
Infektionen durch Tropenaufenthalte
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96 % aller reiseassoziierten Fieberfälle treten innerhalb von sechs Monaten auf. Zusätzlich sollte man bedenken: Auch bei Urlaubsrückkehrern sind in den meisten Fällen keine tropenspezifischen Krankheiten die Ursache der Symptomatik.
Die meisten reiseassoziierten Erkrankungen (mit und ohne Fieber) treten generell innerhalb von drei Monaten nach der Infektion auf, aber dabei gibt es Ausnahmen.Die wichtigsten davon sind: Malaria (bei Semiimmunität oder „Non-falciparum“), Amöbenleberabszess, viszerale Leishmaniose, Schistosomiasis, Hepatitis, HIV, Tbc, diverse Leberegel. Weitere Krankheiten haben Inkubationszeiten zwischen einem und unendlich vielen Tagen (u.a. Amöbenleberabszess, Melioidose). Daher gleich vorweg: Medizin ist immer ein Bayes’sches Abwägen von Wahrscheinlichkeiten, 100%ige Sicherheit ist nicht erreichbar, daher sollte der Fokus auf häufigen, typischen und gefährlichen Erkrankungen liegen.
Häufiges ist häufig
Um ein berühmtes Zitat zu paraphrasieren: Woran denken, wenn man Hufe hört? In der Tropenmedizin lernt man viel über Zebras, und es ist wichtig, zu wissen, bei welcher Konstellation diese tatsächlich möglich sind. Dennoch sind trotz Reiseanamnese Pferde weitaus häufiger. Klassische ubiquitäre, bakterielle/virale Infektionen sind aktuell auch bei Reisenden am häufigsten. In den nächsten Jahren ist allerdings eine deutliche Zunahme der exotischeren Infektionskrankheiten (Dengue, West-Nil, Chikungunya, Malaria, Rift Valley Fever etc.) zu erwarten. Je länger die Reise her ist, umso unwahrscheinlicher werden Malaria tropica und Dengue. Malaria tertiana ist die häufigste Diagnose bei den Spätvorstellenden.
Nicht vergessen sollte man, dass auch Migrant:innen, die sich kürzer als fünf Jahre in Österreich aufhalten, ein anderes Risikoprofil aufweisen. Bei ihnen ist neben Tuberkulose, viraler Hepatitis und HIV auch an Schistosomiasis und Strongyloidiasis zu denken. Auch impfpräventable Erkrankungen sind häufiger bzw. „re-emerging“ (z.B. Diphtherie).
Risikoabschätzung – Reiseanamnese
Wann: Inkubationszeiten
Bei Fieberbeginn über 3 Wochen nach Rückkehr sind folgende Erkrankungen nicht mehr möglich:
-
ARBO-Virosen (somit auch Dengue)
-
Rickettsiosen
-
virales hämorrhagisches Fieber (VHF)
Wie/wer: Reiseart/Exposition/Risikoverhalten/Cluster
Urlaube im All-inclusive-Format in touristisch erschlossenen Gebieten bieten natürlich andere Risiken als Rucksacktourismus mit Abenteueranspruch in ländlichen Gebieten. Auch müssen Individualfaktoren wie Immunsuppression mit in Betracht gezogen werden.So gibt es bei Immunkompromittierungsfaktoren wie Diabetesmel- litus weit höhere Risiken für Erkrankungen wie Zytomegalievirus (CMV), Melioidose, Systemmykosen, Tuberkulose, Listeriose etc.
Was: Symptome Auf die Haut beschränkte Symptome sind in der Regel weniger gefährlich (kutane Leishmaniose, Skabies, Wanzen, Myiasis, Tungiasis, kutane Larva migrans, Pityriasis versicolor etc.).
Wo: Verbreitungskarten
Ob eine Erkrankung rein prinzipiell möglich ist, hängt auch von der Reiseroute und den aktuellen epidemiologischen Gegebenheiten ab. Aktuelle detaillierte Verbreitungskarten finden sich unter anderem auf den Webpräsenzen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), des Center for Disease Control and Prevention (CDC), des European Center for Disease Prevention and Control (ECDC), des Schweizerischen Expertenkomitees für Reisemedizin (EKRM), der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin (DTG) und der EpiNews des Eastern Mediterranean Public Health Network.
