Aktuelle Entwicklungen in der ästhetischen Medizin
Bericht:
Dr. Christine Dominkus
Vidiert: Dr. Gregor Holzer, Oberarzt und Leiter der Psoriasis-Ambulanz an der Klinik Donaustadt
Das Wachstum des ästhetischen Marktes beschränkt sich mittlerweile nicht mehr nur auf weibliche Patientinnen, männliche Patienten machen derzeit einen Anteil von etwa 8% aus, erklärte OA Dr. Gregor Holzer, interimistischer Leiter der Dermatologischen Abteilung inder Klinik Donaustadt, Wien, im Rahmen seines Vortrags auf der OEADF in Wien.
Zweifellos haben auch Männer den Wunsch, gut auszusehen. Das Ziel bei der Behandlung von Männergesichtern ist ein frisches, gesundes Aussehen. Zunehmend weniger Männer möchten müde, angestrengt oder gar alt wirken. Beim männlichen Geschlecht liegt laut Dr. Holzer das Hauptanliegen darin, tiefe Falten zu vermindern, Tränensäcke zu beseitigen und dem Haarverlust entgegenzuwirken. Der Hautalterungsprozess bei Männern unterscheidet sich in manchem von jenem der Frauen: So bekommen Männer früher Falten und erleiden Volumenverlust, es ist mehr Erschlaffung und Malposition des Gewebes festzustellen und vor allem die periokuläre Region ist betroffen. Männer bevorzugen minimalinvasive Verfahren, was durchaus nachvollziehbar ist, erklärte Holzer. Falls die Indikation gegeben ist, sind Kollagenstimulatoren recht effektiv, beim Einsatz von Fillern ist jedoch besonders auf die männliche Gesichtsform mit der typischen kantigen Kieferkontur zu achten.
Breite Vielfalt bei Energy Devices
Bei der Entwicklung von Lasern und Energy Devices hat sich im ästhetischen Bereich in den letzten Jahren unendlich viel getan. Sehr beliebt sind Kombinationen unterschiedlicher Laserwellenlängen bzw. Energy Devices auf einem Gerät. Auch die Kombination mit anderen Verfahren wie z.B. Kollagenstimulatoren ist gefragt und wird verstärkt eingesetzt. Große Effizienz zeigt das Radiofrequenzmicroneedling, das bei kurzer bzw. keiner Ausfallszeit relativ schmerzarm verläuft und dessen Kosten für den Patienten überschaubar sind. Weiters im Trend liegt Lasertoning. Mit einer niedrigen Energiedichte werden Kollagen- und Elastinaufbau propagiert, was jedoch bisher histopathologisch nochnicht verifiziert werden konnte, sagte Holzer.
Neubildung der Haut durch Mikrotraumata
Eine neue Technologie, die starke Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist das sogenannte Microcoring. Darunter versteht man die Entfernung von vereinzelten gesunden Hautsäulen mit der Intention, ein geringes Trauma zu setzen, um damit die Kollagenbildung anzukurbeln. Die Abheilung der mechanisch gesetzten Verletzungen verläuft völlig narbenfrei. Durch das mechanische Mikrotrauma soll die Aktivierung der Fibroblasten gefördert werden. Zu beachten ist, dass maximal 10% Hautentfernung pro Eingriff durchgeführt werden können. Die Ergebnisse am Tag 90 nach dem Eingriff sind überraschend.1
Neu: Skin Booster
Skin Booster sollen keinen Volumenausgleich bewirken, sondern sind konzipiert, um das Erscheinungsbild zu erfrischen, die Kollagenbildung zu fördern, Pigmentierungsprobleme zu verbessern sowie Entzündungen und Gefäßerweiterungen zu minimieren.
Dafür wird nicht quervernetzte Hyaluronsäure mit Zusätzen wie Glycerol (z.B. Belotero Revive®) eingesetzt. Mit Poly-D-Milchsäure (z.B. JuveLook®, Lenisna®) wird die Kollagenbildung forciert. Neu sind auch Polynukleotide/Polyribonukleotide aus Keimdrüsen (Sperma/Hoden) von Lachs und Forelle (z.B. Philart Next® von Croma Pharma) mit Ursprung in der regenerativen Medizin, wobei zum Status quo noch wenig Evidenz für eine Hautverbesserung vorhanden ist. Weiters relativ neu am Markt sind Aminosäuren (z.B. Sunekos®), welche die Kollagensynthese sowie die Elastinbildung verbessern sollen.
Zukunftsfeld regenerative Medizin
Als vielversprechenden Lichtblick in der Entwicklung der Anti-Aging-Medizin und Skin Rejuvenation sieht Holzer Stammzellen und ein Medium von Stammzellen aus Fettgewebe und Haarfollikeln. Randomisierte kontrollierte Studien haben bei androgenetischer Alopezie zu einer Verbesserung im Trichogramm, in der Haarzahl und der Haardicke geführt. Ein interessanter Anwendungsbereich für Hautverjüngung sind Stammzellen und Stammzellenmedium in Kombination mit CO2-Lasern oder Microneedling: Hier kommt es bei großer Patientenzufriedenheit nachweislich zur Verbesserung von Hautscores in Hinsicht auf Faltenbildung, Elastizität, Rauigkeit und Pigmentierung.
Neuer Hype: Exosomen
Als neuen Hype bezeichnete Dr. Holzer Exosomen menschlichen, tierischen und pflanzlichen Ursprungs. Innerhalb der EU ist der Vertrieb von pflanzlichen und tierischen Exosomen als Kosmetikum erlaubt. Die Herstellung erfolgt in Stammzellkultur oder Gewebe. Zugeschrieben wird den Exosomen eine parakrine und intrazelluläre Wirkung; angewendet werden sie als Mittel zur Hautverjüngung, bei Vernarbungen, Pigmentierungsstörungen und zur Förderung des Haarwachstums. In der ästhetischen Medizin werden eine interzelluläre Kommunikation und eine Wirkung auf die Hauthomöostase und das Immunsystem propagiert. Die Herausforderung bei den Exosomen sind u.a. die Standardisierung und eine Qualitätskontrolle in Hinblick auf Größe, Homogenität und Stabilität und Inhalt. Auch die Frage nach der Immunogenität bei Autoimmunerkrankungen oder die Tumorgenität ist noch nicht ausreichend erforscht.
Fazit
Zusammenfassend sieht Holzer großes Potenzial innerhalb der ästhetischen Medizin. Die ästhetische Dermatologie befindet sich in einer rasanten Entwicklung, wobei Social Media eine immense Bedeutung zukommt. Im Spannungsfeld zwischen Patientenbedürfnissen, Industrie und Anbietern stehen Ärzte vor der Herausforderung, die individuell richtigen Entscheidungen zu treffen. Der Wunsch nach weniger invasiven Eingriffen ist merklich spürbar, kombinierte multimodale Behandlungskonzepte können aber durchaus zu schönen langfristigen Erfolgen führen. Die regenerative Medizin sieht Holzer als wenig erforschtes Neuland innerhalb der ästhetischen Dermatologie an, die komplexe Lösungen für das komplexe Problem des Alterns in Zukunft bieten könnte.
Quelle:
Vortrag von Dr. Gregor Holzer, OEADF, 9.–11. Mai 2024, ERSTE Campus Wien
Literatur:
1 Ponzer et al.: Plast Reconstr SurgGlob Open 2021
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