
Highlights der virtuellen WCLC 2021
Bericht:
Dr. Kassandra Settele
Review von:
OA Dr. Maximilian Hochmair
Leiter der pneumo-onkologischen
Ambulanz + Tagesklinik
Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie
Karl-Landsteiner-Institut für Lungenforschung und pneumologische Onkologie
Klinik Floridsdorf, Wien
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Zwar wurden bei der diesjährigen World Conference on Lung Cancer keine praxisverändernden neuen Studiendaten vorgestellt. Dennoch fanden sich einige interessante Updates zu bekannten Studien wie IMpower010 und zu vielversprechenden zielgerichteten Therapien.
Frühstadium
IMpower010
Das Studiendesign der IMpower010-Studie ist bereits vom Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) bekannt: Patienten mit komplett reseziertem nicht kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) im Stadium IB–IIIA erhielten nach einer Chemotherapie 1:1 randomisiert entweder Atezolizumab oder die beste supportive Therapie (BSC). Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben (DFS). Diesbezüglich fand sich beim medianen Follow-up nach 32,8 Monaten in der Subgruppe der PD-L1-positiven Patienten für Atezolizumab eine HR von 0,66; bei den randomisierten Patienten im Stadium II-IIIA lag die HR beim medianen Follow-up nach 32,2 Monaten bei 0,79. In der „Intentiontotreat“-Population (alle randomisierten Patienten im Stadium IB-IIIA) lag die HR nach median 32,2 Monaten bei 0,81, allerdings war die Grenzezur statistischen Signifikanz hier noch nicht erreicht (Abb.1).
Abb. 1: Krankheitsfreies Überleben in der IMpower010-Studie nach PD-L1-Expression bzw. Tumorstadium (nach Altorki et al.)1
Bei der WCLC wurde auch ein genauerer Einblick in jene Patientenfälle präsentiert, die keine Therapie erhalten hatten oder die Therapie abgebrochen hatten. Etwa 13% der eingeschlossenen Probanden wurden nicht randomisiert: 31,3% von ihnen brachen die Studienteilnahme auf eigenen Wunsch ab, bei 19,6% kam es vorher zu einem Krankheitsrückfall, bei 12,4% war es zum Auftreten einer unerwünschten Wirkung einer vorhergegangenen Therapie gekommen und 6,9% starben vor Randomisierung.
Die Studienarme waren gut ausbalanciert hinsichtlich des Krankheitsstadiums, des Lymphknotenstatus, chirurgischer Intervention und Chemotherapieregime. Die meisten Patienten hatten eine Lobektomie, Lymphknotendissektion und vier Zyklen Chemotherapie erhalten. Auch die mediane Zeit zwischen OP und Beginn von Atezolizumab/BSC war zwischen den Studienarmen vergleichbar lang.1
Neoadjuvantes Pembrolizumab
Die Phase-I-Studie MK3475-223 untersuchte Pembrolizumab als neoadjuvante Therapie hinsichtlich der Sicherheit, des Verabreichungsschemas sowie des pathologischen Ansprechens. Sekundäre Endpunkte waren das rezidivfreie Überleben (RFS) sowie das Gesamtüberleben (OS).
Kohorte 1 erhielt eine Dosis Pembrolizumab drei Wochen vor der Operation, Kohorten 2 und 3 erhielten zwei Dosen Pembrolizumab im Abstand von drei Wochen, wobei die Patienten der Kohorte 2 zwei Wochen nach der zweiten Dosis operiert wurden und die Patienten der Kohorte 3 eine Woche nach der zweiten Dosis. Zusätzlich gab es eine Expansionskohorte.
Zu behandlungsbedingten unerwünschten Ereignissen (TRAE) kam es bei 62% der Fälle, TRAE Grad 3–4 kamen bei 8% vor. Eine „major pathological response“ (MPR) wurde ausschließlich bei Patienten beobachtet, bei denen zwischen Beginn der Pembrolizumab-Therapie und Operation mindestens fünf Wochen vergangen waren. In dieser Gruppe kam es bei 19% zu einer pathologischen Komplettremission und bei 44% zu einer MPR.
