
Das ärztliche Disziplinarrecht

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Disziplinarkommission
Über Disziplinarvergehen entscheidet der Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer, der wiederum in verschiedene Disziplinarkommissionen aufgeteilt ist. Zumindest für jeden der vier Oberlandesgerichtssprengel ist eine Disziplinarkommission einzurichten – derzeit bestehen jedoch eigene Disziplinarkommissionen für jedes Bundesland. Jede Disziplinarkommission setzt sich aus einem rechtskundigen Vorsitzenden, üblicherweise einem (auch pensionierten) Richter und zwei ärztlichen Beisitzern zusammen. Für alle Mitglieder der Disziplinarkommissionen sind Stellvertreter zu ernennen.
Untersuchungsführer
Jede Disziplinarkommission wird zudem von einem rechtskundigen Untersuchungsführer unterstützt, der im Auftrag der Disziplinarkommissionen Erhebungen durchführt, etwa die Vernehmung der Beschuldigten oder von Zeugen, wobei Letztere zum Erscheinen verpflichtet sind und notfalls vorgeführt werden können. Zudem fallendie Beauftragung von Sachverständigen oder die Vornahme von Augenscheinen in den Zuständigkeitsbereich des Untersuchungsführers.
Disziplinaranwalt
Ähnlich wie im Strafverfahren vertritt der Disziplinaranwalt die Anzeigen vor der Disziplinarkommission. Er ist unabhängig und entscheidet selbstständig, ob Anzeigen zurückgelegt werden oder ob eine Verfahrenseinleitung erfolgt bzw. ob Rechtsmittel ergriffen werden oder nicht. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer kann dem Disziplinaranwalt lediglich die Einleitung eines Disziplinarverfahrens oder die Erhebung eines Rechtsmittels auftragen. Der Disziplinaranwalt tritt auch im Rechtsmittelverfahren und auch vor dem Verfassungsgerichtshof und/oder dem Verwaltungsgerichtshof als Ankläger auf.
Mündliches Verfahren
Beschließt die Disziplinarkommission auf Antrag des Disziplinaranwalts die Einleitung des Disziplinarverfahrens (allenfalls nach der Durchführung von Erhebungen), so ist eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Dem Beschuldigten sind zumindest 14 Tage Vorbereitungszeit einzuräumen. Die mündliche Verhandlung ist nicht öffentlich, jedoch darf der Beschuldigte drei Ärztekollegen seines Vertrauens der Verhandlung beiziehen. Der Beschuldigte kann sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Arztkollegen vertreten lassen.
Disziplinarerkenntnis
Das verurteilende oder freisprechende Disziplinarerkenntnis ist samt den wesentlichen Entscheidungsgründen sofort mündlichzu verkünden und in weiterer Folge schriftlich auszufertigen. Wird der Beschuldigte als schuldig erkannt, ist auch darzulegen, welche Berufspflicht er verletzt oder welche Beeinträchtigung des Ansehens des Standes er durch sein Verhalten begangen hat. Im Falle eines Schuldspruches hat der Disziplinarbeschuldigte die Kosten des Disziplinarverfahrens zu tragen. Die Kosten der Verteidigung hat der Disziplinarbeschuldigte immer – also auch im Falle eines Freispruchs – endgültig selbst zu tragen.
Rechtsmittelverfahren
Gegen die Erkenntnisse der Disziplinarkommission ist die Beschwerde an das jeweilige Landesverwaltungsgericht möglich. Diese ist binnen vier Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses zu erheben. Das Landesverwaltungsgericht entscheidet über die Beschwerden durch Einzelrichter, also ohne ärztliche Beisitzer.
Gegen die Erkenntnisse der Landesverwaltungsgerichte sind sowohl Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof wegen angeblicher Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte (etwa der Meinungsfreiheit) als auch Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof möglich. Die beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts entscheiden dann in letzter Instanz. Im Verfahren vor dem Verfassungs- und dem Verwaltungsgerichtshof besteht Rechtsanwaltszwang; die Anzeige wird jeweils vom Disziplinaranwalt vertreten. Selbst der Disziplinarkommission kommt im Rechtsmittelverfahren Parteistellung zu.
Strafen und Kosten
Verhängte Geldstrafen und die Verfahrenskosten können zwangsweise eingebracht werden und fließen der Österreichischen Ärztekammer zu. Zahlungsaufschub und Zahlung in Raten können bewilligt werden.
Rechtsschutzversicherung
Da Verteidigerkosten vom Disziplinarbeschuldigten auch im Falle des Freispruchs selbst zu tragen sind, empfiehlt sich der Abschluss einer entsprechenden Rechtsschutzversicherung, die sowohl die Verfahrenskosten als auch die Verteidigerkosten abdeckt. Verhängte Geldstrafen sind aber jedenfalls vom Verurteilten selbst zu tragen.
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