© mediamasmedia iStockphoto

Covid-19

Die unterschätzte Rolle des sinunasalen Raums

Der sinunasale Raum spielt in der Symptomatologie von Covid-19 eine eher geringe Rolle. Umso wichtiger ist er jedoch für die Infektion mit SARS-CoV-2 und für die Übertragung des Virus. Ein relativ häufiges Symptom, das sehr wohl mit dem Nasenraum verknüpft ist, ist der Verlust oder die Einschränkung des Geruchssinns.

Keypoints

  • Der sinunasale Raum spielt bei der Infektion mit und der Transmission von SARS-CoV-2 eine wichtige Rolle. Die ­Viruslast ist in der Nase besonders hoch.

  • Im Gegensatz dazu spielt in der Symptomatologie von Covid-19 der Nasen-Rachen-Raum eine eher geringe Rolle.

  • Eine Ausnahme davon stellt die nicht selten auftretende Störung des Geruchssinns dar.

Die Todesursache bei Covid-19 liegt zumeist im unteren Respirationstrakt. Dennoch spielt der sinunasale Raum bei der Infektion und Übertragung von SARS-CoV-2 eine erhebliche Rolle. Darauf weist auch ein im April 2020 erschienener systematischer Review hin. Von über 2013 auf Englisch oder Chinesisch erschienenen Studien wurden 19 ausgewählt.

Infektion

Man kann davon ausgehen, dass ein Großteil der Infektionen mit SARS-CoV-2 über den Nasen-Rachen-Raum geht – dies schon deshalb, weil mindestens 90% aller Einatmungen durch die Nase erfolgen. Es gibt zudem die Hypothese, dass auch die Infektion über die Augen in Wirklichkeit (auf dem Weg über virusbeladene Tränenflüssigkeit) über die Nase verläuft.

Der ACE2-Rezeptor, den SARS-CoV-2 verwendet, um in die Zelle zu gelangen, wird im Flimmerepithel und in den Becherzellen des Epithels der Nasenhöhle in hohem Ausmaß exprimiert. TMPRSS2, ein weiteres Protein, das für den Zelleintritt des Virus erforderlich ist, wird ebenfalls in großer Menge im Epithel der Nasenhöhle und des oberen Respirationstrakts gebildet.

Transmission

Der Hauptmodus der Transmission von SARS-CoV-2 verläuft ebenfalls durch den oberen Respirationstrakt. Die Ausscheidung des Virus über die Nasenschleimhaut erfolgt früh im Verlauf der Erkrankung und beginnt, noch bevor eine Ausscheidung im unteren Respirationstrakt erfolgt. In manchen Fällen wird das Virus über den oberen Atemtrakt auch dann noch ausgeschieden, wenn die Ausscheidung in den tiefen Atemwegen nicht mehr nachweisbar ist. Ein Vergleich von Nasen- und Rachenabstrichen bei 17 symptomatischen Covid-19-Patienten zeigte in der Nase eine höhere Viruslast, ein Muster, das auch von der Influenza bekannt ist und das sich zwischen symptomatischen und asymptomatischen Patienten nicht unterscheidet.

Sinunasale Symptome und olfaktorische Dysfunktion

In Anbetracht der Bedeutung des sinunasalen Raums für die Infektion und Transmission von SARS-CoV-2 ist es eigentlich erstaunlich, dass bei Covid-19 verhältnismäßig wenig über sinunasale Symptome berichtet wird, dafür umso mehr über Symptome der tiefen Atemwege.

Eine Ausnahme stellt die olfaktorische Dysfunktion dar. Das olfaktorische Epithel ist nur ca. 9cm2 groß und weit oben in der Nasenhöhle angesiedelt. Dies ist aber ein Bereich, der eine Art Hotspot für die Infektion mit SARS-CoV-2 darstellt – insofern ist es nicht verwunderlich, dass die olfaktorische Funktion in Mitleidenschaft gezogen wird.

Zudem könnte das Virus auch eine Neurotropie zu den olfaktorischen Neuronen aufweisen, wie das für andere Coronaviren, etwa SARS-CoV-1 (das die olfaktorischen Neuronen als direkte Route ins ZNS nützt), gezeigt wurde. Der ACE2-Rezeptor wird auch auf Neuronen exprimiert und mit neurodegenerativen Prozessen assoziiert.

Die Hyposmie oder Anosmie bei Covid-19 setzt meist zwei bis drei Tage nach Symptombeginn ein und bildet sich bei vielen nach fünf bis zehn Tagen zurück, wenngleich sie bei manchen Patienten auch erheblich länger persistiert.

Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl

Quelle:
Gengler I et al.: Sinonasal pathophysiology of SARS-CoV-2 and Covid-19: A systematic review of the current evidence. Laryngoscope Investig Otolaryngol 2020; 5(3): 354-9

Back to top