Die häufigsten Erkrankungen
Nachfolgend werden ausgewählte Reiseerkrankungen wie Malaria, Dengue-Fieber und Chikungunyadetaillierter beschrieben. Die Tabellen zeigen eine Übersicht über die häufigsten Infektionen durch Protisten, Viren und Bakterien.
Protisten
Malaria
Es handelt sich um vier verschiedene Krankheiten, welche durch mindestens sechs humanpathogene Spezies ausgelöst werden. Verwechslungsmöglichkeiten v.a. zwischen P. knowlesi und P. malariae sowie Koinfektionen verschiedener Spezies sollten bedacht werden.
Malaria ist in jeder Region eine der drei häufigsten Diagnosen. Aufgrund der Häufigkeit und Letalität ist jedes Fieber nach Tropenaufenthalt Malaria bis zum Beweis des Gegenteils (auch bei erfolgter Prophylaxe/Therapie). Es empfiehlt sich, einen Schnelltest auf Malaria durchzuführen und bei positivem Ergebnis schnell eine Therapie einzuleiten. Weiters sollte eine Mikroskopie veranlasst werden. Bei Negativität empfehlen sich ebenfalls eine Malariamikroskopie sowie ein Dengue-Schnelltest. Die meisten anderen relevanten Erkrankungen lassen sich (nach Durchsicht von Verbreitungskarten und Inkubationszeiten) mittels spezifischer Reiseanamnese und einer fokussierten körperlichen Untersuchung (typische Exantheme) sowie einer Abdomensonografie (Leberabszess) identifizieren. In Subsahara-Afrika ist Malaria als häufiger als Rickettsiosen eingestuft, danach kommen erst Entitäten wie Dengue oder Typhus. In Asien und Südamerika ist Dengue wahrscheinlicher als Malaria.
Tritt Fieber nach Aufenthalt in einem Endemiegebiet auf, gilt dies von Tag 7 bis 4 Monate danach bis zum Beweis des Gegenteils als Malariaverdacht. Die namensgebende Fieberperiodizität über mehrere Tage (tertiana, quartana) hinweg ist obsolet, da weder zuverlässig noch diagnostisch relevant. „Über einem Malariaverdacht darf die Sonne nicht ohne Therapie auf- oder untergehen“: Dieses tropenmedizinische Mantra spiegelt dies wider. Auch kann Malaria initial afebril und unspezifisch imponieren. Mit längeren Inkubationszeiten (IKZ) ist bei aus Endemiegebieten Eingewanderten und bei M. tertiana/quartana zu rechnen, wobei hier weniger gefährliche Verläufe zu erwarten sind. Als besondere Risikogruppe gelten „visiting friends and relatives“ aufgrund eventuell abgelaufener Semiimmunität bzw. evtl. mangelnden Präventionsverhaltens. In dubio sollte eine Therapie initiiert werden. Bei anhaltendem Fieber ist die Mikroskopie (dicker Tropfen zur Detektion, Ausstrich/PCR zur Speziesbestimmung) unerlässlich, da sich Deletionen der in Schnelltests detektierten Genprodukte häufen. Komplizierte Malaria (Kriterien laut WHO Malaria Treatment Guidelines) wird üblicherweise auf der Intensivstation (ICU) behandelt. Unkomplizierte Malaria sollte mit Kombinationspräparaten therapiert werden. Die obligate Elimination von Hypnozoiten erfolgt z.B. mit Primaquin. Tabelle 1 bietet eine Übersicht über die vier Malariaformen, Tabelle 2 enthält eine Auswahl an weiteren Erkrankungen, die durch Protisten hervorgerufen werden.
Ausgewählte virale Erkrankungen
Abseits der exotischen Virosen sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass Influenza zu den häufigsten Erkrankungen bei Reiserückkehrenden zählt, da sie global gesehen eine ganzjährige Erkrankung darstellt. Auch Hepatitisviren und HIV sollten in den differenzialdiagnostischen Überlegungen einen hohen Stellenwert einnehmen, insbesondere als Koinfektionen bei STD oder Tuberkulose.
