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Behandeln wir Wunden richtig?
Jatros
30
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05.03.2015
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<p class="article-intro">Vielfach gilt ein Dekubitus (Wundliegen, Druckschaden) immer noch als alleiniger Pflegefehler. Das Entstehen eines Druckgeschwürs ist aber multifaktoriell und es bedarf sowohl in der Prophylaxe als auch in der Therapie eines multiprofessionellen Vorgehens. Die Kompetenzen und die Verantwortung sind zwischen Ärzten und Pflegepersonen nicht immer klar. Dies könnte dazu geführt haben, dass der Dekubitus noch immer nicht ausgestorben ist. Zu diesem Thema sprach Univ.-Prof. Dr. Gerald Zöch, Wien, im Rahmen der Pressekonferenz anlässlich der Fachtagung Wundmanagement. </p>
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<p class="article-content"><p>Bislang gab es insbesondere in der Ärzteausbildung einen großen Nachholbedarf. Zwar hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten viel auf dem Gebiet der Wundausbildung getan – es wurde ein eigenes Ärztekammerzertifikat „Ärztliches Wundmanagement“ geschaffen –, trotzdem wurde das Wundmanagement und damit auch der Dekubitus in der ärztlichen Ausbildung gar nicht oder nur wenig gelehrt. In der neuen, demnächst in Kraft tretenden Ärzteausbildungsordnung wurde diesem Mangel Rechnung getragen und eigene Module „Wundmanagement“ sowohl in der Ausbildung von Allgemeinmedizinern als auch in der Facharztausbildung geschaffen.<br /> Die Pflege zog das Thema „Wundbehandlung“ in den letzten 20 Jahren immer mehr an sich. 99 % der angebotenen Kurse werden von Pflegepersonen besucht. Aktuell finden seit geraumer Zeit auf hoher politischer Ebene Diskussionen um Veränderungen und Verbesserungen in der interdisziplinären Wundbehandlung statt. Mehr und mehr sprießen von Pflegepersonen geführte Wundpraxen aus dem Boden, wofür es zwar einen sehr großen Bedarf gibt, aber die rechtlichen Rahmenbedingungen dazu sind sehr veraltet.<br /> <br /> Was die Häufigkeit des Dekubitus betrifft, so liegt Österreich mit einer Inzidenz von ca. 5–8 % im Krankenhausbereich und ca. 6–12 % je nach Quelle im internationalen Vergleich sehr gut. Im Ausland liegen die Raten, wenn auch ein direkter Vergleich bei sehr mangelhafter Datenlage nur schwer möglich ist, wesentlich höher. Diese guten Ergebnisse sind nicht zuletzt Resultat der Anstrengungen von engagierten Ärzten und Pflegepersonen, die in den letzten 15 Jahren Vereine wie die AWA (Österreichische Gesellschaft für Wundbehandlung) und die APUPA (Österreichische Gesellschaft für Dekubitusprophylaxe) bzw. Wundvereine in fast allen Bundesländern aufgebaut haben.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2015_Jatros_Derma_1501_Weblinks_Seite22.jpg" alt="" width="295" height="266" /></p> <p>In den letzten Jahren gab es ein vielfältiges Angebot an Weiterbildung zum Thema Wundmanagement bis hin zu Lehrgängen auf universitärer Ebene. Die Krankenhausträger haben ebenfalls erkannt, dass eine Prophylaxe mit ca. 10 % der Therapiekosten wesentlich billiger als eine Behandlung ist.<br /> <br /> So gut es im Wesentlichen im stationären Bereich funktioniert, so groß ist der Nachholbedarf außerhalb der Krankenhäuser. Die Betreuung von Patienten im häuslichen Bereich ist noch immer mit sehr großen Hindernissen und Mühseligkeiten verbunden. Die in den letzten 10 Jahren in großem Stil eingeführten 24-Std.-Betreuungsdienste haben die Lage noch zusätzlich verschärft. Es herrscht mitunter echter Kompetenzmangel. Weiters gibt es eine völlig unzureichende Tarifabgeltung der niedergelassenen Ärzte in Bezug auf Wundbehandlungen. Die 22 verschiedenen Krankenversicherungen haben 22 verschiedene Vorgangsweisen in 9 Bundesländern zur Bewilligung von Heilbehelfen und Medizinprodukten. Aber hier ist – wie wir wissen – keine Änderung in Sicht. Es ist noch ein langer Weg zu gehen und politisch noch viel zu tun.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Pressekonferenz zur Fachtagung
Wundmanagement am 11. November 2014, Wien
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