Akne & entzündliche Gesichtsdermatosen: Was gibt es Neues?
Autorin:
Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Julia Valencak
Universitätsklinik für Dermatologie
Medizinische Universität Wien
E-Mail: julia.valencak@meduniwien.ac.at
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Entzündliche Dermatosen des Gesichts stellen den häufigsten Konsultationsgrund bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der dermatologischen Praxis dar. Eine dominante Rolle spielt hierbei die Acne vulgaris, während Rosazea und periorale Dermatitis ebenfalls zu den Diagnosen mit der höchsten Prävalenz zählen. Die folgende Übersicht über Krankheitsbilder und evidenzbasierte Therapieansätze bietet eine praxisrelevante und zugleich wissenschaftlich fundierte Hilfestellung zu den wichtigsten entzündlichen Gesichtsdermatosen.
Keypoints
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Die Akne ist eine Erkrankung des Talgdrüsenapparates und betrifft ca. 70–90% aller Jugendlichen in den industrialisierten Ländern. Sie ist in der Regel sehr gut behandelbar, je nach Grad der Entzündung durch topische Produkte oder durch systemische Medikation. Ziel der Therapie ist die Vermeidung von Narben.
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Die Rosazea ist eine chronische, oft rezidivierende Gesichtshautentzündung, welche genetisch disponiert ist, mit entzündlichen Magen-Darm-Erkrankungen assoziiert ist und sich durch eine neuro-vegetative Dysfunktion auszeichnet. Eine große pathogenetische Rolle spielt auch die Demodex-Milbe.
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Die periorale/periorbitale Dermatitis ist eine entzündliche Gesichtshauterkrankung, die vorwiegend periorifiziell auftritt und bevorzugt Frauen betrifft. Die Ursachen sind zumeist exogen: topische „Überpflegung“ der Gesichtshaut und /oder Anwendung kortikoidhaltiger Cremen.
Acne vulgaris
Es gibt bis heute keinen internationalen Standard für die Klassifikation und die Gradeinteilung der Acne vulgaris. In Europa wurden zuletzt 2016 Guidelines zur Aknetherapie publiziert,1 die USA haben letztes Jahr ihre Leitlinien aktualisiert.2
Ein nach wie vor sinnvoller Ansatz ist die klinische Einteilung der Acne vulgaris in drei Grade (I–III), da sich die Therapie an der Gradeinteilung orientieren kann. Die Grade I–II können zumeist gut mit lokaler Therapie behandelt werden, bei Grad-III-Akne sollte systemischen Therapien der Vorzug gegeben werden, um Narben zu verhindern.
Die Krankheitsbelastung der Akne ist in allen Ländern mit hoher Akneprävalenz (alle westlichen Länder) sehr hoch. In der Altersgruppe zwischen 12 und 25 Jahren sind bis zu 85% betroffen, nach dem 25. Lebensjahr sind es vor allem Frauen, die von Akne betroffen sind, hier bis zu 35%.2,3
Die Basis jeder lokalen Aknetherapie ist die Behandlung der pathogenetischen Hauptfaktoren und sollte komedolytisch, keratolytisch, antibakteriell (Cutibacterium acnes) und talgreduzierend sein. Kombinationspräparaten ist der Vorzug zu geben. Die lokale Therapie sollte morgens und abends und über Monate hinweg angewandt werden.1–3
Tabelle 1 gibt einen Überblick über die lokalen Therapiemöglichkeiten und Präparate, die in Österreich erhältlich sind.
Tab. 1: Überblick über alle topischen rezeptpflichtigen Aknetherapien, die in Österreich verfügbar sind
Die schwer verlaufende Akne ist für behandelnde Ärzt:innen oft eine Herausforderung, da sie vor allem junge Adoleszente betrifft und ohne Systemtherapie nicht behandelt werden kann.
In der Erstlinie werden oft systemische Antibiotika verschrieben.1–4 Tabelle 2 zeigt die empfohlene Dosierung und die entsprechenden Präparate.