Virale hämorrhagische Fieber (VHF) sind im Vergleich eine Rarität, haben aber seuchenhygienische Bedeutung bei jenen Viren, welche direkt von Mensch zu Mensch übertragen werden können. Hierzu zählen v.a. Ebola und Marburg (Zentralafrika), Lassa F (Westafrika) und Krim-Kongo-HF (Afrika, Mittlerer Osten, Zentralasien). Risikofaktoren sind Kontakt zu Rattenurin, toten Menschenaffen, Fledermäusen, Zecken, Tierschlachtungen und Kontakt zu Patient:innen. Alle viralen hämorrhagischen Fieber weisen eine Inkubationszeit von weniger als 21 Tagen auf. Treten Symptome später auf, können diese Erkrankungen ausgeschlossen werden. Tabelle 3 enthält eine Auswahl an viralen Infektionen, die durch Mückenstiche übertragen werden.
Dengue-Fieber
Dengue gilt weltweit als die häufigste durch Mücken übertragene virale Erkrankung.
Die Übertragung dieses Virus erfolgt über Aedes-Spezies wie A. aegypti oder albopictus. Die Inkubationszeit liegt bei 3 bis 14 (meist 5 bis 7) Tagen. Klinisch finden sich Fieber für 5 bis 7 Tage, Kopfschmerzen, retroorbitale Schmerzen, Myalgien, Arthralgien, Übelkeit, Erbrechen und Exanthem. Der größte Teil der weltweiten Infektionen dürfte allerdings asymptomatisch verlaufen, wobei sicher ein gewisses Underreporting auch eine Rolle spielt. Ein kleiner Teil entwickelt ein hämorrhagisches Fieber oder ein Dengue-Schocksyndrom. Mittlerweile wurden Fälle von Dengue-Fieber auch aus Frankreich, Spanien, den USA, China und Australien berichtet. Die Therapie ist lediglich symptomatisch, mit fiebersenkenden Mitteln und entsprechender Flüssigkeitszufuhr.
Chikungunya
Das Wort Chikungunya bedeutet „der gekrümmt Gehende“, was auf die starke Schmerzsymptomatik hinweist. Das Chikungunya-Virus wird von Aedes aegypti oder albipictus übertragen, die Inkubationszeit beträgt einen bis zwölf Tage. Das Fieber setzt plötzlich ein und geht typischerweise mit Polyarthralgien einher. Es sind mehr als zehn Gelenke betroffen, der Befall ist bilateral, symmetrisch und distal. Weiters treten Exantheme auf. Bei 10% der Betroffenen kommt es zu einem rezidivierenden Verlauf der Gelenksbeschwerden über Monate. In letzter Zeit gab es Ausbrüche in Indien. Es existiert keine spezifische Behandlung, daher können nur die Symptome der Erkrankung gelindert werden.
Tollwut
Tollwutfälle sind eine Rarität, Kontaktaufnahmen zur Postexpositionsprophylaxe sind allerdings häufig. Je nach Intensität des Kontaktes/der Verletzung durch ein Tier ergibt sich ein unterschiedliches Risiko. Im österreichischen Impfplan wird dies tabellarisch mit Handlungsempfehlungen verknüpft. Grundsätzlich gilt, dass zuvor Geimpfte an Tag 0 und Tag 3 nach Exposition eine aktive Impfung erhalten sollen, für zuvor Ungeimpfte gilt es, nach Schema „Essen“ oder „Zagreb“ zusätzlich Immunglobuline zu verabreichen. Sobald neurologische Symptome auftreten, gilt die Erkrankung als 100% letal innerhalb von 14 Tagen. Empfehlung: bei Verdacht und Fragen die Tollwutberatungsstelle kontaktieren (Notfall-Tel.: 050 555-38112).
Ausgewählte bakterielle Erkrankungen
Durchfallerkrankungen gelten als die häufigsten Reisemitbringsel. Auch wenn Bakterien als Diarrhöauslöser nach Viren erst an zweiter Stelle stehen, besteht ein hohes relatives Risiko für Reisende, eine ETEC-Infektion (enterotoxische E.coli) zu bekommen. Eine Erregerabklärung wird dennoch nur bei persistierender Diarrhö empfohlen.
