
Atemnot, körperliche Inaktivität und reduzierte Leistungsfähigkeit

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Seit vielen Jahren werden für Patienten mit COPD sogenannte Teufelskreise beschrieben, welche das Fortschreiten der Erkrankung illustrieren. Die Atemnot bei körperlicher Aktivität ist dabei das zentrale Symptom, welches sich über die Zeit weiter verschlechtert, da die muskuläre Dekonditionierung als Folge körperlicher Inaktivität und systemisch-inflammatorischer Prozesse voranschreitet. Der Teufelskreis wird bisher insbesondere im Bereich der pulmonalen Rehabilitation genutzt, um Patienten aufzuzeigen, dass dieser Teufelskreis mit körperlichem Training durchbrochen werden kann. Und tatsächlich zeigt eine Vielzahl randomisiert kontrollierter Studien und Metaanalysen, dass körperliches Training die Leistungsfähigkeit verbessert und die Atemnot vermindert und so die Lebensqualität für die Patienten relevant erhöht.1
Während in der Praxis verschiedene Teufelskreise zirkulieren, identifizierte eine aktuelle systematische Analyse der wissenschaftlichen Literatur neun solcher Teufelskreise.2 Diese unterscheiden sich teils deutlich voneinander. Während die einfacheren Teufelskreise aus Atemnot, körperlicher Inaktivität und muskulärer Dekonditionierung bestehen, beinhalten andere Teufelskreise weitere Elemente des komplexen Krankheitsgeschehens der COPD wie Exazerbationen oder die (dynamische) Überblähung sowie Komorbiditäten wie die Depression.3, 4 Diese umfassenderen Teufelskreise sind neben der Verwendung in der Praxis auch attraktiv, um Endpunkte für klinische Studien auszuwählen und aufzuzeigen, dass die Therapie der COPD weit über inhalative Medikamente hinausgehen muss.
Wie gut entsprechen die Teufelskreise der Realität?
Diese Frage wurde bis vor Kurzem nicht beantwortet. Die neun in wissenschaftlichen Zeitschriften publizierten Teufelskreise basierten nicht auf Daten, sondern wurden mit Expertenwissen und Literatur hergeleitet. Daher überprüften wir in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Barcelona, ob die publizierten Teufelskreise mit empirischen Daten bestätigt werden können. Für diesen Zweck wurden zwei COPD-Kohortenstudien aus Barcelona (PAC-COPD) sowie aus der Schweiz und den Niederlanden (ICE COLD ERIC) herangezogen, welche die meisten Elemente der neun publizierten Teufelskreise und den Verlauf der COPD über die Zeit abbildeten. Es zeigt sich, dass keiner dieser Teufelskreise die Realität von COPD-Patienten adäquat reflektiert.2 Zwar konnten bestimmte Korrelationen (z.B. zwischen Atemnot und körperlicher Aktivität), wie aufgrund der bestehenden Literatur zu erwarten war, bestätigt werden, doch der zeitliche Verlauf der Manifestationen der COPD bestätigte sich für keinen der neun publizierten Teufelskreise. Aus diesem Grund entschlossen wir uns, einen Teufelskreis aufgrund empirischer Daten zu entwickeln.
Entwicklung und Validierung eines evidenzbasierten Teufelskreises
Die PAC-COPD-Kohorte wurde verwendet, um einen neuen Teufelskreis zu entwickeln, und die ICE-COLD-ERIC-Kohorte, um diesen Teufelskreis zu validieren. Die Validierung bestätigte, dass das statistische Modell für den neuen Teufelskreis gut mit dem Verlauf der COPD-Patienten übereinstimmte (Abb. 1 oben). Die vereinfachte Darstellung (Abb. 1 unten) zeigt, dass die chronische Obstruktion über die Zeit mit COPD-Exazerbationen und mit einer Überblähung der Lunge assoziiert ist, welche dann ihrerseits den eigentlichen Teufelskreis aus Atemnot, körperlicher Inaktivität und eingeschränkter Leistungsfähigkeit antreiben.
Anhand dieses Teufelskreises lassen sich die Ansatzpunkte der COPD-Therapie gut darstellen, was in Abbildung 2 etwas vereinfacht illustriert wird. Therapien zur Prävention des Fortschreitens der COPD (orange dargestellt) tragen dazu bei, das Risiko für Exazerbationen und damit den Einfluss dieses Antreibers des Teufelskreises zu verringern. Je nach Indikation steht eine Reihe von Therapien zur Verfügung (grau dargestellt), welche helfen, die Überblähung und die Atemnot zu verringern. Die Trainingstherapie, die Förderung der körperlichen Aktivität und Atemübungen (grün dargestellt, typischerweise kombiniert im Rahmen einer pulmonalen Rehabilitation) sind zentral für das Durchbrechen des Teufelskreises. Schließlich ist das Management der COPD für Patienten, Ärzte und Gesundheitsfachleute komplex, sodass Patienten im Umgang mit ihrer Krankheit und der Kombination von Therapien gecoacht werden sollten. Dafür stehen Programme zum "Self-Management-Training" zur Verfügung.5
Fazit
Zum ersten Mal wurde ein evidenzbasierter Teufelskreis im Bereich der COPD entwickelt und validiert. Dieser beinhaltet neben dem eigentlichen Teufelskreis aus Atemnot, körperlicher Inaktivität und eingeschränkter Leistungsfähigkeit weitere antreibende Manifestationen wie Exazerbationen und die Überblähung der Lunge. Aus dem Teufelskreis resultieren therapeutische Ansatzpunkte, welche das Fortschreiten der COPD aufhalten, die Atemnot und die Überblähung reduzieren sowie den Teufelskreis durchbrechen sollen. Dies zeigt, dass die Behandlung der COPD deutlich über inhalative Medikamente hinausgehen muss und dass Patienten im Self-Management gecoacht werden sollten, um die komplexe Therapie der COPD für den individuellen Patienten optimal zu gestalten.
Literatur:
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McCarthy B et al.: Pulmonary rehabilitation for chronic obstructive pulmonary disease. Cochrane Database Syst Rev 2015; (2): CD003793
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Ramon MA; PAC-COPD Study Group et al.: The dyspnoea-inactivity vicious circle in COPD: development and external validation of a conceptual model. Eur Res J 2018; 52: pii: 1800079
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Reardon JZ et al.: Functional status and quality of life in chronic obstructive pulmonary disease. Am J Med 2006; 119: 32-7
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Cooper CB: The connection between chronic obstructive pulmonary disease symptoms and hyperinflation and its impact on exercise and function. Am J Med 2006; 119: 21-31
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Steurer-Stey C et al.: Effects of the "living well with COPD" intervention in primary care: a comparative study. Eur Respir J 2018; 51: pii: 1701375
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