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DGU-Kongress

Rekonstruktion bei „buried penis“ oder „Paraffinom“

<p class="article-intro">Die Ätiogenese des adulten „buried penis“ unterscheidet sich vom kongenitalen Typ grundsätzlich. Somit sind auch die rekonstruktiven Verfahren nicht mit dem Vorgehen beim Kind vergleichbar. Paraffinome stellen eine Sonderform des „buried penis“ dar und erfordern je nach Befund ein individualisiertes Vorgehen.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Adipositas, Diabetes und Lichen sclerosus als typische Ausl&ouml;ser des adulten &bdquo;buried penis&ldquo;</h2> <p>Adipositas, gerade im Sinne einer Stammfettsucht, gilt als Trigger f&uuml;r die Entwicklung eines &bdquo;buried penis&ldquo;. Es finden sich hierzu zwar keine epidemiologischen Angaben, aber es ist im Angesicht einer zunehmenden Adipositaspr&auml;valenz und der demografischen Entwicklung davon auszugehen, dass das Krankheitsbild sich relevant h&auml;ufen wird.<sup>1</sup><br /> Die distale Verlagerung des pr&auml;pubischen Fettgewebes und die zunehmende Invagination des Penisschaftes f&uuml;hren zur Beeintr&auml;chtigung der Miktion mit chronischem Urinkontakt und rezidivierenden Entz&uuml;ndungen. Ein gleichzeitig bestehender Diabetes mellitus versch&auml;rft die Problematik und pr&auml;disponiert zur Ausbildung einer Phimose, die dann h&auml;ufig in einen Lichen sclerosus der Vorhaut und Glans mit weiterer narbiger Schrumpfung &uuml;bergeht. Eine alleinige Zirkumzision f&uuml;hrt in diesen F&auml;llen zu keiner L&ouml;sung des Problems, sondern verschlimmert die Invagination des Penis durch zus&auml;tzlichen Hautverlust. Je nach Auspr&auml;gungsgrad und Begleiterkrankungen kann eine Klassifikation der Schweregrade eines &bdquo;buried penis&ldquo; erfolgen, die dann auch ein individualisiertes operatives Vorgehen erlaubt (Tab. 1). Wie aus der Tabelle ersichtlich, reicht je nach Stadium die operative Therapie von der alleinigen Fettsch&uuml;rzenresektion bis zur Defektdeckung des Penisschaftes mit Hauttransplantaten oder lokalen Lappenplastiken. Hierbei kann eine vollst&auml;ndige Mobilisation des Penisschaftes mit Durchtrennung der Ligamenta suspensoria und Ankern&auml;hten der Corpora an tieferen Strukturen erforderlich werden.<sup>3, 4</sup><br /> Wenn nach der Fettsch&uuml;rzenresektion oder Lipektomie und nach der Mobilisation des Penisschaftes Hautdefekte entstehen, so bietet sich die bei der Lipektomie mitentnommene Haut als Vollhauttransplantat an (Abb. 1a&ndash;c).<br /> Die verbliebene Erektionsfunktion des Penis bestimmt ebenfalls das Vorgehen bei der Defektdeckung: Bei guter Erektionsfunktion sollte Vollhaut gew&auml;hlt werden, da sie eine geringere Schrumpfungstendenz als Spalthaut aufweist. Die Meshung dieser Haut sollte von Hand mit dem Messer erfolgen. Bei schlechter Erektionsf&auml;higkeit und dem bestehenden Wunsch nach Erhaltung der Kohabitationsf&auml;higkeit kann die gleichzeitige Implantation einer Penisprothese erwogen werden. Bei &auml;lteren Patienten ohne Kohabitationswunsch kann auch gemeshte Spalthaut verwendet werden, die bei besserem &bdquo;Take&ldquo; jedoch eine h&ouml;here Schrumpfungstendenz aufzeigt.