Für Mädchen/Frauen gibt es als Alternative zur systemischen Antibiotikatherapie die hormonelle Kontrazeption mit einer antiandrogenen Komponente. Eine zwar ältere, aber fundierte Studie konnte klar zeigen, dass beide Therapien nach 6 Monaten zum gleichen Ergebnis im klinischen Ansprechen der Aknetherapie führten.4
Wenn man die Empfehlungen aller Guidelines in Bezug auf die schwere Akne (Schweregrad III) mit Narbenbildung zusammenfasst, ist Isotretinoin das Mittel der Wahl:1–3
In der Regel wird eine Dosis von 0,3–0,5mg/kg Körpergewicht (KG) empfohlen. Die Dauer der Therapie soll mindestens 6 Monate betragen, und es gibt derzeit keine Evidenz, die für eine Erhaltungstherapie spricht.
Mit den erwähnten Therapien lässt sich die Akne in den allermeisten Fällen zuverlässig kontrollieren und zur vollständigen Abheilung bringen.
Abbildung 1A+B demonstrieren das bildlich.
Rosazea
Die seit Jahrhunderten bekannte entzündliche Gesichtshauterkrankung Rosazea wurde über viele Jahre hinweg auf Basis der damaligen Erkenntnisse in ihrer Pathogenese anders interpretiert und klassifiziert.
Heute wissen wir, dass die Rosazea eine komplexe, multifaktorielle Erkrankung ist, die sowohl immunologische als auch neurovaskuläre Mechanismen umfasst. Konkret kommt es zu einer dysregulierten, genetisch disponierten Immunantwort. Eine weitere Schlüsselrolle hat der Toll-like-Rezeptor 2 (TLR2), der auf Keratinozyten und Immunzellen überexprimiert ist und auf gewisse mikrobielle Reize (vor allem Demodex folliculorum und auch Staphylokokken) mit einer Entzündungskaskade reagiert.5,8–9
Die Einteilung der Rosazea erfolgt heute nach dem Phänotyp, der alle klinischen Merkmale miteinbezieht und auch bereits wegweisend die Therapieoptionen vorgibt. Je nach Morphologie kann unterschiedlich therapiert werden.5
Etwa 75% der Rosazeapatient:innen zeigen ein transientes oder persistierendes Erythem (mit oder ohne Papeln und Pusteln) und oft auch Symptome wie Brennen oder Juckreiz. Auch eine okuläre Beteiligung ist nicht selten und zeigt sich zumeist in einer Blepharitis und/oder Konjunktivitis.
In den letzten Jahren konnte auch ganz klar der bidirektionale Zusammenhang mit entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Zöliakie, Colon irritabile und Helicobacter-pylori-assoziierten Erkrankungen gezeigt werden.6
Auch ein Zusammenhang mit dem metabolischen Syndrom und Ernährungsfaktoren besteht: Geringe Muskelmasse und hohe Nüchternglukosewerte fördern entzündliche Schübe. Im Gegensatz zur Acne vulgaris scheinen Milch, Schokolade und Alkohol keine kausalen Auslöser, sondern lediglich Triggerfaktoren zu sein.7
Die Therapie der Rosazea umfasst lokale und systemische Maßnahmen, abhängig von Schweregrad und Subtyp. Gute Ergebnisse kann man erzielen mit Azelainsäure, Metronidazol-Gel oder Ivermectin 1-%-Creme (überlegen in der Wirksamkeit). Das Erythem reagiert gut auf Pimecrolimus-Creme.5
Bei moderaten bis schweren oder therapierefraktären Verlaufsformen erfolgt eine systemische Behandlung. Doxycyclin in subantimikrobieller Dosierung (40mg/Tag) wirkt antiinflammatorisch und ist Mittel der Wahl bei entzündlichen Läsionen und auch das einzig zugelassene Systemtherapeutikum bei Rosazea.9
Bei wiederholten Rezidiven oder dauerhaft nötiger Therapie mit dem Doxycyclin ist eine niedrig dosierte Isotretinoin-Therapie (meist 10mg/Tag) die Therapie der Wahl. Wichtig ist die Aufklärung über die Off-Label-Anwendung und bei Frauen im gebärfähigen Alter auch die Aufklärung in Bezug auf die Teratogenität des Vitamin-A-Derivats. Mit Isotretinoin lassen sich zumeist deutlich längere rezidivfreie Intervalle erreichen. Die Therapie ist auch in den Leitlinien verankert.5
