<p class="article-intro">Die transrektale ultraschallgesteuerte Prostatabiopsie ist nach wie vor die am häufigsten verwendete Methode, um Prostatakrebs festzustellen. Obwohl es sich um ein sicheres Diagnoseverfahren handelt, können infektiöse Komplikationen auftreten, deshalb ist eine antimikrobielle Prophylaxe erforderlich. Nach wie vor sind Antibiotika aus der Chinolongruppe (Ciprofloxacin, Levofloxacin oder Prulifloxacin) die am häufigsten verwendeten Präparate für diesen Zweck.<sup>1</sup><br> Zunehmende Resistenzraten und ein steigendes Bewusstsein für Chinolon-Nebenwirkungen haben die Besorgnis hinsichtlich der optimalen Auswahl des antibiotischen Schemas erhöht.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Levofloxacin oder Prulifloxacin zeigen nach wie vor die niedrigsten Resistenzraten bei gramnegativen Isolaten aus rektalen Abstrichen.</li> <li>Heutzutage sind kurze (1 Tag), aber verstärkte Schemas (z. B. 1 Gabe Levofloxacin kombiniert mit Fosfomycin, Amikacin oder Ceftriaxon) der Standard.</li> <li>Rektalabstriche werden immer öfter routinemäßig vor transrektalen Prostatabiopsien verwendet.</li> <li>Trotz gezielter Prophylaxe (Rektalabstrich) und Kombination von zwei Antibiotika können Komplikationen nicht komplett verhindert werden – bei Nachweis von Resistenzen im rektalen Abstrich ist der beste Weg eine transperineale Biopsie in LA.</li> </ul> </div> <h2>Trotz abstrichgerechter Antibiose kommt es zu Infektionen</h2> <p>Eine Arbeitsgruppe aus Okayama, Japan, 2 hat gezeigt, dass bei Patienten, die im Rektalabstrich vor der Biopsie Chinolon- resistente E. coli aufwiesen, ein Wechsel von Levofloxacin auf in vitro sensible Betalaktamantibiotika zu deutlich mehr Komplikationen führt als ein verstärktes Schema (Levofloxacin kombiniert mit Amikacin). Aber auch dieses verstärkte Schema konnte Fieber nach der Biopsie nicht komplett verhindern – Komplikationen traten auf, auch wenn E. coli sensibel auf Amikacin war. Als Schlussfolgerung wurde empfohlen, bei Patienten, die im rektalen Abstrich Chinolon-resistente gramnegative Isolate aufweisen, auf eine transperineale Biopsie auszuweichen, anstatt mehrere zusätzliche Antibiotika zu verwenden.</p>
<p class="article-intro">Die transrektale ultraschallgesteuerte Prostatabiopsie ist nach wie vor die am häufigsten verwendete Methode, um Prostatakrebs festzustellen. Obwohl es sich um ein sicheres Diagnoseverfahren handelt, können infektiöse Komplikationen auftreten, deshalb ist eine antimikrobielle Prophylaxe erforderlich. Nach wie vor sind Antibiotika aus der Chinolongruppe (Ciprofloxacin, Levofloxacin oder Prulifloxacin) die am häufigsten verwendeten Präparate für diesen Zweck.<sup>1</sup><br> Zunehmende Resistenzraten und ein steigendes Bewusstsein für Chinolon-Nebenwirkungen haben die Besorgnis hinsichtlich der optimalen Auswahl des antibiotischen Schemas erhöht.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Levofloxacin oder Prulifloxacin zeigen nach wie vor die niedrigsten Resistenzraten bei gramnegativen Isolaten aus rektalen Abstrichen.</li> <li>Heutzutage sind kurze (1 Tag), aber verstärkte Schemas (z. B. 1 Gabe Levofloxacin kombiniert mit Fosfomycin, Amikacin oder Ceftriaxon) der Standard.</li> <li>Rektalabstriche werden immer öfter routinemäßig vor transrektalen Prostatabiopsien verwendet.</li> <li>Trotz gezielter Prophylaxe (Rektalabstrich) und Kombination von zwei Antibiotika können Komplikationen nicht komplett verhindert werden – bei Nachweis von Resistenzen im rektalen Abstrich ist der beste Weg eine transperineale Biopsie in LA.