
Lipide und kardiovaskuläres Risiko in der Rheumatologie
Bericht:
Mag. Christine Lindengrün
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Über den Zusammenhang zwischen Rheuma und Herz-Kreislauf und die Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen bei Rheumapatient:innen sprach beim Wachauer Rheumatag Prof. Dr. Peter Fasching, Klinik Ottakring, Wien.
Gibt es gute Fette?
Einleitend präsentierte Prof. Fasching eine neue doppelblinde, placebokontrollierte Studie, die prüfte, ob die Gabe von Vitamin D oder Omega-3-Fettsäuren den Ausbruch von Autoimmunkrankheiten verhindern kann. Zwei Jahre nach Beendigung der Studie war die schützende Wirkung von 2000IU/Tag von Vitamin D verpufft, aber 1000mg/Tag Omega-3-Fettsäuren hatten eine anhaltende Wirkung bei der Verringerung des Auftretens von Autoimmunerkrankungen.1 Eine Metaanalyse zum Thema diätetische Maßnahmen bei rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen kam jedoch zum Schluss, dass der Einfluss der Ernährung auf diese Erkrankungen zu gering ist, um Empfehlungen für bestimmte diätetische Maßnahmen zu geben.2
Es gibt also nach heutigem Stand der Wissenschaft keine evidenzbasierte „Rheumadiät“. Ein gesunder Lebensstil sei aber generell wichtig, um Komorbiditäten zu reduzieren und die Lebensqualität zu fördern, so das Fazit der Metaanalyse.
„Dyslipidämie gehört zu den häufigsten Komorbiditäten bei rheumatoider Arthritis. Der Lebensstil ist somit essenziell für Prognose und Lebensqualität“, bestätigt Fasching und rät: „Wenn Sie Omega-3-Fettsäuren einsetzen wollen, dann nehmen Sie Präparate mit Icosapent-Ethylsäure. Sie senkte in Studien die Triglyzeridwerte und das kardiovaskuläre Risiko bei Menschen mit Hypertriglyzeridämie. Andere Omega-3-Fettsäuren haben für das Herz-Kreislauf-Risiko keinen Vorteil.“
Inflammationskontrolle versus Sicherheitsbedenken
Spätestens seit 2009 ist bekannt, dass das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen bei Patient:innen mit rheumatoider Arthritis um das 1,5- bis 2-Fache erhöht und damit vergleichbar dem Herz-Kreislauf-Risiko bei Diabetes mellitus 2 ist.3–5 Der treibende Faktor dabei ist die Inflammation: „Es liegt nicht an der Autoimmunität und auch nicht an der Genetik, sondern an der Krankheitsaktivität“, sagt Fasching. „Nur bei manifester Entzündung steigt das Risiko für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Menschen mit rheumatoider Arthritis.“4 Das gilt auch für andere rheumatische Erkrankungen, wie eine Analyse aus Großbritannien belegt: Von den untersuchten 19 Autoimmunerkrankungen zeigten systemische Sklerose, Morbus Addison, systemischer Lupus erythematodes und Typ-1-Diabetes das höchste kardiovaskuläre Risiko.5
Die Entzündung unter Kontrolle zu bringen ist also nicht nur in Hinblick auf die Grunderkrankung ein Therapieziel, sondern auch günstig für das Herz-Kreislauf-Risiko von Rheumapatient:innen. Allerdings kommt es auf die Art der Medikation an: Kortikosteroide sind mit einem erhöhten Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) assoziiert,6 und bei den JAK-Inhibitoren (JAKi) ist die Datenlage diesbezüglich noch unklar. „Auch NSAR können kardiovaskuläre Komplikationen verursachen“, betont Fasching. In Hinblick auf das kardiovaskuläre Risiko sollten NSAR und Glukokortikoide daher nicht als Dauertherapie eingesetzt werden.
