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Schlafstörungen im höheren Lebensalter
Autorin:
Prim. Dr. Christa Rados
Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin
Psychosoziales Therapiezentrum Kärnten
Klagenfurt am Wörthersee
E-Mail: christa.rados@ptz-kaernten.at
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Schlafstörungen können in der gesamten Lebensspanne auftreten. Im höheren Lebensalter spielen Einflussfaktoren wie u.a. Atemnot, Nykturie und Schmerzen eine zunehmend bedeutende Rolle. Nicht erholsamer Schlaf sollte immer sorgfältig abgeklärt und adäquat behandelt werden.
Rund 40% der älteren Bevölkerung sind von Schlafstörungen betroffen, am häufigsten ist die Insomnie. Mit zunehmendem Alter verändert sich die Physiologie des Schlafes. Die Gesamtschlafzeit nimmt ab, Tiefschlaf- und REM-Schlafperioden werden seltener.
In der Klassifikation unterscheidet man nichtorganische (primäre) von den organischen Schlafstörungen. Zu letzteren zählen Narkolepsie, REM-Schlaf-Verhaltensstörungen, Restless-Legs- und Schlafapnoesyndrom.
Eine Vielzahl von Erkrankungen kann zu Schlafstörungen führen, beispielsweise Nierenerkrankungen, Schmerzsyndrome, Herz- und Lungenerkrankungen sowie viele neurologische und psychiatrische Erkrankungen. Schlafstörungen betreffen daher als Querschnittmaterie zahlreiche Disziplinen.
Da die Schlafquantität und -qualität stark von der subjektiven Wahrnehmung abhängen, wird neuerdings der Terminus „nicht erholsamer Schlaf“ vorgeschlagen.
Diagnostik
Die Anamnese von Schlafstörungen ist Basis der Diagnose. Sie umfasst Vorerkrankungen und Komorbiditäten, Medikamente, psychiatrische Anamnese sowie Fremdanamnese. Dauer, Rhythmus und Verlauf der Störung sowie Schlafhygiene und Lebensgewohnheiten sollen erfragt werden, ebenso wie Tagesbefindlichkeit, Umgebungsfaktoren und Lebensumstände.
Ergänzend ist eine körperliche Abklärung inklusive Laborparametern und EKG erforderlich. Ebenso gehört der psychopathologische Status zur Routineabklärung. Diagnostische Instrumente wie Schlaftagebücher können hilfreich sein.
Apparative Untersuchungen sind nur bei gezielter Fragestellung erforderlich. Bei Therapieresistenz und Verdacht auf organisch bedingte Schlafstörungen kann die Indikation zur Polysomnografie gestellt werden.
Im höheren Lebensalter spielen Symptome wie Atemnot, nächtlicher Harndrang, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen eine erhebliche Rolle.
Spezifische Ängste, wie die Angst vor Stürzen, können schlafbehindernd wirken.
Gerade betagte Menschen sind oft nach einer langen Phase stabiler Lebensumstände einschneidenden lebensgeschichtlichen Veränderungen unterworfen. Dies betrifft Änderungen des Wohnumfelds und Verlust von Selbstständigkeit ebenso wie Verluste wichtiger Bezugspersonen.
Medikamentenanamnese
Zahlreiche Wirkstoffe können den Schlaf beeinträchtigen, z.B. Psychopharmaka wie Antidepressiva, Antidementiva oder Nootropika.
Aus der somatischen Medizin sind Antibiotika, Sympathomimetika, Asthmamittel, Kortikosteroide, Schilddrüsenhormone und Diuretika erwähnenswert. Es soll gezielt nach Genuss- und Suchtmitteln, insbesondere nach Alkohol, Koffein sowie nach Nikotinkonsum gefragt werden.
Schlafmittelkonsum ist in der älteren Bevölkerung nicht selten. Bei regelmäßigem Gebrauch ist gerade bei älteren Menschen eine differenzierte Vorgehensweise zu empfehlen. Drastisches Absetzen kann zu Entzugssymptomen bis hin zu deliranten Zustandsbildern führen. Jede Umstellung des Schlafmittelkonsums ist daher behutsam anzugehen.
