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Praktische Maßnahmen bei „fragile skin“

Von Dermatoporose bis Epidermolysis bullosa

Die Ursachen für fragile Haut sind ebenso vielfältig wie deren Ausprägungen. So können neben Alterungsprozessen auch genetische oder Umwelt-Faktoren zur Entstehung sogenannter „skin tears“ beitragen.

Keypoints

  • Fragile Haut tritt sehr häufig auf. Die Folgen können durch Maßnahmen wie u. a. das Tragen langer Kleidung, Vermeidung von Traumata sowie adäquate topische Pflege gemildert werden.

  • Die Gabe von oralen oder systemischen Kortikosteroiden kann zur Entstehung von fragiler Haut beitragen und sollte stets überdacht werden.

  • Für die Behandlung genetisch bedingter fragiler Haut wie Epidermolysis bullosa stehen zwei wirksame therapeutische Ansätze zur Verfügung.

Es liegt erst rund vierzig Jahre zurück, dass Forschende die Bedeutung von extrahierbaren Lipiden im Stratum corneum für die zelluläre Ad- und Dyshäsion sowie die Hautbarriere erstmals beschrieben haben.1 Heute sei diese Erkenntnis herrschende Lehrmeinung, erläuterte Prof. Dr. Dédée Murrell, Leiterin der Dermatologie am St.George Hospital der University of New South Wales in Sydney/Australien. Fragile Haut trete häufig auf: Die Prävalenz schwanke zwischen 25% in der kaukasischen, 42% in der afrikanischen und 52% in der asiatischen Bevölkerung.2

Kutane Alterung

Bei der Entstehung spielt der Alterungsprozess eine zentrale Rolle: Hautalterung ist viel mehr als nur ein kosmetischer Aspekt, da hierbei die mechanische Schutzfunktion der Haut beeinträchtigt wird – mit teils schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen. Hierfür prägte der Franzose Jean-Hilaire Saurat den Begriff Dermatoporose, der in einem ganzheitlichen Ansatz alle Aspekte dieses chronischen Hautinsuffizienz-/Fragilitätssyndroms erfassen soll.3 Dermatoporose wird in vier Stadien eingeteilt (siehe Tab. 1). Die kutane Alterung ist durch pigmentäre, vaskuläre, binde- und fettgewebige Aspekte gekennzeichnet, die zu diesem komplexen Prozess beitragen. Der Alterungsprozess ist genetisch bedingt, kann aber weitgehend durch Umweltfaktoren wie ultraviolette Strahlung, Luftverschmutzung und Rauchen beeinflusst werden.4

Tab. 1: Einteilung der Dermatoporose (mod. nach Wollina U et al.)4

Nicht nur das Altern, sondern auch die Herkunft sowie der Phototyp spielen laut Murrell eine Rolle bei der Entstehung von fragiler Haut. Darüber hinaus können auch medikamentöse Therapien einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung bzw. das Fortschreiten einer Dermatoporose haben: In der dermatologischen Aus- und Weiterbildung werde gelehrt, topische Kortikosteroide für eine regelmäßige Anwendung zu verschreiben, so Murrell. Man müsse sich jedoch darüber im Klaren sein, dass man dadurch die Entstehung fragiler Haut bei den Behandelten fördern könne. Untersuchungen am Mausmodell deuten darauf hin, dass das Hyalurosom – ein multifunktionelles Membranorgan – das Ziel von Kortikosteroiden ist und dadurch an der Dermatoporose beteiligt ist.5 Als Folge dieser molekularen Mechanismen weist die Haut bei Dermatoporose eine Auffälligkeit in den viskoelastischen Eigenschaften auf. Auch Substanzen, die mit Enzymen interferieren, wie beispielsweise Matrix-Metalloproteinasen (MMP), können laut der Expertin einen Kollagenabbau in der Haut begünstigen.

Empfehlungen bei fragiler Haut

Als generelle Maßnahmen gegen fragile Haut empfehlen sich das Tragen langer Kleidung zum Schutz vor UV-Strahlung sowie das Verhindern von Traumata. Um einer Dehydrierung vorzubeugen, sei ein exzessiver Alkohol- und Koffeinkonsum zu vermeiden. Bei der Wahl von Pflegeprodukten sollte auf Duftstoffe und Allergene verzichtet werden, führte Murrell aus. Die Dermatologin empfahl die Anwendung von Topika z.B. mit Alpha-Hydroxysäure, Rhealba-Junghafer-Extrakt, topischen Retinoiden oder Hyaluronsäure. Ziele sind eine Verbesserung der Hautbarriere, eine Verminderung der Inflammation, der Aufbau von Kollagen sowie eine verbesserte Wundheilung. Wenn möglich sollte der Einsatz von oralen oder systemischen Kortikosteroiden vermieden werden.