Die RFS-Rate nach einem Jahr betrug 100% und nach zwei Jahren 92,3%. Die OS-Rate betrug nach einem Jahr ebenfalls 100% und nach zwei Jahren 93,3% – es kam zu zwei Todesfällen: Ein Patient starb nach Krankheitsprogress, ein anderer aufgrund einer Sepsis. Für eine Phase-II-Studie werden die zweimalige Gabe von Pembrolizumab im Abstand von drei Wochen und die anschließende OP nach mindestens weiteren zwei Wochen als Verabreichungsschema vorgeschlagen.2
Zielgerichtete Therapie
TROPION-PanTumor01
TROP2 wird bei NSCLC hochexprimiert und ist mit einer schlechten Prognose assoziiert. Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Datapotamab-Deruxtecan besteht aus einem monoklonalen Anti-TROP2-Antikörper sowie einem potenten Topoisomerase-1-Inhibitor. Damit können sowohl Zieltumorzellen als auch die umgebenden Zellen eliminiert werden. Im bei der WCLC präsentierten Update zur NSCLC-Kohorte der TROPION-PanTumor01-Studie konnte eine gute Verträglichkeit der Substanz gezeigt werden. Die Patienten waren bereits erheblich vorbehandelt und wurden unabhängig von einer möglichen TROP2-Expression ausgewählt, dennoch konnte die große Mehrheit der Patienten von den Therapie profitieren. Die Raten des allgemeinen Ansprechens betrugen je nach Dosierung 24–28%.3
Mobocertinib
Zur Phase-I/II-Studie zum Einsatz des Tyrosinkinase-Inhibitors (TKI) Mobocertinib, der spezifisch auf den „epidermal growth factor receptor“ (EGFR) mit Exon20-Insertion abzielt, wurden u.a. Daten der Kohorte der Patientenpräsentiert, die eine EGFR-Exon20-Insertion aufwiesen und nach Krankheitskontrolle durch einen vorhergegangenen EGFR-TKI refraktär wurden. Von diesen 20 Patienten kam es bei 8 zu einer partiellen Remission (PR) und bei 10 zu einer Erkrankungsstabilisierung. Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) betrug 7,3 Monate. Somit beweist Mobocertinib auch nach vorangegangener Gabe anderer TKI Wirksamkeit.4
Untersuchung auf Exon-20-Insertion
Amivantamab ist ebenfalls eine Substanz, die bei Patienten mit EGFR-Exon20-Insertion angewendet werden kann und bereits über ein „Named-patient use“-Programm verfügbar ist. Aus Proben von Patienten der CHRYSALIS-Studie, die mit Amivantamab behandelt worden waren, wurde mittels Guardant 360 CDx eine Analyse auf ctDNA in Plasma/Vollblut durchgeführt bzw. wurde mittels OncomineDx- TargetTest die DNA von Tumorproben analysiert. Fragestellung der Untersuchung war, ob es einen Unterschied der Effektivität von Amivantamab hinsichtlich der mit unterschiedlichen Modalitäten identifizierten Patientengruppen gab. Zwischen Testqualität und Detektion der Exon-20-Insertion gab es keinen Unterschied: Es konnte gezeigt werden, dass beide Modalitäten eine hohe Übereinstimmung in der Identifikation von Patienten mit bzw. ohne Exon-20-Insertion hatten. Der angepasste positive prädiktive Wert (PPV) betrug für beide Tests 100%, der angepasste negative prädiktive Wert (NPV) für Guardant 360 Dx 99,6% und für Oncomine Dx Target Test 99,9%. Auch die OR der Patientengruppe, die mit einem der beiden Tests identifiziert wurden, waren vergleichbar. Somit spielt die Modalität der Exon-20-Insertion keine Rolle für das Ansprechen auf die Therapie mit Amivantamab.5
CHRYSALIS
Amivantamab zeigt neben der Wirksamkeit gegen EGFR auch Aktivität gegen MET, sodass es eine Doppelblockade bewirken kann. Im WCLC-Update zur CHRYSALIS-Studie wurden erstmals die Daten zu NSCLC-Patienten mit einer MET-Exon14-Skipping-Mutation präsentiert. Diese Mutation findet sich bei etwa 2–3% aller Patienten mit NSCLC. Amivantamab war gut verträglich und es zeigten sich keine neuen Sicherheitssignale. Es fand sich eine beeindruckende Wirksamkeit mit einem Ansprechen bei 14 von 19 Patienten (davon PR-Rate: 64%). Die mediane Ansprechdauer betrug 6,5 Monate.6
Stadium IV
POSEIDON
