionen mit Staphylokokken oder Streptokokken und zu systemischen Folgeerkrankungen kommen (Abb. 5).

Abb. 5: Superinfizierte Skabies, gluteal
Seltener und gefährlich
Viren
Überträger exanthematischer fieberhafter Krankheiten sind die Tigermücken (Aedesmücken).
Das Denguefieber wird durch 4 verschiedene Subtypen von Flaviviren verursacht. Bei Erwachsenen treten nach einer Inkubationszeit von 2 Wochen ein unspezifisches Exanthem, Fieber und Gelenks- und Muskelschmerzen auf. Bei Reinfektionen durch andere Subtypen oder Primärinfektionen von Kindern kann es zum hämorrhagischen Verlauf bis zum Dengue-Shock-Syndrom kommen, das nur symptomatisch behandelt werden kann. Bisher gibt es keine Dengueschutzimpfung, Prophylaxe (Kleidung, Repellents) ist daher besonders wichtig!
Bei Chikungunyafieber (Kisuaheli, gekrümmter Rücken) treten wie bei Dengue ein fleckiges Exanthem, Fieber, Schmerzen und Abgeschlagenheit auf. Spezielle Antikörper- und PCR-Nachweisverfahren sind wichtig, insbesondere zur Differenzierung von Denguefieber.
Vereinzelt wurde die Übertragung von Dengue und Chikungunya auch im mediterranen Raum beobachtet. Die Übertragung durch Bluttransfer wird diskutiert, weshalb von Blutspenden bis zu 6 Monaten nach Tropenaufenthalt abgeraten wird.Differenzialdiagnostisch sollte immer an eine akute HIV-Infektion gedacht werden.
Bakterien
Flecktyphus und Fleckfieber werden durch Rickettsien verursacht und durch Zecken übertragen. Die häufigste bei uns importierte Form ist das „Südafrikanische Zeckenbissfieber“. Teilnehmer von Jagdreisen sind einem besonderen Risiko ausgesetzt. Die schwerste Verlaufsform ist das „Rocky-Mountain-spotted-Fieber“, es kann durch disseminierte intravasale Gerinnung letal enden. Allen Fleckfieberarten gemeinsam ist, dass an der Stelle des Zeckenbisses ein Eschar (schwärzliche Nekrose) auftritt. Erst später entwickelt sich ein generalisiertes Exanthem.
Mykobakterien
Lepra gibt es immer noch! Weltweit werden jährlich 700000 neue Erkrankungen registriert, die meisten in Afrika, Brasilien und Indien. Tendenz steigend. Aber auch in Europa werden ca. 30–40 Leprafälle pro Jahr diagnostiziert. Die Latenz zwischen Infektion und Ausbruch der Lepra kann lange sein, auch ein jahrzehntelang zurückliegender Tropenaufenthalt ist relevant. Hypopigmentierte, anästhetische Herde (tuberkuloide Formen) und schmerzlose Ulzera und Knoten (lepromatöse Formen) sollen an Lepra denken lassen (Abb. 6). Traurig ist, dass jeder 10. Patient bei Diagnosestellung bereits Behinderungen aufweist, die trotz einer Multidrug-Therapie bestehen bleiben.

