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Gesundheit und Politik

Historisches Defizit in der Krankenversicherung: Regierung auf der Suche nach Milliarden

Berlin - Auf die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland kommen im nächsten Jahr höhere Beiträge zu. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag solle um 0,3 Prozentpunkte steigen, kündigte Gesundheitsminister Karl Lauterbach am Dienstag in Berlin an. Dies bringe voraussichtlich zwischen 4,8 und 5 Milliarden Euro ein. Die Beitragserhöhung solle Teil eines Maßnahmenpakets zur Deckung eines Defizits von 17 Milliarden Euro sein. Leistungskürzungen werde es nicht geben, so der Minister.

Zur Deckung des Defizits sind zudem ein erhöhter Steuerzuschuss in Höhe von zwei Milliarden Euro und ein Darlehen des Bundes im Ausmaß von einer Milliarde Euro geplant. Darüber hinaus müssten andere Reserven angegangen werden – sowohl beim Gesundheitsfonds als auch bei den Einzelkassen seien noch solche Reserven vorhanden. „Wir sind wirklich in einer schwierigen Situation“, so Lauterbach. „Bei den Kassen sind noch etwa vier Milliarden Reserven, die wir heranziehen können und werden.“ Im Fonds seien es 2,4 Milliarden Euro.

Die Reserven und die Verbreiterung der Einnahmenbasis würden von den 17 Milliarden etwas mehr als 14 Milliarden abdecken, führte Lauterbach aus. Rund drei Milliarden Euro würden aus Effizienzverbesserungen gehoben. Hierbei sei eine Solidarabgabe für die Pharmaindustrie hervorzuheben, die zuletzt erhebliche Umsatzsteigerungen habe verzeichnen können, so Lauterbach. Angepeilt werde eine einmalige Abgabe von einer Milliarde Euro.

Ursachenforschung für Milliarden-Defizit

Endgültig festgelegt wird der durchschnittliche Zusatzbeitrag durch einen offiziellen Schätzerkreis im Herbst. In diesem Jahr bekommen die Kassen schon einen aufgestockten Bundeszuschuss von 28,5 Milliarden Euro. Damit sollte der durchschnittliche Zusatzbeitrag vorerst bei 1,3 Prozent gehalten werden. Die konkrete Höhe ihres jeweiligen Zusatzbeitrags legen die Kassen selbst fest. Der gesamte Beitrag umfasst daneben den allgemeinen Satz von 14,6 Prozent des Bruttolohns.

Lauterbach teilte mit, über die geplante Finanzierung des Milliardenlochs der Krankenversicherung habe er lange mit Finanzminister Christian Lindner verhandelt. Nun gehe „ein guter Kompromiss“ in die Ressortabstimmung der Regierung.

„Finanzielle Atempause“

Anfang des Monats hatte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) das erwartete Milliardendefizit für 2023 unter anderem auf politische Entscheidungen in der Vergangenheit zurückgeführt. So hätten Gesetze für mehr Pflegepersonal oder kürzere Wartezeiten beim Arzt allein dauerhaft Mehrkosten von fünf Milliarden Euro pro Jahr zur Folge.

Verbandschefin Doris Pfeiffer kommentierte die nun vorgelegten Eckpunkte mit den Worten, dass diese „der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt allenfalls eine finanzielle Atempause verschaffen“. Das Aufbrauchen von Rücklagen sei „keine solide und nachhaltige Finanzierung“. (ag/red)

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