© byryo iStockphoto

Pessartherapie in der Urogynäkologie

Für jede Indikation eine Lösung?

<p class="article-intro">Die Pessartherapie wird als Überbrückung, bis weitere konservative Massnahmen oder operative Behandlungen zum Erfolg führen, als Ergänzung anderer Therapien oder als Langzeitbehandlung verwendet. Pessare reduzieren oder verhindern mechanisch den Urinverlust oder reponieren bei Senkungen die Organe an ihren ursprünglichen Platz. Sie steigern die Lebensqualität und soziale Integration der Betroffenen. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Pessartherapie ist die Erfahrung des behandelnden Teams.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Pessartherapie ist eine effektive Sofortl&ouml;sung zur Symptombehebung bei urogyn&auml;kologischen Beschwerden.</li> <li>Sie hilft rasch und effektiv bei der sozialen Reintegration.</li> <li>Pessare werden vor&uuml;bergehend bis zur Heilung, operativen Sanierung oder als Langzeittherapie eingesetzt.</li> <li>Eine gute Anpassung der verschiedenen Pessarmodelle (Material, Form, Gr&ouml;sse) ist wichtig f&uuml;r den Erfolg der Therapie und die Compliance der Patientin.</li> <li>Professionelle Beratung und Begleitung der Patientinnen sind ebenfalls essenziell bei der Pessartherapie.</li> <li>Grunds&auml;tzlich gilt: Ringpessar bei Belastungsinkontinenz, W&uuml;rfelpessar bei Senkung.</li> <li>Bei Schmerzen, Brennen, Jucken immer an eine Dislokation des Pessars oder an Cremeunvertr&auml;glichkeit denken.</li> <li>Pessare sollen meist nur am Tag getragen werden.</li> <li>Bei richtiger Ben&uuml;tzung und entsprechend fachgerechter Instruktion treten bei der Pessartherapie keine Komplikationen auf.</li> </ul> </div> <p>Schon seit mehr als 2000 Jahren wird mit Scheideneinlagen aus verschiedenen Materialien (Glas, Porzellan, Hartgummi) experimentiert.<sup>1, 2</sup> Im 19. Jahrhundert wurden sie dank fortschrittlicherer Operations- und Narkosemethoden fast vollst&auml;ndig verdr&auml;ngt. Ern&uuml;chtert durch die Operationsergebnisse, verhalfen wir in den 1970er-Jahren der Pessartherapie zur Renaissance.<sup>3&ndash;5</sup> Moderne Therapiekonzepte mit t&auml;glicher Selbsteinlage des Pessars und gleichzeitiger Applikation von &ouml;striolhaltigen Cremen haben heute aus der f&uuml;r veraltet geglaubten Pessartherapie eine effektive Sofortbehandlung gemacht. In diesem Artikel m&ouml;chte ich Ihnen wertvolle Tipps aus meiner mehr als 30-j&auml;hrigen Erfahrung als Fachfrau f&uuml;r Intim- und Blasenbeschwerden weitergeben.<br /> In der Urogyn&auml;kologie werden Pessare immer dann ben&ouml;tigt, wenn der Urinverlust oder die Organsenkung zu sozialen, hygienischen und gesundheitlichen Problemen f&uuml;hren und die Lebensqualit&auml;t einschr&auml;nken. Meist werden sie erg&auml;nzend zu anderen konservativen Massnahmen wie Physiotherapie, medikament&ouml;ser Behandlung oder Verhaltenstraining (Trink-, Miktions- und Toilettentraining) eingesetzt. Je nach Krankheitsursache, Krankheitsverlauf und Schweregrad der Erkrankung werden die Pessare vor&uuml;bergehend bis zur Heilung oder bis zu einer operativen Behandlung angewendet. In seltenen F&auml;llen dienen sie der Dauerversorgung. Durch die pr&auml;operative Pessartherapie mit gleichzeitiger Applikation von Hormoncreme wird das Gewebe optimal f&uuml;r die Operation und einen guten Langzeiterfolg vorbereitet.<br /> Ein gut angepasstes Pessar kann oft rasch und effektiv die Senkungs- und Inkontinenzbeschwerden beheben. Der Erfolg der Pessartherapie ist massgeblich abh&auml;ngig von der richtigen Pessarwahl und von einer professionellen Beratung durch ein eingespieltes Arzt-Fachfrau- Team. Dieses muss die unterschiedlichen Modelle gut kennen und ein breites Sortiment zur Verf&uuml;gung haben. Operationen lassen sich durch die Pessartherapie unter Umst&auml;nden vermeiden oder auf einen geeigneten Zeitpunkt verschieben, Operationsergebnisse werden verbessert und Rezidive k&ouml;nnen verhindert werden. Kurz &ndash; die Pessartherapie verbessert nicht nur die Lebensqualit&auml;t massiv, sie tr&auml;gt wesentlich zum Therapieerfolg bei.