Biologika-Therapie: Pipeline und Klinik
Bericht: Reno Barth
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Biologika bieten die Option, in die hinter der atopischen Dermatitis stehenden Immunprozesse gezielt einzugreifen. Dieser Weg wurde zuerst mit dem Anti-IL-4/IL-13-Antikörper Dupilumab erfolgreich beschritten. Mittlerweile befinden sich mehrere Biologika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen in fortgeschrittener Entwicklung oder bereits im klinischen Einsatz.
Atopische Dermatitis (AD) ist die häufigste Hauterkrankung. In den USA sind rund 7% der Gesamtbevölkerung und 15% der Kinder betroffen, so Prof. Dr. med. Emma Guttman-Yassky, Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York. In Europa dürften die Zahlen etwas niedriger sein, in Asien höher. Bei zwischen 20 und 40% der AD-Patienten ist die AD moderat bis schwer ausgeprägt. Damit besteht hoher Bedarf an wirksamer langfristiger Krankheitskontrolle. Gerade auf diesem Gebiet konnten in den letzten Jahren auf Basis eines vertieften pathophysiologischen Verständnisses der Erkrankung erhebliche Fortschritte erzielt werden, so Guttman-Yassky. Im Gegensatz zu den klassischen immunsuppressiven Therapien können nun gezielte Strategien verfolgt werden. Das reduziert Nebenwirkungen und Risiken und ermöglicht so die langfristige Anwendung. Diese ist wichtig, denn bei AD geht es um mehr als um Entzündung in der Haut. So zeigen populationsbasierte Studien Assoziationen zwischen AD und kardiovaskulärem Risiko sowie die Erhöhung von Biomarkern, die auf Atherosklerose hinweisen. Guttman-Yassky: «Daher sollte man an systemische Therapien denken, wenn mehr als 10% der Körperoberfläche von AD betroffen sind. Topische Therapie genügt dann nicht.»
Die aktuellen Entwicklungen in der AD-Therapie bezeichnete Guttman-Yassky als translationale Revolution. Diese nahm ihren Anfang mit Dupilumab, einem gegen Interleukin(IL)-4 und IL-13 gerichteten Antikörper. Beide Zytokine tragen wesentlich zur bei AD gestörten Funktion der Hautbarriere bei. In der Phase III wurde mit Dupilumab in Monotherapie bei rund der Hälfte der Patienten ein EASI(Eczema Area and Severity Index)-75-Ansprechen erreicht, wie eine gepoolte Analyse der Studien LIBERTY AD SOLO 1 und LIBERTY AD SOLO 2 zeigte (Abb.1).1 Rund ein Drittel erreichte EASI 90, also weitgehende Erscheinungsfreiheit.2 Die Verträglichkeit ist gut, als häufigstes Problem tritt bei rund 15% der Patienten unter Therapie mit Dupilumab Konjunktivitis auf. Diese Ergebnisse seien zwar besser als alles, was davor möglich war, dabei allerdings immer noch schlechter als die Erfolge, die beispielsweise bei Psoriasis erzielt werden, so Guttman-Yassky. Es bestehe daher nach wie vor Bedarf an besser wirksamen Therapien.
Abb. 1:EASI-Ansprechen unter Dupilumab – gepoolte Studienanalyse über 16 Wochen (modifiziert nach Ferrándiz C et al. 2017)1
Neue Therapieziele mit Tralokinumab und Lebrikizumab
Untersucht werden unter anderem die Antikörper Tralokinumab und Lebrikizumab, die nicht den gesamten TH2-Signalweg (IL-4 und IL-13) blockieren, sondern selektiv IL-13. In den beiden ADVOCATE-Studien wurde mit Lebrikizumab bei 50 bis 60% der behandelten Patienten EASI-75-Ansprechen und damit der primäre Endpunkt erreicht.3 Damit ist die Effektgrösse bei IL-13-Inhibition und IL-4/IL-13-Inhibition in etwa vergleichbar. Guttman-Yassky: «Man kann die Studien natürlich nicht so einfach vergleichen, aber die Daten legen schon nahe, dass IL-13 das entscheidende Zytokin bei der AD ist.» In der Verlängerungsstudie über 52 Wochen wurde mit der Dosierung alle vier Wochen ein ähnlich gutes Ergebnis beobachtet wie bei Applikation alle zwei Wochen. Ebenso wurde mit Tralokinumab eine gute und lange anhaltende Wirksamkeit demonstriert.4 Konjunktivitis ist auch mit den Anti-IL-13-Biologika relativ häufig. Die nächste Generation der Anti-IL-13-Biologika befindet sich auch bereits in klinischen Studien. Für APG-777, einen IL-13-Inhibitor mit verlängerter biologischer Halbwertszeit, wurde in einem Late-Breaking Abstract im Rahmen des EADV 2025 ein PASI-75-Ansprechen bei fast 70% der Patienten berichtet, wobei der Anteil der Responder bis zum Ende der Beobachtungszeit nach 16 Wochen noch im Steigen begriffen war.5
Anti-IL-31-Antikörper Nemolizumab
Ebenfalls in der Indikation atopische Dermatitis getestet wird Nemolizumab, ein gegen das für den Juckreiz bedeutsame Zytokin IL-31 gerichteter Antikörper. In den ARCADIA-Studien wurden EASI-75-Ansprechraten knapp unter 50% beobachtet.6 Guttman-Yassky fügte allerdings hinzu, dass das Ansprechen bei Patienten mit ausgeprägtem Pruritus etwas besser war. Diese seien die ideale Zielgruppe für diese Therapie. In den Studien trat keine Konjunktivitis auf.