</li> </ul> </div> <h2>Trotz abstrichgerechter Antibiose kommt es zu Infektionen</h2> <p>Eine Arbeitsgruppe aus Okayama, Japan, 2 hat gezeigt, dass bei Patienten, die im Rektalabstrich vor der Biopsie Chinolon- resistente E. coli aufwiesen, ein Wechsel von Levofloxacin auf in vitro sensible Betalaktamantibiotika zu deutlich mehr Komplikationen führt als ein verstärktes Schema (Levofloxacin kombiniert mit Amikacin). Aber auch dieses verstärkte Schema konnte Fieber nach der Biopsie nicht komplett verhindern – Komplikationen traten auf, auch wenn E. coli sensibel auf Amikacin war. Als Schlussfolgerung wurde empfohlen, bei Patienten, die im rektalen Abstrich Chinolon-resistente gramnegative Isolate aufweisen, auf eine transperineale Biopsie auszuweichen, anstatt mehrere zusätzliche Antibiotika zu verwenden.</p> <h2>Rektale Abstriche und Resistenzraten</h2> <p>Eine Arbeitsgruppe aus Wels unter der Leitung von Prim. Prof. Dr. Alexandre Egon Pelzer<sup>3</sup> untersuchte Resistenzraten von rektalen Abstrichen. Seit Juni 2017 wurde bei jedem Patienten im Klinikum Wels- Grieskirchen 1–2 Wochen vor der Prostatabiopsie ein Rektalabstrich vorgenommen. Elektronische Krankenakten wurden für Antibiogramme überprüft, die zwischen Juni 2017 und August 2018 durchgeführt wurden. Zur Abnahme eines Rektalabstrichs wurde ein mit Salzlösung angefeuchtetes Standard-Abstrichkultur-Set verwendet. Dabei ist wichtig,</p> <ol> <li>einen Abstrich tief genug aus dem Rektum und nicht nur aus dem Hautbereich perianal zu nehmen – ansonsten können keine gramnegativen Bakterien identifiziert werden, was zu unbrauchbarem Ergebnis führt (zum Beispiel „Staph. aureus +++“),</li> <li>einen geeigneten, spezifischen Antrag für ein Mikrobiologielabor zu stellen (z. B. „Bakterienanfälligkeit für Ciprofloxacin, orales Fosfomycin und ESBL“), andernfalls kann das Ergebnis unbrauchbar sein („normale Rektalflora“).</li> </ol> <p>Zur Pathogen-Differenzierung wurde MALDI-TOF (VITEK<sup>®</sup> MS, bioMérieux) eingesetzt. Resistenztests wurden mit BD BBLTM Sensi-Discs (Becton Dickinson) und ETEST<sup>®</sup> Strips (bioMérieux) unter Verwendung gemäß EUCAST (Europäisches Komitee für Tests auf antimikrobielle Empfindlichkeit) als Teststandard durchgeführt.<br /> In insgesamt 302 analysierten Proben wurde 1 gramnegative Bakterienart in 34 % der Proben, 2 in 43 %, 3 in 21 % und 4 Arten in 2 % der Proben berichtet. In zwei Proben (0,7 %) wurden nur grampositive Spezies identifiziert (möglicher Probeentnahmefehler).<br /> Bei gramnegativen Isolaten gab es bei 5 % der Patienten keine E.-coli-Isolate. Bei weiteren 37 % der Patienten wurden neben E. coli weitere gramnegative Spezies identifiziert, am häufigsten Klebsiella (19 % der Patienten), Enterobacter (13 %), Citrobacter (9 %), Pseudomonas (6 %) und Proteus (4 %).<br /> Wenn man nur E. coli betrachtete, lag die Resistenzrate für Fosfomycin bei unter 1 %, für Levofloxacin und Cefuroxim bei 5 %, für Ciprofloxacin bei 8 %, für Amoxicillin mit Clavulan bei 12 % und für Trimethoprim bei 14 %. Wenn man aber alle gramnegativen Isolate eines Patienten betrachtete, zeigten sich deutlich andere Resistenzraten: Levofloxacin 5 %, Ciprofloxacin 11 %, Cefuroxim 15 %, Fosfomycin 21 %, Trimethoprim 27 % und Amoxicillin mit Clavulan 29 %.<br /> In 43 % der Proben wurden zusätzlich zu gramnegativen Bakterien auch grampositive Spezies berichtet: Streptococcus (bei 127 Proben; 42 %) und Staphylococcus (bei 7 Proben; 2 %). Sie waren oft resistent gegen Ciprofloxacin, aber empfindlich gegen Levofloxacin. Die Bedeutung von grampositiven Isolaten ist noch unklar.</p> <h2>Modernste Mikrobiologie-Methoden: trotzdem Infektionen</h2> <p>Eine internationale Arbeitsgruppe aus Amerika, Großbritannien, Norwegen und Deutschland<sup>4</sup> hat auch rektale Abstriche vor Biopsien gemacht und als Standard- Schema die Kombination von oralem Levofloxacin (500 mg) mit parenteralem Ceftriaxon (1 g) verwendet, mit entsprechender Anpassung bei nachgewiesenen Resistenzen. Die Abstriche wurden aber nicht wie in Wels mit MALDI-TOF und auf Disks analysiert, sondern noch moderner, mit Sequenziermethoden der nächsten Generation (NGS). Bei insgesamt 68 Patienten gab es keine Sepsen, aber trotzdem traten bei 4,4 % der Patienten eine Epididymitis und eine Zystitis auf.