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Gesundheit und Medizin

Schlaganfall – Telemedizin und mobile „Stroke Units“ im Kommen

Wien/Berlin - Anlässlich des Welt-Schlaganfalltags am 29. Oktober skizzieren Experten, wohin international der Weg bei der Versorgung von Patienten geht: Als Trends gelten dabei speziell ausgerüstete Notfallwagen für die sofortige Einleitung einer medikamentösen Behandlung zur Auflösung eines Blutgerinnsels und der Ausbau von Telemedizin.

Das wohl wichtigste Faktum: Durch Prävention könnte ein erheblicher Teil an Schlaganfällen durch Blutgerinnsel in Gehirngefäßen oder eine Gehirnblutung verhindert werden. „Bluthochdruck, erhöhte Fettwerte, Vorhofflimmern, Rauchen und Übergewicht gehören zu den fünf häufigsten Risikofaktoren. Durch moderaten Alkoholkonsum, auf das Gewicht achten, mediterrane Diät, regelmäßige körperliche Aktivität und vor allem durch Nichtrauchen könnte man das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, um rund 80 Prozent senken“, sagt die Wiener Neurologin Julia Ferrari von der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie und der Österreichischen Schlaganfallgesellschaft..

Jede Minute zählt

Im Fall des Falles entscheidet aber sofortiges Handeln über das Schicksal der Patienten. Schon bei ersten verdächtigen Symptomen sollte der Notarzt gerufen werden. Nur dann kann eine schnelle Einweisung in eine „Stroke Unit“ – in Österreich gibt es rund 40 davon – erfolgen. Bei Vorliegen eines ischämischen Schlaganfalls mit einer Gerinnselbildung im Gehirn muss eine rasche – lange galt ein Zeitfenster von viereinhalb Stunden nach Auftreten der Symptome – Thrombolysetherapie erfolgen. Dabei soll durch die Verabreichung von Substanzen wie rtPA der Thrombus in einem Gehirngefäß aufgelöst werden. Die aus der Kardiologie (Herzinfarkt) stammende Therapieform hat die Akutbehandlung des Schlaganfalls in den vergangenen 15 Jahren revolutioniert, weil sie Leben retten und Dauerschäden verhindern kann.

In Österreich beträgt die Thrombolyserate bei Schlaganfallpatienten derzeit 18 Prozent. Bei vier Prozent der Erkrankten, vor allem jenen mit einem großen Gefäßverschluss und ohne Erfolg einer Thrombolysetherapie, wird das Gerinnsel über einen Katheter entfernt.

Stroke-Einsatz-Mobile im Test

Nach wie vor kommen Patienten aber zu spät in die spezialisierten Zentren. International fortschrittliche Initiativen gehen deshalb auch in Richtung mobiler „Stroke Units“: mit Computertomografen ausgerüstete Notfallwagen. Dabei besteht außerdem die Möglichkeit zu Akutlaboruntersuchungen und eine telemedizinische Anbindung des Notfallwagens zu den Spezialisten in der Klinik. So wird eine frühe Diagnose erreicht und eine Thrombolysetherapie kann praktisch schon am Einsatzort beginnen.

Aus Berlin liegen dazu Studienauswertungen vor. Nachdem das erste derartige Fahrzeug 2011 in Betrieb ging, evaluierte ein Charité-Forschungsteam das Konzept zunächst auf technische Machbarkeit, Sicherheit und Zeiteinsparung bis zum Therapiebeginn hin. Auf Basis dieser Daten wurden drei STEMOs (Stroke-Einsatz-Mobile) in die Proberegelversorgung übernommen, hieß es jetzt im Deutschen Ärzteblatt. „Wir konnten in den vergangenen Jahren in einer Reihe groß angelegter Studien den medizinischen Nutzen der Fahrzeuge eindeutig nachweisen“, fasst Heinrich Audebert vom Centrum für Schlaganfallforschung Berlin und der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie der Charité-Universitätsklinik zusammen. Es sei belegt, dass mit dem STEMO mehr Patienten die nötige Lysetherapie erhielten und diese im Durchschnitt 20 bis 25 Minuten früher verabreicht werde als bei konventioneller Versorgung durch Rettungsdienst und Notaufnahme. „Und das Wichtigste: Schlaganfallbetroffene, zu deren Rettung das STEMO losgeschickt wird, überleben häufiger und tragen seltener eine Behinderung davon“, so Audebert.

Telemedizin nimmt zu

Der zweite Trend geht in Richtung Telemedizin. In Deutschland wird bereits jeder zweite Schlaganfallpatient auch unter Unterstützung telemedizinischer Einrichtungen versorgt. „Da nicht bei jedem Notruf ein spezialisierter Neurologe als erster Arzt vor Ort ist, kann es lebensrettend sein, wenn diese Experten über Video zugeschaltet werden und den behandelnden Arzt bei der Diagnose und bei seinen Entscheidungen über die nötigen therapeutischen Schritte beraten können“, erklärte kürzlich Christoph Gumbinger, Sprecher der Kommission Telemedizinische Schlaganfallversorgung der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG). (APA/red)

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