Schlafstörungen bei psychiatrischen Erkrankungen und Alkoholabusus
Viele psychiatrische Erkrankungen führen regelhaft zu Schlafstörungen. Dies betrifft Depressionen, Angststörungen und Belastungsstörungen ebenso wie psychotische Erkrankungen. Besonders erwähnenswert sind Schlafstörungen bei Alkoholmissbrauch. Alkoholgenuss führt regelmäßig zur Tiefschlafreduktion und beeinträchtigt daher die Schlafqualität. Bei längerfristigem Konsum können Ein- und Durchschlafstörungen sowie REM-Schlaf-Disinhibitionen vorkommen. Dies ist besonders zu beachten, da Alkohol oft als „Hausmittel“ zur Bekämpfung von Schlafstörungen empfohlen wird und von den Patienten bagatellisiert oder aus Scham verschwiegen wird.
Schlafstörungen bei Demenz
Der Zusammenhang zwischen fragmentiertem Schlaf und kognitiver Verschlechterung sowie Zusammenhänge zwischen Beta-Amyloid-Pathologie und schlechter Schlafqualität wurden im letzten Jahrzehnt intensiv beforscht.
Möglicherweise kann fragmentierter Nachtschlaf als Prädiktor für das spätere Auftreten einer Alzheimerdemenz gewertet werden und sollte daher beim älteren Patienten aufmerksam beobachtet werden.
Es gilt mittlerweile als gesichert, dass ebenso wie andere zentrale Systeme auch die „innere Uhr“ der zirkadianen Rhythmik im Zuge der fortschreitenden Neurodegeneration zerstört wird. Der monophasische Schlafzyklus weicht einem fragmentierten Schlaf-wach-Rhythmus über 24 Stunden.
Während Schlafphasen tagsüber weniger stören, ist die nächtliche Unruhe und Verwirrtheit der Hauptbelastungsfaktor für Pflegende und Angehörige, was oft als „Tag-Nacht-Umkehr“ verkannt wird. Es ist zu berücksichtigen, dass Medikation die zerstörte Rhythmik nur unvollkommen beeinflussen kann.
Therapie von Schlafstörungen beim älteren Menschen
Nichtmedikamentöse Therapie sollte als erster Schritt eingesetzt werden. Empfohlen wird schlafhygienische Beratung ebenso wie Entspannungsverfahren. Es soll auf mögliche Umgebungseinflüsse wie Licht oder Geräuschkulisse eingegangen werden. Bei manchen Patienten kann eine Spätmahlzeit sinnvoll sein. Ein ausführliches Eingehen auf Belastungen und Ängste soll in geeignetem Rahmen erfolgen. Eine Verbesserung der Medikation etwa im Zusammenhang mit nächtlicher Diurese oder Atemnot ist zu erwägen, ebenso ist für eine suffiziente Schmerztherapie zu sorgen.
Zur medikamentösen Therapie von Schlafstörungen können kurzfristig Benzodiazepine verwendet werden, wobei die erhöhte Sturzgefahr bei älteren Patienten zu berücksichtigen ist. Ist eine längerfristige Gabe erforderlich, sind sedierende Antidepressiva wie Trazodon und Mirtazapin erste Wahl.
Erst beim Versagen dieser Medikamente können als zweite Wahl sedierende Antipsychotika wie Prothipendyl oder Quetiapin zum Einsatz kommen. Es ist zu beachten, dass es sich dabei um einen „off-label use“ handelt, der sorgfältig zu dokumentieren ist. Bei Demenzpatienten ist Risperidon antipsychotisches Mittel der ersten Wahl.
Bei den Benzodiazepin-Agonisten (Zolpidem, Zopiclon) kommen ausgeprägte Toleranzentwicklungen seltener als bei Benzodiazepinen vor.
In neuerer Zeit gibt es Erfolgversprechende Ansätze der Behandlung mit Lichttherapie, insbesondere bei der Tag-Nacht-Umkehr von Demenzpatienten. Helles, blau getöntes Licht verbessert die Wachheit, wohingegen gelbliches und gedimmtes Licht eine schlaffördernde Wirkung hat.
Resümee
Schlafstörungen sind beim älteren Menschen häufig. Sie sollen nicht bagatellisiert oder gar als „normal“ betrachtet werden. Als quälendes und ernst zu nehmendes Symptom sollen sie vielmehr sorgfältig diagnostiziert und differenziert behandelt werden.
Literatur:
bei der Verfasserin
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