
Bronchialkarzinom: wegweisende neue Studienergebnisse
OA Dr. Maximilian Hochmair
Leiter der pneumo-onkologischen Ambulanz und Tagesklinik
Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie
Karl Landsteiner Institut für Lungenforschung und pneumologische Onkologie
Klinik Floridsdorf, Wien
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Beim ASCO-Kongress wurden auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Studien zum Bronchialkarzinom präsentiert. Ich beschränke mich im Folgenden auf einige meiner persönlichen Highlights in den Bereichen „early stage“ und „targeted therapy“, die auch unmittelbare Auswirkungen auf die klinische Praxis haben werden.
LAURA: Game-Changer bei EGFRm NSCLC nach Chemoradiotherapie
Ein Vortrag, der immer wieder durch Applaus unterbrochen wurde, war die Präsentation der LAURA-Studie.1 Eingeschlossen waren Patient:innen mit nicht resezierbarem, lokal fortgeschrittenem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) Stadium III mit EGFR-Mutation, die unter Chemoradiotherapie (CRT) nicht progredient gewesen waren. Für diese Population ist derzeit Durvalumab Standard in der Konsolidierungsphase. Allerdings ist der Benefit dieser Behandlung bei EGFRm gering.2 In der LAURA-Studie wurden 216 Patient:innen randomisiert und erhielten entweder Osimertinib (Osi), einen ZNS-aktiven EGFR-TKI der 3. Generation, oder Placebo bis zur Krankheitsprogression bzw. bis zu nicht akzeptablen Nebenwirkungen. Es wurde also vorab kein Ende der Osi-Therapie festgelegt.Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS), zu den sekundären Endpunkten zählten Gesamtüberleben (OS) und Sicherheit.1
Osi verlängerte im Vergleich zu Placebo das mediane PFS signifikant (39,1 vs. 5,6 Monate; p<0,001). Die 12-Monats-PFS-Rate betrug 74% (Osimertinib) vs. 22% (Placebo) (Abb. 1). Der PFS-Vorteil war über alle Subgruppen konsistent. Auch bei allen anderen Parametern, wie unter anderem Ansprechrate, Ansprechdauer und Hemmung von Fernmetastasen, war Osi überlegen.
Abb. 1: LAURA-Studie: fast achtmal längeres progressionsfreies Überleben (PFS) im Osimertinib-Arm (modifiziert nach Ramalingam SS 2024)1
Nach Krankheitsprogression konnten Patient:innen im Placeboarm mit Osi weiterbehandelt werden. Die Cross-over-Rate lag bei 81%.1 Aufgrund dieser Daten muss Osi neuer Standard bei EGFRm NSCLC nach CRT werden. Ich erwarte die Zulassung in Kürze.
ADRIATIC: bislang nicht erreichte OS-Verlängerung beim SCLC
Das zweite Highlight aus der Plenary Session war die ADRIATIC-Studie.3 Hier wurde Durvalumab mit Placebo als Konsolidierung nach CRT bei „limited stage“ (LS) kleinzelligem Lungenkarzinom (SCLC) verglichen. Der duale primäre Endpunkt waren OS und PFS. Insgesamt nahmen 730 Patient:innen an der Studie teil. Auch hier zeigte sich ein massiver Vorteil zugunsten der Immuntherapie: Durvalumab verlängerte das mediane OS im Vergleich zu Placebo signifikant (55,9 vs. 33,4 Monate; p=0,0104) (Abb. 2). Das mediane PFS war unter Durvalumab ebenfalls signifikant länger als im Placeboarm (16,6 vs. 9,2 Monate; p=0,0161).3
Abb. 2: ADRIATIC-Studie: signifikant längeres Gesamtüberleben (OS) im Durvalumab-Arm nach einem medianen Follow-up von 37,2 Monaten (modifiziert nach Spigel DR 2024)3
Noch fehlt die Zulassung, aber wegen dieser Daten sollte die Therapie möglichst bald Eingang in die Praxis finden.