<br /> Alternativ zur freien Hauttransplantation k&ouml;nnen ein- oder zweiseitige Schwenklappenverfahren aus Skrotalhaut zum Einsatz kommen. Voraussetzung hierf&uuml;r ist jedoch ein ausreichend gro&szlig;es Skrotum. Die Beseitigung der Fettsch&uuml;rze sollte im &Uuml;brigen im Sinne einer Lipektomie, einer Pannikulektomie oder einer Bauchwandplastik erfolgen, und nicht mittels einer Aspirationslipektomie, da hierdurch keine ausreichende Entfernung der &uuml;berh&auml;ngenden Hautfalten erfolgt. Im eigenen Vorgehen hat sich bei komplexen Situationen die Kooperation mit einem kompetenten plastischen Chirurgen bew&auml;hrt. Postoperativ wird eine mehrt&auml;gige Bettruhe empfohlen, wobei der Penis mit einem nahtfixierten Druckverband in senkrechter Position unter Dauerkatheterableitung f&uuml;r 6 Tage fixiert und stabilisiert wird (Abb. 1c).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1904_Weblinks_urologik_uro_1904_s22_tab1_sohn.jpg" alt="" width="550" height="332" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1904_Weblinks_urologik_uro_1904_s22_abb1_sohn.jpg" alt="" width="800" height="292" /></p> <h2>Paraffinome: fast immer nach Injektion von Fremdmaterial durch Nichtmediziner</h2> <p>Eine Ausnahme stellt hier die Injektion von fl&uuml;ssigem Silikon durch einige plastische Chirurgen dar, die jedoch als obsolet betrachtet wird. Die erste Publikation &uuml;ber die Folgen der penilen Injektionen von fl&uuml;ssigem Paraffin&ouml;l geht auf das Jahr 1899 zur&uuml;ck. Diese Form der &bdquo;penilen Augmentation&ldquo; ist vor allem in Asien und in einigen osteurop&auml;ischen L&auml;ndern verbreitet, insbesondere in dortigen Gef&auml;ngnissen (Hungarian Jailhouse Rock 2012).<sup>5</sup> Durch Granulombildung und Infektion kommt es im weiteren Verlauf zu zahlreichen Komplikationen wie sekund&auml;rer Phimose, massiver Plaquebildung, Ulzerationen und Hautnekrosen bis zur Fournier&rsquo;schen Gangr&auml;n. Das Subkutangewebe des Penis und gegebenenfalls auch des Skrotums verh&auml;rtet sich, wird unelastisch und knotig aufgetrieben, wobei die dar&uuml;ber liegende Haut nicht mehr verschieblich ist. Im Endeffekt kommt es zur Ausbildung einer Sonderform des &bdquo;buried penis&ldquo;. Es handelt sich fast immer um j&uuml;ngere, sexuell aktive Patienten ohne wesentliche Begleiterkrankungen.<sup>6</sup><br /> Konservative Therapieoptionen bestehen nicht, sodass lediglich operative Verfahren eine Option f&uuml;r die Wiedererlangung der Kohabitationsf&auml;higkeit darstellen. Die Vorgehensweise orientiert sich dabei am Schweregrad und der Ausdehnung der Granulombildung. Bei erhaltener Durchblutung der &uuml;ber den Granulationen liegenden Haut und guter Verschieblichkeit k&ouml;nnen Resektionen unter Erhalt der Schafthaut m&ouml;glich sein, in der Mehrzahl der F&auml;lle ist jedoch mit einem teilweisen oder vollst&auml;ndigen Verlust der Penisschafthaut zu rechnen. Analog zu operativen Techniken bei &bdquo;buried penis&ldquo; k&ouml;nnen die Hautdefekte dann mit freien Hauttransplantaten (Vollhaut oder dicke Spalthaut 0,5 mm) oder mit gestielten Lappen bei ausreichend gro&szlig;em Skrotum gedeckt werden (Abb. 2a&ndash;d).