Abb. 6: Lepromatöse Klauenhand, Kind (6 J.)
Differenzialdiagnostisch muss auch an eine Tuberculosis cutis, die weltweit im Ansteigen begriffen ist, gedacht werden.
Das Buruli-Ulcus ist weltweit nach Tuberkulose und Lepra die dritthäufigste mykobakterielle und bisher nur chirurgisch therapierbare Erkrankung. Mycobacterium ulcerans kommt vor allem in West- und Zentralafrika vor.
Würmer
Schistosomiasis
Zerkarien (Larven) humanpathogener Schistosomen, erworben durch Kontakt mit von Zwischenwirten (Schnecken) kontaminiertem Süßwasser in den Tropen, können schwerwiegende Krankheiten wie Enteropathien, Leberzirrhose und Blasenkarzinome verursachen. Klinisch zeigt sich akut an der Eintrittspforte die flüchtige Zerkariendermatitis, bei massiver Infestation entwickelt sich nach einer Inkubationszeit das typische Katajama-Fieber mit urtikariellem Exanthem, Gelenks- und Muskelschmerzen. Die Zerkarien wandern zu ihrem Zielorgan, den Venen des Urogenital- oder Rektalbereiches, wo sie zu erwachsenen Würmern heranwachsen.
Stark verseucht ist der bei Rucksacktouristen beliebte Malawi-See im zentralen Afrika. Im Rahmen des Schistosomiasis-Kontrollprogramms wurde eruiert, dass etwa 40–50% der Bevölkerung von Malawi infiziert sind.
Strongyloidiasis – Larva currens
Laut WHO sind ca. 100 Mio. Menschen in Tropen und Subtropen infiziert. Der Parasit Strongyloides stercoralis lebt im Dünndarm, kann als Larve intakte Haut penetrieren und die Larva migrans imitierende, allerdings flüchtige Gänge ziehen, die oft gluteal lokalisiert sind. Unter Immunsuppression (HIV, Malignome, Splenektomie, systemische Steroide, Biologika, MTX, Cyclosporin A, …) kann er zum potenziell letalen Hyperinfektions-Syndrom führen. Bei Verdacht auf eine Larva currens sind eine mindestens dreimalige Stuhluntersuchung auf Parasiten und ein serologischer Antikörpertest sinnvoll. Die Therapie der Wahl ist heute Ivermectin.
Parasiten
Leishmaniosen
Diese werden durch unterschiedliche Leishmanienspezies verursacht und in der Alten Welt durch Sandmücken übertragen. Es ist oft schwierig, diese von den viel häufigeren prolongierten excoriierten Insektenstichreaktionen abzugrenzen. Es bilden sich schmerzlose Ulzera, die zur Superinfektion neigen und nicht abheilen (Abb. 7).

Abb. 7: Kutane Leishmaniose, Unterlippe
Onchocerciasis
Die Flussblindheit wird durch die Filarienspezies Onchocerca volvulus verursacht. Kriebelmücken übertragen die an schnellen Flüssen Afrikas heimischen Erreger. Klinisch dominiert zu Beginn Juckreiz, später entsteht die typische Leopardenhaut. Verantwortlich sind Mikrofilarien, die auch in die Augen eindringen und zu Blindheit führen. Die Würmer leben in subkutanen Knoten.
Pilze
Sporotrichose, Chromoblastomykose, Myzetom
Sie alle zeigen sich als schmerzarme Ulzerationen und Vegetationen meist an den Extremitäten. Sie werden durch Inokulation tropischer Pilze verursacht. Trotz Erregernachweis und systemischer antimykotischer Langzeittherapie ist oft eine Amputation notwendig.
Bei allen chronischen, abszedierenden oder ulzerierenden Hauterkrankungen sind histologische Abklärung (Nachweis gramnegativer, säurefester Stäbchen, Pilze, Parasiten) und umfassende mikrobiologische Untersuchungen (Kulturen, PCR, AK-Tests) obligat. Die Zusammenarbeit mit einer Tropen- und Infektionsabteilung ist sehr wichtig.
Prophylaxe
Sonnenschutz, Repellents, Moskitonetze, geschlossene Schuhe und Vermeiden von Baden in tropischem Süßwasser verhindern viele der genannten Erkrankungen. Auch bei Tropenreisenden gilt der Leitsatz „Häufiges ist häufig und Seltenes selten“.
Autorin:
Dr.in Rosemarie Moser
FÄ für Dermatologie und Venerologie, Eisenstadt
Diplom für Tropen- und Reisemedizin
Visiting Lecturer: College of Medicine
Blantyre, Malawi und am RDTC, Moshi, Tansania
E-Mail: rosemarie.moser@aon.at
Literatur:
bei der Verfasserin