
Urologische Fragestellungen in der Allgemeinpraxis

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FALL 1:
Urolithiasis
Anamnese: Ein 52-jähriger Patient mit seit zwei bis drei Tagen bestehenden Flankenschmerzen, welche in den linken Unterbauch ausstrahlen, wird vorstellig. Er schildert diese Schmerzen als immer wiederkehrend, bewegungs- und atemunabhängig. Er beschreibt eine Nausea, negiert eine Emesis, er war immer afebril. Weiters werden in der Anamnese keine urologischen Vorerkrankungen berichtet, das Miktionieren ist subjektiv zufriedenstellend, die letzte urologische Kontrolle nicht erinnerlich. Die bekannte arterielle Hypertonie wird mit Antihypertensiva therapiert, der Patient wurde als Kind zirkumzidiert, er ist ein Raucher mit 35 Packyears.
Diagnostische Abklärung: In der klinischen Untersuchung fällt ein dolentes linkes Nierenlager auf, die durchgeführte Harnanalyse ergibt eine bei saurem Harn bestehende Mikrohämaturie.
Bei Verdacht auf Urolithiasis – bewegungs- und atemunabhängige kolikartige Schmerzen – sollten primär eine Sonografie der Nieren und des Unterbauches und eine laborchemische Analyse der Nierenfunktionsparameter, der Entzündungsparameter sowie der Harnsäure und der Elektrolyte durchgeführt werden. Sekundär ist eine Computertomografie des Abdomens nativ angeraten.
Therapeutisches Vorgehen: Eine Auslenkung von Entzündungswerten und des Kreatinins bedarf einer Überweisung an die Urologie. Je nach Anamnesebeginn, bildgebendem Befund, Laborparameter, Allgemeinzustand und Compliance des Patienten ist eine „medical expulsion therapy“ (MET) mit Alphablockern und auch Analgetika anzudenken.1
Zumindest in weiterer Folge sollte der Patient einem Facharzt für Urologie vorgestellt werden, um eine weitere eventuell nötige Diagnostik durchführen zu lassen.

Abb. 1: Wenn Steine wandern, lösen sie Schmerzen in unterschiedlichen Regionen aus.
FALL 2:
Cystitis acuta
Anamnese: Eine 24-jährige Patientin mit nahezu unerträglicher Pollakisurie und Algurie, vor allem nach dem Geschlechtsverkehr, wird vorstellig. Eine Makrohämaturie wird negiert, die Patientin ist bei diesen Episoden immer afebril. Die übrige Anamnese ist unauffällig.
Diagnostische Abklärung: Die klinische Untersuchung ist unauffällig, die Harnanalyse zeigt massenhaft Erythrozyten und Leukozyten, der Harn-pH-Wert liegt bei 7,5.
Diagnose: Die Vermutungsdiagnose einer unkomplizierten Cystitis acuta liegt aufgrund der Symptomatik, der Erythrozyten und Leukozyten (Nitrit nicht zwingend nötig) und des alkalischen Harns nahe.
Therapeutisches Vorgehen: Ein Uricult sollte angelegt werden. Ex juvantibus kann aufgrund des Leidensdrucks der Patientin mit einer antibiotischen Therapie mit Nitrofurantoin oder Pivmecillinam für 3–5 Tage begonnen werden. Alternativ können Cephalosporine oder Trimethoprim in Erwägung gezogen werden.
Aminopenicilline oder Fluorchinolone sollten bei unkomplizierten Zystitiden nicht angewendet werden. Die Notwendigkeit einer weiteren Abklärung bei wiederkehrenden Harnwegsinfekten bei Frauen unter 40 Jahren und ohne Risikofaktoren mittels Sonografie und Zystoskopie sollte der Urologe abwägen.2
Eine Partnerbegutachtung – vor allem bei Post-GV-Infekten – sollte man jedoch in Betracht ziehen.
FALL 3:
Verdacht auf Blasentumor
Anamnese: Ein 57-jähriger Patient beschreibt eine schmerzlose Makrohämaturie, die vor einigen Stunden stattgefunden hat. Die weitere Anamnese ergibt eine regelmäßige Einnahme von Lipidsenkern und Antidiabetika, eine rechtsseitige Leistenhernie wurde vor Jahren operiert, er gibt an, seit 60 Jahren eine Schachtel Zigaretten täglich zu rauchen.
Diagnostische Abklärung: Die klinische Untersuchung des Patienten ist unauffällig, der Harn mittlerweile hell und klar, es bestehen eine Mikrohämaturie und ein Harn- pH-Wert von 6.
Therapeutisches Vorgehen: In dem Falle der schmerzlosen Makrohämaturie bei Nikotinabusus liegt die Vermutung eines zugrundeliegenden Blasentumors (Abb. 2) nahe und der Patient sollte eine urologische Begutachtung erhalten.
Eine laborchemische Analyse des roten Blutbildes, um eine eventuelle Anämie zu verifizieren, sowie eine Analyse des CRP, um zusammen mit den Leukozyten eine eventuelle Entzündung ausschließen zu können, sollten initial allerdings durchgeführt werden. Die Nierenfunktionsparameter sollten im Zuge dessen ebenso analysiert werden, um etwaige bereits bestehende Auslenkungen frühest möglich diagnostizieren zu können. Bei bestehender Makrohämaturie wäre das Setzen eines großlumigen Dauerkatheters zur Sicherstellung der Harnableitung empfehlenswert.