</p> <h2>Aktuelles Wels-Schema</h2> <p>Aktuelle Umfragen in Deutschland zeigten, dass die mediane Dauer der Chinolon- „Therapie“ für die Prostatabiopsie in Deutschland trotz bekannter Chinolon- Risiken und Nebenwirkungen vier Tage beträgt.<sup>1</sup> Dies war in der Vergangenheit auch in Wels der Fall. Bei der Suche nach Alternativen zu dieser inakzeptablen Praxis sollten viele Faktoren berücksichtigt werden. Der erste Schritt ist, die lokalen Resistenzraten kennenzulernen (Abb. 1). In Bezug auf die Effizienz sind Fluorchinolone in unserer Umgebung immer noch die effizientesten. <br />Die Sensitivitätsraten von Cephalosporin- Antibiotika sind attraktiv, aber aufgrund des Risikos für die Entwicklung von ESBL und der Besorgnis wegen der oralen Verfügbarkeit von Cefuroxim wird dies nicht als eine passende Alternative angesehen. <br />Aufgrund der sehr guten In-vitro-Empfindlichkeit von E. coli gegenüber oralem Fosfomycin kann es verlockend sein, Chinolone durch Fosfomycin zu ersetzen. Fosfomycin trometamol (3 g) 2 Stunden vor der Biopsie und am Folgetag ist Routine in vielen italienischen Zentren. In Bezug auf die Tatsache, dass bei 95 % der Rektalabstrichisolate in Wels E. coli vorhanden war, oral verabreichtes Fosfomycin die niedrigste Resistenzrate aufweist und es sogar in den Leitlinien<sup>5</sup> als Alternative vorgeschlagen wird, ist orales Fosfomycin eine gute Wahl. Andere relevante gramnegative Bakterien in rektalen Abstrichkulturen zeigen aber leider eine geringere Empfindlichkeit gegenüber oralem Fosfomycin im Vergleich zu Fluorchinolonen. <br />Weiters empfehlen die Leitlinien<sup>5</sup>, dass ein „verstärktes“ Schema (und nicht eine Einzelaufnahme) besser ist. Daher kann eine Kombination von Chinolonen mit oralem Fosfomycin der richtige Weg sein. <br />Nach all diesen Bedenken lautet in Wels das derzeitige Regime, das eine maximale Verringerung der Verwendung von Chinolonen, die orale Verabreichung und die Dauer von nur einem Tag ermöglicht, wie folgt: Eine Einzeldosis von Fluorchinolonen (Ciprofloxacin oder Levofloxacin 750 mg gemäß Rektalabstrich) 1 Stunde vor der Biopsie und orales Fosfomycin (3 g) 4 Stunden vor und 20 Stunden nach der Biopsie. Es wird Microlax (5 ml Mikroeinlauf) zu Hause verabreicht und bei Palpation vor der Einführung der US-Sonde ein Povidon-Iod- Suppositorium in das Rektum eingesetzt (Iod-basierte Rektumpräparation wird auch eindeutig von den Leitlinien empfohlen). <br />Bei Resistenzen von gramnegativen Isolaten im Rektalabstrich gegen das Standardregime oder Allergien wird das Regime individuell angepasst. Wenn E. coli empfindlich auf orales Fosfomycin ist, wird dieses angewendet. Es sollte mindestens ein Wirkstoff vorhanden sein, der andere gramnegative Isolate abdeckt. <br />Dieses Schema, in Kombination mit routinemäßigen Rektumabstrichkulturen und Urinkulturen, ermöglichte es, die Komplikations- und Hospitalisationsrate in Wels zu reduzieren. Infektiöse Komplikationen treten derzeit fast ausschließlich bei falscher Rektumabstrichentnahme auf (z. B. Perianalabstrich – keine gramnegativen Isolate). Darüber hinaus erlaubte dieses Schema, den Chinolonkonsum pro Biopsie um 78,5 % (Levofloxacin – von 7 Tagen 500 mg täglich auf 1x 750 mg) oder um 85 % (Ciprofloxacin von 5 Tagen 2 x 500 mg täglich auf 1 x 750 mg) zu reduzieren.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1902_Weblinks_abb1.jpg" alt="" width="650" height="438" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Boehm K et al.: Front Surg 2018; 5: 2 <strong>2</strong> Nasu Y et al.: EAU 2019, Abstract 85 <strong>3</strong> Hajdinjak T et al.: EAU 2019, Abstract 39 <strong>4</strong> Mouraviev V et al.: EAU 2019, Abstract 38 <strong>5</strong> Bonkat G et al.: EAU Guidelines on Urological Infections 2018: 41-2</p>
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</p>