„Wenn man die Inflammation reduziert, senkt man das kardiovaskuläre Risiko“, fasst Fasching zusammen. Mit Ausnahme von NSAR, Kortison und (vorläufig auch noch) JAKi können alle Rheumamedikamente als kardiovaskulär sicher gelten.7
LDL-Cholesterin kann gar nicht niedrig genug sein
Der Haupttreiber für Atherosklerose ist das LDL-Cholesterin (LDL-C), wobei sich das Risiko über die Jahre kumuliert. Bei erhöhten LDL-C-Werten werden deshalb eine frühe Intervention und ein striktes Management befürwortet. LDL-C-Senkung ist daher laut Fasching eine der effektivsten Maßnahmen zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Als Zielwert für Patient:innen mit einer rheumatischen Erkrankung empfiehlt er <70 mg/dl, bei Patient:innen mit zusätzlichen Risikofaktoren oder bereits manifester Atherosklerose <55mg/dl. „Je mehr LDL-C-Reduktion, desto mehr Risikoreduktion“, betont Fasching. „Ein zu niedriges LDL-C gibt es nicht.“
Wie erreicht man diese Ziele? „Am effektivsten mit Rosuvastatin oder Atorvastatin, gegebenenfalls in Kombination mit Ezetimib und/oder Bempedoinsäure bzw. – falls eine ausgeschöpfte orale Therapie die Zielwerte verfehlt – mit Einleitung einer PCSK-9-Inhibition mittels Antikörper oder sRNA-Präparat über ein entsprechendes Erstverordnungszentrum.“
EULAR-Empfehlungen zum kardiovaskulären Risikomanagement bei rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen:
Drosos GC et al.: EULAR recommendations for cardiovascular risk management in rheumatic and musculoskeletal diseases, including systemic lupus erythematosus and antiphospholipid syndrome. Ann Rheum Dis 2022; 81(6): 768-79
ESC-Empfehlungen zum Lipidmanagement bei rheumatoider Arthritis:
Hollan I et al.: Lipid management in rheumatoid arthritis: a position paper of the Working Group on Cardiovascular Pharmacotherapy of the European Society of Cardiology. Eur Heart J Cardiovasc Phamacother 2020; 6(2): 104-14
Quelle:
22. Wachauer Rheumatag, Spitz, 27. April 2024
Literatur:
1 Costenbader KH et al.: Vitamin D and marine n-3 fatty acids for autoimmune disease prevention: outcomes two years after completion of a double-blind, placebo-controlled trial. Arthritis Rheumatol 2024; online ahead of print 2 Gwinnutt JM et al.: Effects of diet on the outcomes f rheumatic and musculoskeletal diseases (RMDs): systematic review and meta-analyses informing the 2021 EULAR recommendations for lifestyle improvements in people with RMDs. RMD Open 2022; 8(2): e002167 3 Peters MJ et al.: Does rheumatoid arthritis equal diabetes mellitus as an independent risk factor for cardiovascular disease? A prospective study. Arthritis Rheum 2009; 61(11): 1571-9 4 Gouze H et al.: Rheumatoid Arthritis, as a clinical disease, but not rheumatoid arthritis-associated autoimmunity, is linked to cardiovascular events. Arthritis Res Ther 2022; 24(1): 56 5 Conrad N et al.: Autoimmune diseases and cadiovascular risk: a population-based study on 19 autoimmune diseases and 12 cardiovascular diseases in 22 million individuals in the UK. Lancet 2022; 400(10354): 733-43 6 Roubille C et al.: The effects of tumour necrosis factor inhibitors, methotrexate, non-steroidal anti-inflammatory drugs and corticosteroids on cardiovascular events in rheumatoid arthritis, psoriasis and psoriatic arthritis: a systematic review and meta-analysis. Ann Rheum Dis 2015; 74(3): 480-9 7 Withofner M et al.: Rheumatische Erkrankungen und kardiovaskuläres Risiko. Fakten der Rheumatologie 2023; 3: 36-41
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