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Gesundheit und Forschung

Österreichische Forscher sind Bremsern bei der Krebs-Immuntherapie auf der Spur

Wien/Seattle - Bei vielen Krebspatienten können Mediziner körpereigene Abwehrzellen anleiten, Krebszellen abzutöten, bei manchen zeigt solch eine Immuntherapie kaum Wirkung. Österreichische Forscher berichten nun, dass dafür Immunzellen im Tumor mitverantwortlich sind, die diese Prozesse hemmen. Sie sind an zwei Botenstoff-Andockstellen auf ihrer Oberfläche erkennbar und könnten daher mit Antikörper-Medikamenten gezielt im Krebsgeschwür ausgeschaltet werden, erklären sie im Fachmagazin „Nature“.

Ein Team um die österreichischen Immunologen Martin Prlic und Florian Mair am Fred Hutchinson Krebsforschungszentrum in Seattle (USA) untersuchte, ob bestimmte Abwehrzellen speziell in Tumoren aktiv sind. Dazu verglichen die Forscher die Immunzellen in Schleimhauttumoren von Kopf und Hals (Plattenepithelkarzinome) mit jenen in „normal“ entzündeter Mundhöhlenschleimhaut.

„Die Immunantworten in Tumoren und Entzündungen zeigten überraschend viel Ähnlichkeit“, berichten die Forscher. In den bösartigen Geschwüren konnten sie jedoch exklusiv vorkommende Immunzellen identifizieren, die es bei normalen Infektionsherden nicht gibt, nämlich sogenannte IL1R1+-regulatorische T-Zellen. Diese „T-reg-Zellen“ unterdrücken die Aktivität anderer Immunzellen. „Sie verhindern zum Beispiel, dass Killer-T-Zellen sich vermehren“, erklärt Mair. „Zusätzlich hemmen sie etwa die Botenstoffproduktion in sogenannten Effektor-T-Zellen, sodass diese nicht ihr volles Aktivitätsniveau erreichen.“ Die Immunantwort gegen die Krebszellen wird dadurch gehemmt.

Antikörper-Medikamente gegen Andockstellen

Identifizierbar sind die speziellen Tumor-T-reg-Zellen durch zwei Andockstellen für Immunsystem-Botenstoffe an ihrer Oberfläche. „Einzeln findet man diese Moleküle auch auf anderen Immunzellen, aber beide gleichzeitig kommen laut unseren Daten wirklich nur und exklusiv auf den T-reg-Zellen im Tumor vor“, berichtet Mair, der mittlerweile an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich forscht.

Nun würden Therapien entwickelt, um spezifisch diese Zellen zu eliminieren, die eine Immunantwort gegen den Tumor verhindern, sagt Prlic: „Sie würden ermöglichen, dass mehr Patienten mit weniger Nebenwirkungen auf Immuntherapien ansprechen.“ Mittels Antikörper-Medikamenten gegen diese beiden Andockstellen könnte man gezielt die T-reg-Zellen in einem Tumor ausschalten. Wichtig sei, dass durch solch eine Therapie andere T-reg-Zellen im Körper unbehelligt bleiben – andernfalls wären schwere Nebenwirkungen in Form von Autoimmunreaktionen die Folge.

Eine Immuntherapie bei Krebs hat zum Ziel, Tumoren mithilfe des körpereigenen Immunsystems zu bekämpfen. Anders als etwa bei einer Chemotherapie richten sich die verabreichten Medikamente nicht direkt gegen den Krebs. Stattdessen bewirken sie, dass die Immunzellen die Krebszellen erkennen, angreifen und zerstören. (APA/red)

Weitere Infos: Originalpublikation

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