Epidermolysis bullosa

Ein weiteres Beispiel für fragile Haut ist Epidermolysis bullosa (EB), eine heterogene Gruppe seltener, schwer zu behandelnder erblicher Multisystemerkrankungen, die die Integrität des Epithels beeinträchtigen. Aufgrund der Spaltebenen in der Haut wird die EB in vier Hauptkategorien eingeteilt:6 Bei EB simplex findet die Spaltbildung intraepidermal innerhalb der basalen Keratinozyten statt, bei der junktionalen EB innerhalb der Basalmembran entlang der Lamina lucida. Erfolgt die Spaltbildung dermal, spricht man von einer dystrophen EB. Als vierte Hauptkategorie stellt das Kindler-Syndrom, bei dem Spalten auf unterschiedlichen Ebenen entstehen können, eine Sonderform dar.

Die klinische Unterscheidung der verschiedenen Kategorien ist bei Neugeborenen oder Kleinkindern oftmals schwierig. Im Verlauf sind sekundäre Symptome spezifisch für bestimmte EB-Typen. Hierzu zählen Vernarbungen, Schleimhautbeteiligung, Alopezie, Zahn- und Nagelanomalien sowie der klinische Verlauf.

Die Fortschritte in der Therapie dieser seltenen Erkrankung seien enorm, so Murrell. Die Expertin stellte aktuelle Daten einer randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie mit Oleogel-S10 (Birken-Triterpene) bei 223 Teilnehmenden mit dystropher, junktionaler oder Kindler-EB vor:7 Oleogel-S10, das seit 2022 in der EU zugelassen ist, führte bei 41,3% der Behandelten zu einem ersten vollständigen Wundverschluss innerhalb von 45 Tagen, verglichen mit 28,9% im Kontroll-Gel-Arm (relatives Risiko: 1,44, 95%-Konfidenzintervall (KI): 1,01–2,05; p=0,013). Auf rund 50% der ursprünglichen Wundfläche konnte die geheilte Haut beibehalten werden. Oleogel-S10 trage somit dazu bei, fragiler Haut vorzubeugen, referierte Murrell. Ein zweiter, in den USA für die Behandlung der rezessiven dystrophen EB zugelassener Ansatz, ist die topische Gentherapie mit Beremagene Geperpavec (B-VEC). B-VEC ist eine topische Gentherapie auf der Basis des Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1), die das C7-Protein durch Verabreichung von COL7A1 wiederherstellen soll. Nach 6 Monaten kam es in einer Phase-III-Studie bei 67% der Wunden, die mit B-VEC behandelt wurden, zu einer vollständigen Abheilung, verglichen mit 22% der Wunden unter Placebo.8

Vortrag „Practical measures to cope with fragile skin“ von Prof. Dr. Dédée Murrell im Rahmen des Symposiums „Focus on fragile skin“, EADV-Jahrestagung im Oktober 2023 in Berlin

1Smith WP et al.: Effect of lipids on the aggregation and permeability of human stratum corneum. J Invest Dermatol 1982; 78(1): 7-11 2 Stalder JF et al.: Fragility of epidermis and its consequence in dermatology. J Eur Acad Dermatol Venereol 2014; 28(Suppl 4): 1-18 3 Kaya G, Saurat JH.: Dermatoporosis: a chronic cutaneous insufficiency/fragility syndrome. Clinicopathological features, mechanisms, prevention and potential treatments. Dermatology 2007; 215(4): 284-94 4 Wollina U et al.: Dermatoporosis - The chronic cutaneous fragility syndrome. Open Access Maced J Med Sci 2019; 7(18): 3046-9 5 Barnes L et al.: Inhibition of putative hyalurosome platform in keratinocytes as a mechanism for corticosteroid-induced epidermal atrophy. J Invest Dermatol 2013; 133(4): 1017-26 6 Fine JD et al.: Inherited epidermolysis bullosa: updated recommendations on diagnosis and classification. J Am Acad Dermatol 2014; 70(6): 1103-26 7 Kern JS et al.: Efficacy and safety of Oleogel-S10 (birch triterpenes) for epidermolysis bullosa: results from the phase III randomized double-blind phase of the EASE study. Br J Dermatol 2023; 188(1): 12-21 8 Guide SV et al.: Trial of Beremagene Geperpavec (B-VEC) for dystrophic epidermolysis bullosa. N Engl J Med 2022; 387(24): 2211-9

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