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Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom

Erweitertes Spektrum an Wirkstoffen bei zielgerichteten Therapien

Ende Juni veranstaltete die Online-Plattform OncoViews einen virtuellen runden Tisch zum Thema zielgerichtete Therapien beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom. Den Vorsitz hatte Prof. Dr. med. Oliver Gautschi, Co-Chefarzt am Luzerner Kantonsspital, inne. Im Gespräch mit Leading Opinions rekapituliert er die wesentlichen Diskussionspunkte.

Die erste am Meeting besprochene genetische Aberration war die EGFR-Exon20-Insertion. Welche zielgerichteten Therapien sind für Patient*innen hier bereits zugelassen?

O. Gautschi: In der Schweiz zugelassen sind Amivantamab und Mobocertinib, wenn der Tumor nach einer platinhaltigen Chemotherapie progredient ist. Diese Substanzen sind pharmakologisch unterschiedlich. Mobocertinib ist ein oraler Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI). Amivantamab ist ein bispezifischer Antikörper gegen MET und EGFR.

Die Wirksamkeit der beiden Präparate ist vergleichbar. Das Nebenwirkungsprofil ist teilweise verschieden, beide Präparate gelten jedoch als verträglich. In der Pipeline sind einige weitere Substanzen, zu denen es aber noch weniger gute Evidenz gibt.

MetEx14 ist eine wichtige Treibermutation beim NSCLC. Die Diagnose gilt jedoch als komplex – warum? Welche zielgerichteten Wirkstoffe setzen Sie standardmässig zur Therapie ein?

O. Gautschi: Der Nachweis von MET-Exon-14-Skipping-Mutationen ist für Molekularpatholog*innen anspruchsvoll, weil es verschiedene genetische Alterationen gibt, die zu einem Skipping führen können. Neben dem üblichen, DNA-basierten «next-generation sequencing» (NGS) wird an gewissen Institutionen auch das RNA-basierte NGS angewendet, damit keine Mutationen verpasst werden.

In der Schweiz zur Therapie des NSCLC mit MEtEx14 zugelassen sind Capmatinib und Tepotinib. Beides sind orale TKI mit vergleichbarer Wirksamkeit und sehr ähnlichem Nebenwirkungsprofil. Die Zulassung schreibt keine Vorbehandlung vor, die gezielte Therapie kann deshalb bereits für die erste Therapielinie erwogen werden.

KRAS ist das am häufigsten mutierte Gen beim NSCLC. Welche gezielten Therapien stehen zur Verfüung? Auf welche Effizienz dürfen wir hoffen?

O. Gautschi: Für die KRAS-G12C-Mutation ist der orale Inhibitor Sotorasib in der Schweiz zugelassen, nach Versagen einer platinhaltigen Chemotherapie oder einer Immuntherapie. Wirksamkeit und Verträglichkeit von Sotorasib scheinen besser zu sein als von Docetaxel, Resultate aus randomisierten Vergleichsstudien werden erwartet.

Weitere Inhibitoren von KRAS-G12C wie Adagrasib sind momentan im Rahmen klinischer Studien verfügbar. Ebenfalls in Entwicklung stehen Inhibitoren für andere KRAS-Mutationen als G12C.

Ein Diskussionspunkt war das Nebenwirkungsmanagement bei den zielgerichteten Therapien. Was gilt es hierbei zu beachten?

O. Gautschi: Unerfahrene Kliniker*innen sollen sich gut einlesen – es gibt in der Literatur gute Übersichtsartikel zum Management von Nebenwirkungen. Eine weitere wichtige Voraussetzung für den Einsatz dieser zielgerichteten Medikamente in der Klinik ist ein regelmässiger Austausch mit erfahrenen Kliniker*innen und pharmazeutischen Firmen.

Ausserdem behandelt wurden On-Target/Off-Target-Resistenzen auf zielgerichtete Therapien. Lassen sich diese irgendwie vermeiden?

O. Gautschi: Wie bei Chemo- und Immuntherapien ist die Therapieresistenz auch bei gezielten Therapien eine grosse Herausforderung. Die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen werden derzeit erforscht und die Ergebnisse fliessen laufend in die Entwicklung von neuen Präparaten ein. Vermeiden lassen sich Resistenzen nicht.

Ihr abschliessendes Fazit zum Meeting?

O. Gautschi: Ich selber profitiere fachlich sehr vom Austausch mit Top-Expert*innen wie Prof. Jarushka Naidoo aus Dublin (Irland) und Prof. Martin Reck aus Grosshansdorf (Deutschland) und hoffe, unsere Zuhörer*innen haben ebenfalls profitieren können. Live-Formate wie jene von OncoViews erlauben spontane Diskussionen ohne vorherige Absprachen, dies trägt meines Erachtens wesentlich zu ihrem Erfolg bei.

Vielen Dank für das Gespräch!
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