Die Daten der Phase-III-Studie POSEIDON zur Erstlinien-Kombinationstherapie von Durvalumab (D) plus/minus Tremelimumab (T) plus Chemotherapie (C) wurden bereits gespannt erwartet. Das PFS war für D + C gegenüber C signifikant verlängert mit einem medianen PFS von 5,5 Monaten vs. 4,8 (12-Monats-PFS-Rate: 24,4 vs. 13,1%; HR: 0,74; 95% CI: 0,62–0,89; p=0,00093). Jedoch fand sich bezüglich des Gesamtüberlebens (OS) kein statistisch signifikanter Unterschied (medianes OS 13,3 vs. 11,7 Monate; HR: 0,86; 95% CI: 0,72–1,02; p=0,07581). Die Dreifachkombination D + T + C war sowohl hinsichtlich des PFS als auch des OS der alleinigen Chemotherapie überlegen: Das mediane PFS lag bei 6,2 Monaten und das mediane OS bei 14 Monaten. Die PFS-Rate nach 12 Monaten betrug 26,6% vs. 13,1% (HR: 0,72; 95% CI: 0,60–0,86; p=0,00031) und die OS-Rate nach 24 Monaten 32,9% vs. 22,17% (HR: 0,77; 95% CI: 0,65–0,92; p=0,00304; Abb. 2). In der Subgruppenanalyse zeigte sich, dass Patienten mit einer PD-L1-Expression ≥50% besonders gut von der Therapie profitierten. Dagegen scheint diese Substanz bei Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom kaum eine Effektivität aufzuweisen.7
Abb. 2: Progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben unter Durvalumab plus Tremelimumab plus Chemotherapie im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie (modifiziert nach Johnson et al.)7
Hirnmetastasierung in CheckMate 9LA
Auch die aktualisierten Daten zur CheckMate-9LA-Studie waren hochspannend. Diese Studie untersucht die Kombination aus Ipilimumab (I), Nivolumab (N) und Chemotherapie, die seit November 2020 auch in Österreich zugelassen ist, gegen alleinige Chemotherapie. Das Update verglich den Therapieerfolg der zwei Studienarme bei Patienten mit bzw. ohne Hirnmetastasen. Für Patienten, bei denen zu Studienbeginn bereits Hirnmetastasen vorlagen, konnte ein beeindruckender Unterschied im OS gezeigt werden: Das mediane OS betrug unter I + N + C 19,3 vs. 6,8 Monate unter C (HR: 0,43; 95% CI: 0,27–0,67). Die OS-Raten nach 12 bzw. 24Monaten lagen bei 67% vs. 26% bzw. 35% vs. 12% (Abb. 3). Auch das interkraniale mediane PFS bei dieser Patientengruppe war mit 13,5 Monatenvs. 4,6 deutlich verlängert (HR: 0,36; 95% CI: 0,22–0,60), sodass von einer hohen Effektivität auch lokal im Gehirn ausgegangen werden kann.8
Abb. 3: Gesamtüberleben von Patienten mit Hirnmetastasen zu Studienbeginn unter Nivolumab plus Ipilimumab plus Chemotherapie vs. alleinige Chemotherapie (nach Carbone et al.)8
Quelle:
World Conference on Lung Cancer 2021
8.–14. September 2021, virtuell
Literatur:
1 Altorki N et al.: IMpower010: Characterization of stage IB-IIIA NSCLC patients by type and extent of therapy prior to adjuvant atezolizumab. WCLC 2021, Abstr. #PL02.05 2 Bar J et al.: Neoadjuvant pembrolizumab for early stage non-small cell lung cancer. WCLC 2021, Abstr. #OA11.01 3 Garon EB et al.: TROPION-PanTumor01: updated results from the NSCLC cohort of the phase 1 study of datopotamab deruxtecan in solid tumors. WCLC 2021, Abstr. #MA03.02 4 Spira AI et al.: Mobocertinib in EGFR-Exon 20 insertion–positive metastatic NSCLC patients with disease control on prior EGFR TKI therapy. WCLC 2021, Abstr. #OA15.01 5 Jatkoe T et al.: Validation of companion diagnostics for the identification of patients with EGFR Exon20ins NSCLC for amivantamab therapy. WCLC 2021, Abstr. #P24.14 6 Spira AI et al.: Amivantamab in non-small cell lung cancer (NSCLC) with MET Exon 14 Skipping (METex14) mutation: Initial results from CHRYSALIS. WCLC 2021, Abstr. #OA15.03 7 Johnson ML et al.: Durvalumab ± tremelimumab + chemotherapy as first-line treatment for mNSCLC: Results from the phase 3 POSEIDON study. WCLC 2021, Abstr. #PL02.01 8 Carbone DP et al.: First-line nivolumab + ipilimumab + chemotherapy in patients with advanced NSCLC and brain metastases: results from CheckMate 9LA. WCLC 2021; Abstr. #OA09.01
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