Periorale/periorbitale Dermatitis
Die periorale Dermatitis ist eine Gesichtshautentzündung mit hoher Rezidivrate und unbekannter Ursache. Junge Frauen sind viel häufiger davon betroffen. Es kommt zumeist perioral, aber auch periorbital zum Auftreten von Rötungen und Papeln, welche oft auch symptomatisch sind. Prädisponierend für das Auftreten einer periorbitalen Dermatitis sind: seborrhoische Konstitution, atopische Neigung und der Gebrauch von zahlreichen Pflegekosmetika. Ein weiterer Hauptfaktor für das Auftreten einer perioralen Dermatitis sind lokal angewandte Glukokortikoid-haltige Cremes oder Salben, die bei banalen Rötungen der Gesichtshaut aufgetragen wurden. Abbildung 2 A+B verdeutlichen, wie ausgeprägt die Entzündung sein kann. Je nach Ausprägung, Klinik und Länge des Bestehens der Entzündung kommen sowohl lokale Therapien (Motto: „Weniger ist mehr“) als auch eine systemische Doxycyclin-Therapie infrage. Der therapeutische Grundpfeiler ist das Absetzen bzw. Pausieren aller bisher angewandten Kosmetikprodukte, topisch nur eine blande Pflege und bei milder Ausprägung Erythromycin-haltige Cremen und/oder Pimecrolimus-Creme. Bei langem Bestehen und starker klinischer Ausprägung ist Doxycyclin mit 50mg/Tag eine empfohlene Therapie. Auch die spezielle Formulierung von Doxycyclin 40mg/Tag mit veränderter Wirkstofffreisetzung zeigt ein sehr gutes (langsames) Therapieansprechen.10
Mit einer Therapiedauer von 4 bis 8 Wochen ist in den meisten Fällen zu rechnen.
Schlussfolgerung
Während sich die hier in gebotener Kürze behandelten Gesichtshauterkrankungen in Auftreten, Ursache und Verbreitung unterscheiden, lassen sich alle im Wesentlichen durch gezielte und individuelle Therapieansätze effektiv kontrollieren und zur Abheilung bringen, was zu einer spürbar verbesserten Lebensqualität der Betroffenen führt.
Literatur:
1 Nast A et al.: European evidence-based (S3) guideline for the treatment of acne - update 2016 - short version. J Eur Acad Dermatol Venereol 2016; 30(8): 1261-8 2 Reynolds R et al.: Guidelines of care for the managemnet of acne vulgaris. J Am Acad Dermatol 2024; 90(5): 1006.e1-30 3 Zaengelein AL: Acne vulgaris. New Engl J Med 2018; 379 (14): 1343-52 4 Koo EB at al.: Meta-analysis comparing efficacy of antibiotics versus oral contraceptives in acne vulgaris. J Am Acad Dermatol 2014; 71(3): 450-90 5 Schaller M et al.: Recommendations for rosacea diagnosis, classification and management: update from the global ROSacea COnsensu (ROSCO) 2019 panel. Br J Dermatol 2020; 182(5): 1269-76 6 Han J et al.: The relationship between inflammatory bowel disease and rosacea over the lifespan: a meta-analysis. Clin Res Hepatol Gastroenterol 2019; 43(4): 497-502 7 Akin Belli A et al.: The relationship between rosacea and insulin resistance and metabolic syndrome. Eur J Dermatol 2016; 26(3): 260-4 8 Schaller M, Pietschke K: Successful therapy of ocular rosacea with topical ivermectin. Br J Dermatol 2018; 179(2): 520-1 9 Schaller M et al.: A randomized phase 3b/4 study to evaluate concomitant use of topical ivermectin 1% and doxycycline 40 mg modified release capsules versus topical ivermectin 1% cream and placebo in the treatment of severe rosacea. J Am Acad Dermatol 2020; 82(2): 336-43 10 Gray NA et al.: Pharmacological interventions for periorificial (perioral) dermatitis in children and adults: a systematic review. J Eur Acad Dermatol Venereol 2022; 36(3): 380-90
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