Abb. 2: Blasentumor – verschiedene Stadien
FALL 4:
Postmenopausales Urogenitalsyndrom
Anamnese: Eine 49-jährige Patientin mit rezidivierenden Harnwegsinfekten wird vorstellig. Die Patientin beschreibt sich als bis vor ungefähr drei Jahren urologisch völlig beschwerdefrei. Außerdem bestünden seit ca. drei Jahren Hitzewallungen nachts und auch tagsüber sowie eine Schleimhauttrockenheit, auch vaginal, welche den Geschlechtsverkehr sehr unangenehm bis schmerzhaft mache. Ihr Gynäkologe, der rezent konsultiert wurde, habe eine Hormonersatztherapie angeraten, diese wird aber aus Angst vor einer Krebserkrankung, die dadurch angefeuert werden könnte, abgelehnt.
Die sonst gesunde Frau zeigt eine auffällige Familienanamnese mit Mammakarzinom bei der Mutter und Kolonkarzinom bei der Schwester. Weitere Familienmitglieder hatten ebenfalls Karzinome, Genaueres sei jedoch nicht bekannt.
Diagnostische Abklärung: Die klinische Untersuchung ist völlig unauffällig, der Harnstreifen unauffällig, pH-Wert 5,5.
Therapeutisches Vorgehen: Die Vermutungsdiagnose eines postmenopausalen Urogenitalsyndroms, „genitourinary syndrome of menopause“, liegt nahe, eine urologische Begutachtung der (fraglich) wiederkehrenden Harnwegsinfekte ist jedoch unerlässlich. Eine antibiotische Therapie ist im vorliegenden Fall nicht indiziert. Die initiale Einleitung der topischen Östrogenisierung würde eine Linderung der vaginalen Atrophiesymptomatik sowie der zystitischen Beschwerden bringen und wird nicht mit einer erhöhten Indizenz von assoziierten Krebserkrankungen in Verbindung gebracht.2 Bezüglich der Familienanamnese sollte man die Patientin animieren, Nachforschungen in der Familie zu betreiben, um etwaige familiär gehäufte oder hereditäre Tumoren/Tumorsyndrome nachweisen zu können.
FALL 5:
Prostatakarzinom
Anamnese: Ein 81-jähriger Patient mit rechtsseitigen Kreuzschmerzen, welche sogar das Schlafen auf der linken Körperseite unmöglich machen, tritt an Sie in Ihrer Ordination heran. Die übrige Anamnese ist bis auf eine arterielle Hypertonie unauffällig. Der Patient befindet sich wegen der Schmerzenin regelmäßiger orthopädischer Kontrolle. Eine MRT der BWS und der LWS wurde bereits veranlasst, die Befunde sind ausständig.
Diagnostische Abklärung: Die Vermutung eines metastasierten Prostatakarzinoms soll in diesem Falle unbedingt in die Differenzialdiagnosen aufgenommen werden. Dann wärendie nächsten Schritte eine digitale rektale Untersuchung der Prostata und eine Bestimmung des PSA-Werts (auch wenn der Patient bereits über 80 Jahre alt ist). Zumindest bei positiven Testergebnissen ist die Überweisung zum Facharzt für Urologie dringend angeraten.
Natürlich gäbe es noch unglaublich viele Beispiele, die vorgestellt werden könnten, um das große Spektrum von urologischen Fällen aus dertäglichen Praxis anschaulich darlegen zukönnen. Diese Fälle sollten einen guten und kurzen Einblick in diagnostische Überlegungen und Therapieansätze bei häufigen urologischen Erkrankungen geben.
Literatur
1 EAU Guideline: Urolithiasis.
https://uroweb.org/guideline/urolithiasis/
; zuletzt aufgerufen am 11.1.2022
2 EAU Guideline: Urological Infections.
https://uroweb.org/guideline/urological-infections/
; zuletzt aufgerufen am 11.1.2022
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