CheckMate 816: klinisch relevante OS-Verlängerung
Daten aus der Studie CheckMate 816 wurden schon häufiger vorgestellt. Heuer wurden die 4-Jahres-Daten präsentiert.4 Zur Erinnerung: In dieser Studie wurde die neoadjuvante Gabe von Nivolumab plus Chemotherapie mit Chemotherapie alleine bei operablem NSCLC verglichen. Entscheidend bei den aktuellen Daten ist das OS zugunsten von Nivolumab mit einer Hazard-Ratio (HR) von 0,71 und einer 4-Jahres-OS-Rate von 71% vs. 58% in der Gesamtpopulation. Beim lungenkrebsspezifischen OS erreichte die Kombination sogar eine OS-Rate von 79% (vs. 66%).4
Beeindruckende 5-Jahres-Daten aus der CROWN-Studie
In der CROWN-Studie wurde Lorlatinib mit Crizotinib bei nicht vorbehandelten NSCLC-Patient:innen mit ALK-Translokation verglichen. Auch diese Studie ist bereits publiziert; beim ASCO wurden die 5-Jahres-Daten gezeigt. Das mediane PFS ist beeindruckend (Abb. 3). Nach 60 Monaten war es im Lorlatinib-Arm noch nicht erreicht (95%CI: 64,3–NR), im Crizotinib-Arm lag es bei 9,1 Monaten (95%CI: 7,4–10,9). Die 5-Jahres-PFS-Rate betrug unter Lorlatinib 60% (vs. Crizotinib 8%).5Es gibt zwar keinen direkten Vergleich mit anderen Substanzen, aber die hier gezeigten Daten sind mit Abstand die stärksten. Daher wird Lorlatinib sich klar als Erstlinienstandard durchsetzen.
Abb. 3: CROWN-Studie: medianes progressionsfreies Überleben (PFS) im Lorlatinib-Arm nach fünf Jahren noch nicht erreicht (modifiziert nach Solomon BJ 2024)5
PALOMA-3: Amivantamab s.c. überzeugt im Vergleich zu i.v. Gabe
Sehr spannend war auch die Präsentation der PALOMA-3-Studie: Hier wurde die subkutane (s.c.) mit der intravenösen (i.v.)Gabe von Amivantamab (beides in Kombination mit Lazertinib) bei therapierefraktärem, fortgeschrittenem EGFR-mutiertem NSCLC verglichen.6 Die i.v. Gabe hat mehrere Nachteile, denn das Therapieschema ist recht aufwendig und verlangt, dass die Patient:innen zu Beginn wöchentlich, später zweiwöchentlich die Klinik aufsuchen; die Infusion dauert mehrere Stunden und geht mit teils starken Reaktionen einher.7,8
PALOMA-3 zeigte nun, dass die Wirkstoffspiegel bei i.v. und s.c. Applikation nahezu identisch sind. Auch beim Ansprechen und bei der Ansprechdauer fanden sich keine relevanten Unterschiede. Beim PFS wurde ein Trend zugunsten der s.c. Gabe beobachtet und beim OS sogar ein signifikanter Vorteil der s.c. Applikation (HR: 0,62; 95%CI: 0,42–0,92; p=0,02).6 Im S.c.-Arm traten zudem deutlich seltener infusionsbedingte Nebenwirkungen auf als im Vergleichsarm (13% vs. 66%), weshalb die Patient:innen diese Behandlung mehrheitlich bevorzugten.6
Literatur:
1 Ramalingam SS: Osimertinib (osi) after definitive chemoradiotherapy (CRT) in patients (pts) with unresectable stage (stg) III epidermal growth factor receptor-mutated (EGFRm) NSCLC: primary results of the phase 3 LAURA study. ASCO 2024, Abstr. #LBA4 2 Naidoo J et al.: Brief report: durvalumab after chemoradiotherapy in unresectable stage III EGFR-mutant NSCLC: a post hoc subgroup analysis from PACIFIC. J Thorac Oncol 2023; 18(5): 657-63 3 Spigel DR: ADRIATIC: durvalumab (D) as consolidation treatment (tx) for patients (pts) with limited-stage small-cell lung cancer (LS-SCLC). ASCO 2024, Abstr. #LBA5 4 Spicer JD: Neoadjuvant nivolumab (NIVO) + chemotherapy (chemo) vs chemo in patients (pts) with resectable NSCLC: 4-year update from CheckMate 816. ASCO 2024, Abstr. #LBA8010 5 Solomon BJ: Lorlatinib vs crizotinib in treatment-naïve patients with advanced ALK+ non-small cell lung cancer: 5-year progression-free survival and safety from the CROWN study. ASCO 2024, Abstr. #LBA8503 6 Leighl NB: Subcutaneous amivantamab vs intravenous amivantamab, both in combination with lazertinib, in refractory EGFR-mutated, advanced non-small cell lung cancer (NSCLC): primary results, including overall survival (OS), from the global, phase 3, randomized controlled PALOMA-3 trial. ASCO 2024, Abstr. #LBA8505 7 Fachinformation Rybrevant® : https://ec.europa.eu/health/documents/community-register/2021/20211209153836/anx_153836_de.pdf ; zuletzt aufgerufen am 19.7.2024 8 Park K et al.: Management of infusion-related reactions (IRRs) in patients receiving amivantamab in the CHRYSALIS study. Lung Cancer 2023; 178: 166-71
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