<br /> Bei Verwendung von Spalthaut empfiehlt sich anstatt der &uuml;blichen 1:1,5- Meshung des Transplantates ein sogenannter Mikromesh mit um 90&deg; gedrehten Meshplatten, um einen guten Take und gleichzeitig ein zufriedenstellendes kosmetisches Ergebnis zu erreichen (Abb. 2c, d). Der Spalthaut sollte durch zahlreiche Quilting-Sutures ein sicherer Sitz und Take erm&ouml;glicht werden. Postoperativ erfolgt eine Fixierung des Penis im Kompressionsverband mit Hautn&auml;hten in aufrechter Position f&uuml;r 5&ndash;6 Tage (Abb. 1c). Einer potenziellen Schrumpfung sollte f&uuml;r 3 Monate durch Tragen eines penilen Stretchersystems und durch Einnahme von Tadalafil 5mg pro Tag vorgebeugt werden.<br /> An unserer Klinik wurden von 2015 bis 2019 14 Patienten mit ausgedehnten Paraffinomen operiert, wobei nur in 2 F&auml;llen eine Hautdeckung ohne freies Transplantat m&ouml;glich war. Das Durchschnittsalter lag bei 41 Jahren. Im gleichen Zeitraum wurden 14 Patienten mit einem &bdquo;buried penis&ldquo; operiert, die s&auml;mtlich Voll- oder Spalthauttransplantate zur Defektdeckung ben&ouml;tigten. Alle Hauttransplantate gingen zufriedenstellend an, bis auf eine Teilnekrose, die sp&auml;ter durch erneute Spalthautdeckung erfolgreich versorgt wurde.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1904_Weblinks_urologik_uro_1904_s23_abb2_sohn.jpg" alt="" width="800" height="292" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die Pr&auml;valenz von Patienten mit &bdquo;buried penis&ldquo; steigt auch aufgrund einer zunehmenden Anzahl hochadip&ouml;ser Patienten an. Die operative Therapie sollte stadienorientiert und an den individuellen Bed&uuml;rfnissen ausgerichtet sein. Eine mehr oder weniger ausgepr&auml;gte Lipektomie ist integraler Bestandteil der verschiedenen Operationstechniken, h&auml;ufig kombiniert mit freien Vollhauttransplantaten oder einoder zweizeitiger Verschiebelappenplastik.<br /> Die operative Versorgung von Paraffinomen &ndash; einer Sonderform des &bdquo;buried penis&ldquo; &ndash; beinhaltet in der Mehrzahl der F&auml;lle die Notwendigkeit von gro&szlig;fl&auml;chigen Defektdeckungen im Penisschaft- oder sogar Skrotalbereich. Auch hier k&ouml;nnen sowohl freie Spalthauttransplantate als auch gestielte Lappenplastiken zur Anwendung kommen. Die postoperative Anwendung von penilen Stretchersystemen verhindert eine m&ouml;gliche Schrumpfung der Transplantate.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> M&uuml;hlst&auml;dt S et al.: Plastisch-chirurgische Rekonstruktion des adulten &bdquo;buried Penis&ldquo;. Der Urologe 2017; 56: 1266-73 <strong>2</strong> Mirastschijski U et al.: Buried penis: a comprehensive review on aetiology, classification and plastic-surgical reconstruction. Handchir Mikrochir Plast Chir 2017; 49(2): 78-84 <strong>3</strong> Jun MS et al.: Contemporary management of adult-acquired buried penis. BJUI Intl 2018; 122: 713-5 <strong>4</strong> Riechardt S, Fisch M: Der vergrabene Penis. Der Urologe 2013; 52: 1430-3 <strong>5</strong> Bajory Z et al.: Surgical solutions for the complications of the vaseline self-injection of the penis. J Sex Med 2013; 10: 1170-7 <strong>6</strong> Downey AP et al.: Penile Paraffinoma. Eur Urol Focus 2019; 5: 894-8</p> </div> </p>
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