Antikörper gegen den OX40-Rezeptor/-Liganden
Ein weiteres potenzielles neues Target in der AD-Therapie ist der OX40-Rezeptor bzw. sein Ligand. OX40 wird primär von aktivierten T-Zellen exprimiert und bindet an den OX40-Liganden auf antigenpräsentierenden Zellen. Mit Rocatinlimab und Amlitelimab werden aktuell zwei Antikörper, die in diese Interaktion eingreifen, in Phase-III-Studien untersucht. Guttman-Yassky betonte, dass in den Phase-III-Studien lang anhaltendes Ansprechen auch über das Absetzen der Studienmedikation hinaus beobachtet wurde. Erste präsentierte Phase-III-Ergebnisse mit Rocatinlimab zeigen signifikante Überlegenheit im Vergleich zu Placebo, wobei die Effektgrössen etwas kleiner waren als mit anderen Biologika. Guttman-Yassky wies allerdings darauf hin, dass sich die Wirkung von Rocatinlimab relativ langsam entfaltet und das Follow-up mit 24 Wochen daher etwas kurz gewählt war. Phase-III-Ergebnisse zu Amlitelimab wurden bislang nur als Presseaussendung vorgestellt. Auch hier wurde signifikante Überlegenheit gegenüber Placebo demonstriert.
Quelle:
Session «Atopic dermatitis», Vortrag «New and upcoming treatments» von Prof. Dr. med. Emma Guttman-Yassky, New York, EADV Congress, 18. September 2025
Literatur:
1 Ferrándiz C et al.: Duplimab in moderate-to-severe atopic dermatitis: pooled efficacy results from two identically designed randomized phase 3 trials (SOLO 1 & 2). Presented at EADV 2017, 13.-17. September 2017, Genf 2 Thaçi D et al.: Efficacy and safety of dupilumab monotherapy in adults with moderate-to-severe atopic dermatitis: a pooled analysis of two phase 3 randomized trials (LIBERTY AD SOLO 1 and LIBERTY AD SOLO 2). J Dermatol Sci 2019; 94(2): 266-75 3 Silverberg JI et al.: Two phase 3 trials of lebrikizumab for moderate-to-severe atopic dermatitis. N Engl J Med 2023; 388(12): 1080-91 4 Blauvelt A et al.: Long-term 2-year safety and efficacy of tralokinumab in adults with moderate-to-severe atopic dermatitis: Interim analysis of the ECZTEND open-label extension trial. J Am Acad Dermatol 2022; 87(4): 815-24 5 Guttman-Yassky E et al.: EADV 2025, Presentation #D3T01.4A 6 Silverberg JI et al.: Nemolizumab with concomitant topical therapy in adolescents and adults with moderate-to-severe atopic dermatitis (ARCADIA 1 and ARCADIA 2): results from two replicate, double-blind, randomised controlled phase 3 trials. Lancet 2024; 404(10451): 445-60
Das könnte Sie auch interessieren:
Es lohnt sich zu wissen, was das Immunsystem beschäftigt
Die atopische Dermatitis lässt sich mit topischen Steroiden und Calcineurin-Inhibitoren sicher und häufig gut behandeln. Ausserdem hat sich das Spektrum der Systemtherapeutika deutlich ...
Nächster Halt: Krankheitsmodifikation?
Galten vor einigen Jahren Therapieziele wie Psoriasis Area and Severity Index (PASI) 100 oder Dermatology Life Quality Index (DLQI) 0/1 noch als schwer erreichbar, sind sie bei der ...
Psoriasis – Update der Behandlungsziele
Ziel der Psoriasistherapie ist heute, dass die Haut nahezu erscheinungsfrei wird und der Patient eine normale Lebensqualität hat. Dank Biologika gelingt dies in vielen Fällen. Wann man ...