Tuberkulose zählt zu den häufigsten Infektionen weltweit und sollte bei entsprechendem Risikoprofil in Betracht gezogen werden. Notfallmäßige Vorstellungen erfolgen auch nach Verletzungen, in diesem Fall sollte immer der Tetanusschutz überprüft werden, und, bei unvollständigem Schutz, eine aktive bzw. aktive und passive Immunisierung nach den Vorgaben des österreichischen Impfplanes erfolgen.
Auch präventable Erkrankungen, welche durch bevölkerungswirksame Impferfolge aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden sind, gelten teilweise als „reemerging“. Hier ist unter anderem die Diphtherie zu nennen, welche nach 20 nachweisfreien Jahren seit 2014 in Österreich wieder vermehrt auch mit schwersten Verläufen auftritt. In Tabelle 4 werden häufige bakterielle Infektionen angeführt.
Pilzerkrankungen
Abseits von dermatologischen Vorstellungsgründen sind Pilzerkrankungen eine Seltenheit. Tropische Systemmykosen äußern sich oft wie „Tbc ohne Tbc“, die Infektion erfolgt u.a. in Höhlen und auf Dachböden. Die Histoplasmose findet sich vorwiegend in den USA (mittlerer Westen), Lateinamerika, Afrika, Asien (Indien, Südostasien, China) und Australien; die Kokzidioidomykose in Kalifornien und Südamerika, die Parakokzidioidomykose in Südamerika, die Kryptokokkose tritt weltweit auf.
Ausgewählte Erkrankungen durch Helminthen
Schistosomiasis
Schistosomen sind in der öffentlichen Wahrnehmung wenig verankert, obwohl an der von ihnen ausgelösten Bilharziose jedes Jahr Zehntausende Menschen sterben. Im Jahr 2013 trat die Erkrankung sogar in Europa, genauer auf der Insel Korsika, auf. Dort erkrankten 15 Urlauber, die in einem Fluss gebadet hatten.
Viele Helminthen durchleben komplexe Lebenszyklen mit mehreren Stadien und Wirten. Bei den Schistosomen erfolgt nach Eiausscheidung ins Wasser die Verwandlung in Wimpernlarven, welche als Zwischenwirt bestimmte Süßwasserschneckenarten befallen. Dort erfolgen die Vermehrung und Umwandlung in Zerkarien, welche die Haut des Endwirtes durchdringen können. Im Menschen besiedeln adulte Formen von Schistosoma hämatobium die Urogenitalvenen und verursachen Hämaturie, Hämatospermie, chronische Unterbauchschmerzen sowie postrenales Nierenversagen. Andere Arten des Pärchenegels (S. mansoni, japonicum, intercalatum, mekongi) finden sich eher in den hepatointestinalen Venenplexus,verursachen blutige Diarrhö bei Kolitis, portale Hypertension bei Leberfibrose sowie Hypersplenismus und können das ZNS befallen.
In Mitteleuropa finden sich nur Arten, die als Endwirt Entenvögel parasitieren. Bei jenen kann der Mensch zum Fehlwirt werden. Da die Zerkarien die menschliche Haut nicht durchdringen können, kommt es lediglich zur (Zerkarien-)Badedermatitis.
Würmer „unter der Haut“
Als Larva migrans cutanea bezeichnet man eine meist in den Tropen auftretende Hauterkrankung, die durch tierpathogene Hakenwürmer ausgelöst wird, bei denen der Mensch als Fehlwirt agiert. Die Larva migrans ist die häufigste Dermatose, die von Reisenden in warmen Klimazonen erworben wird. Die Erkrankung ist selbstlimitiernd nach Wochen bis Monaten und bis auf lokale Infektionen ungefährlich. Ivermectin beschleunigt das Absterben der oftmals für die Patient:innen mit Ekel verbundenen kutanen Nematoden.
Andere Larva-migrans-Arten, bei denen der Mensch den Endwirt darstellt, können je nach Organbefall komplexe Krankheitsbilder bieten. Die Larva currens, mehrere Zentimeter lange, urtikarielle Plaques, werden durch die Larven des Zwergfadenwurms ausgelöst, der vor allem in feucht-warmen tropischen Gebieten endemisch ist. Die Larven zeichnen sich durch schnelle Wanderungen (10cm/h) aus, die Erkrankung sollte therapiert werden.
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