
Die „Big Three“ der Dermatologie

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Heuristik: „judgement under uncertainty“1, 2
Die seit dem Altertum praktizierte Heuristik hilft Menschen, Tieren, Organisationen und Maschinen mit einfachen Strategien oder mentalen Prozessen schnell Urteile zu fällen, Entscheidungen zu treffen und Lösungen für komplexe Probleme zu finden. Die Heuristik dient also als Abkürzung bei Denk- und Entscheidungsprozessen. Sie geht vom Häufigsten aus – und liegt dabei in den meisten Fällen richtig.
Auch bei der Beurteilung von auffälligen Veränderungen der Haut helfen heuristische Prinzipien – trotz wenig Zeit und begrenzter dermatologischer Erfahrung – zu einer praktikablen Aussage zu kommen. Die wichtigste Frage bei auffälligen Hautveränderungen lautet: Ist die Veränderung potenziell gefährlich? Dank der sieben heuristischen Prinzipien der Dermatologie lässt sich diese Frage rasch beantworten.
Die sieben heuristischen Prinzipien der Dermatologie
Asymmetrie
Jede einseitige, einzeln stehende Hautveränderung ist eine Infektion oder ein Tumor – bis zum Beweis des Gegenteils.
Bei einem asymmetrischen Befund hat die Hautveränderung keinen Gegenspieler, es zeigt sich also kein symmetrisches Bild der Hautveränderung auf beiden Seiten des Körpers oder Gesichts. Die Ursache von asymmetrischen Veränderungen der Haut ist in den allermeisten Fällen eine Infektion oder ein Tumor. Bei Verdacht auf eine Infektion braucht es rasch ein dermatologisches Konsilium. Rechtzeitiges Erkennen und Handeln sind elementar. Bei Neurodermitis, Urtikaria und Psoriasis sind die veränderten Hautstellen nie asymmetrisch verteilt.
Symmetrie
Jede beidseitige Hautveränderung ist eine nicht infektiöse Dermatose – bis zum Beweis des Gegenteils.
Bei einem symmetrischen, bilateralen oder multiplen Befund hat die Hautveränderung einen ähnlich aussehenden Gegenspieler. Beidseitige Veränderungen der Haut sind allermeistens nicht infektiös. Suchen Sie bei solchen Hautveränderungen den Gegenspieler, auch wenn die Symmetrie manchmal nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Bei Neurodermitis, Urtikaria und Psoriasis sind die Hautveränderungen symmetrisch verteilt.
Tab. 1:Die Beurteilung von auffälligen Hautveränderungen anhand heuristischer Prinzipien der Dermatologie
Rau vs. glatt
Eine dermale Entzündung zeigt sich glatt. Bei rauer Haut ist die Entzündung epidermal.
Bei Hautveränderungen mit einer glatten Oberfläche handelt es sich um dermale, oft endogene Entzündungen. Der Entzündungsherd liegt also unterhalb der obersten Hautschicht und entsteht oftmals aus dem Körper heraus. Behandelt werden solche Erkrankungen meist systemisch.
Hautveränderungen mit einer rauen Oberfläche entstehen durch eine oberflächliche, meist exogene Entzündung. Der Entzündungsherd ist also auf der Oberfläche der Haut zu finden und entsteht oft durch äußerliche Reize. Behandelt werden solche Erkrankungen meist topisch. Neurodermitis und Psoriasis entstehen in der Epidermis und fühlen sich rau an. Urtikaria hingegen entsteht in der Dermis. Die veränderte Haut fühlt sich bei der tiefer liegenden Urtikaria glatt an und reißt auch nicht auf.
Juckreiz
Ein juckender Ausschlag ist meistens nicht infektiös. Bei einer Infektion zeigt sich hingegen meist ein Ausschlag ohne Juckreiz.
Ein Exanthem mit Juckreiz ist fast nie infektiös, sondern häufig ein Ekzem oder eine Neurodermitis. Ein juckendes Exanthem kann für die betroffene Person zwar sehr unangenehm sein, bedarf aber keiner dringenden Behandlung. Ein Exanthem ohne Juckreiz entsteht meistens aufgrund einer viralen oder bakteriellen Infektion. Bei Verdacht auf eine Infektion braucht es rasch ein dermatologisches Konsilium. Rechtzeitiges Erkennen und Handeln sind elementar. Die krankhaft veränderten Hautstellen bei Neurodermitis und Urtikaria sind von starkem Juckreiz begleitet. Die Hautveränderungen bei Psoriasis jucken hingegen nicht.
Enanthem
Ein Exanthem in Kombination mit einem Enanthem weist praktisch immer auf eine Infektion hin.
Wird ein Ausschlag am Körper oder im Gesicht begleitet von einem Enanthem auf der Mund- oder Rachenschleimhaut, handelt es sich in den allermeisten Fällen um eine virale oder bakterielle Infektion. Bei Verdacht auf eine Infektion braucht es rasch ein dermatologisches Konsilium. Rechtzeitiges Erkennen und Handeln sind elementar. Ein Enanthem ist keine Begleiterscheinung von Neurodermitis, Urtikaria oder Psoriasis.
Stationär vs. wandernd
Eine wandernde Dermatose ist eine Urtikaria – bis zum Beweis des Gegenteils.
Wandern rote Flecken oder ein rötlicher Ausschlag innerhalb von 6 bis 12 Stunden über den Körper, handelt es sich in den allermeisten Fällen um eine Urtikaria. Der wandernde Verlauf der Hautveränderungen ist typisch für diese Erkrankung. Neurodermitis und Psoriasis zeigen hingegen einen stationären Verlauf: Es ist immer die gleiche Hautstelle betroffen.
Häufigkeit
Im Zweifelsfall immer vom Häufigsten ausgehen: „When you hear hoofs, think of horses, not zebras.“ Gehen Sie in einer unklaren Situation immer zuerst von einem Ekzem aus – denn Ekzeme kommen am häufigsten vor. Besteht die Hautveränderung nach fünf Tagen Behandlung mit einer Fusidinsäure-/Betamethason-Creme immer noch, können Sie ein Ekzem ausschließen.
„The Big Three“: die Leitsymptome
Neurodermitis (Abb. 1)
-
Bilateral symmetrisch verteilte Hautrötungen
-
Stationär
-
Juckend
-
Rau und trocken, manchmal auch schuppend oder nässend
Urtikaria (Abb. 2)
-
Bilateral symmetrisch und plötzlich auftretende rötliche Quaddeln
-
Wandernder Verlauf
-
Juckend
-
Glatt
Psoriasis (Abb. 3)
-
Bilateral symmetrisch verteilte rot-silberne Plaques
-
Stationär
-
Nicht juckend
-
Trocken und erhaben
-
Häufig an Streckseiten
Literatur:
Kahneman D: Thinking, fast and slow. London:
Penguin Books, 2012Gigerenzer G: Gut Feelings: The intelligence of the
unconscious. London: Penguin Books, 2008
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