</p> <h2>Pessarmodelle</h2> <p>Grunds&auml;tzlich sind Pessare als wiederverwendbare Silikonpessare oder als Wegwerfpessare erh&auml;ltlich. Pessarmodelle aus Silikon gibt es aktuell als Urethraringpessare und Urethraschalenpessare mit spezieller Unterst&uuml;tzung der Urethra durch die Pelotte, Schalenpessare, Keulenpessare, W&uuml;rfelpessare und Tandempessare (Tab. 1). Die meisten Modelle sind in verschiedenen Gr&ouml;ssen erh&auml;ltlich. Wegwerfpessare aus dem Kunststoff Polyvinylalkohol (PVA) stehen ebenfalls in vielf&auml;ltigen Formen und Gr&ouml;ssen zur Verf&uuml;gung, und es gibt Modelle, die auf meinen Wunsch auch in einer verk&uuml;rzten Variante hergestellt werden (Tab. 1).<br /> Wegwerfpessare aus PVA werden w&auml;hrend 2&ndash;7 Tagen gewaschen, wieder verwendet und dann weggeworfen. Silikonpessare k&ouml;nnen dagegen &uuml;ber mehrere Monate angewendet werden. Wegwerfpessare werden dank ihrer Weichheit besonders bei Schmerzpatientinnen, bei Patientinnen mit rheumatischen Beschwerden oder bei anf&auml;nglicher Ablehnung der Pessartherapie gesch&auml;tzt. Allerdings k&ouml;nnen die Kosten der Wegwerfpessare in der Schweiz sehr hoch werden. So addieren sich die Kosten bei mehrmaliger Verwendung der Wegwerfpessare auf 300.&ndash; bis 600.&ndash; sFr. pro 6 Monate, wovon 100.&ndash; bis 360.&ndash; sFr. zulasten der Patientin gehen. Die Kosten f&uuml;r ein Silikonpessar (ca. 70.&ndash; sFr./ St&uuml;ck) werden jedoch meist fast zur G&auml;nze von den Kassen &uuml;bernommen (ausser Tandempessare), weshalb wir &ndash; wann immer m&ouml;glich &ndash; auf Silikonpessare umstellen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Gyn_1703_Weblinks_s6_tab1.jpg" alt="" width="1417" height="2684" /></p> <h2>Indikationen und Auswahl des passenden Modells</h2> <p>In der Urogyn&auml;kologie gibt es zwei Hauptanwendungsgebiete der Pessartherapie: erstens bei Harnverlust durch Belastungs- und Mischharninkontinenz und zweitens bei Senkungen aller Beckenorgane.<sup>1, 3&ndash;6</sup> Aber auch bei anderen urogyn&auml;kologischen Krankheitsbildern k&ouml;nnen die Patientinnen von der Pessartherapie profitieren.<sup>1, 3&ndash;5</sup><br /><br /> <strong>Pessartherapie bei Inkontinenz</strong><br /> Der Vorteil der Pessartherapie bei Inkontinenz ist meist die sofortige Kontinenz, die Trink- und Beckenbodentraining nahtlos erm&ouml;glicht. Bei der Belastungsinkontinenz bieten die Pessare der Harnr&ouml;hre ein Widerlager, wodurch der Urinverlust reduziert oder komplett verhindert wird. Die normale Miktion ist trotzdem gew&auml;hrleistet. Selbst bei einer &uuml;beraktiven Blase kann ein Pessar durch Entlastung der vorderen Scheidenwand die Drangsymptomatik abschw&auml;chen. Bei Mischharninkontinenz und kleinkapazit&auml;rer Blase kann bereits vor einer Bandeinlage mittels Pessartherapie die Blasenkapazit&auml;t gesteigert werden.<br /> Bei Inkontinenz werden meist Ringpessare mit suburethraler Keule (Urethraringpessare, Urethraschalenpessare) oder spezielle Wegwerfpessare aus PVA (Contam<sup>&reg;</sup>-Tampons oder RECAfem<sup>&reg;</sup>) verwendet (Abb. 1A, Abb. 2A). Bei Deszensus mit Trichterbildung findet das Urethraschalenpessar h&auml;ufig einen besseren Halt als das Urethraringpessar (Abb. 2B). Meist werden Pessare &uuml;ber einige Monate angewendet, bis sich &ndash; unterst&uuml;tzt durch adjuvante Therapien (Beckenbodentraining, &Ouml;strogene, Infektsanierung, Drangtherapie) &ndash; die Beschwerden gebessert haben und Pessareinlagen &uuml;berfl&uuml;ssig sind oder bis eine operative Therapie die Pessarbehandlung abl&ouml;st. Je nach Schweregrad der Inkontinenz tragen Frauen das Pessar nur bei sportlicher Aktivit&auml;t. Bei einer Belastungs- oder Mischharninkontinenz kann im Vorfeld einer Operation mittels Pessar getestet werden, ob das mechanische Prinzip der Harnr&ouml;hrenunterst&uuml;tzung zum Erfolg f&uuml;hrt.<sup>7</sup> Verhindert das korrekt sitzende Pessar den Urinverlust, bestehen gute Chancen, dass auch ein operatives Vorgehen erfolgreich ist.<br /><br /><strong> Pessartherapie bei Senkung</strong><br /> Bei Senkungen verwenden wir vorwiegend W&uuml;rfelpessare aus Silikon (Abb. 1B; Abb. 2C). Zum Einf&uuml;hren wird eine Hormoncreme, in Ausnahmef&auml;llen (bei Status nach Endometriumkarzinom) eine Fettcreme verwendet. Der eingelegte W&uuml;rfel haftet dabei durch ein Vakuum an den Vaginalw&auml;nden und verhindert, dass sich die Organe senken und so Beschwerden verursachen. Durch die Reposition der gesenkten Organe und die gleichzeitige Verbesserung der Gewebestruktur (Hormoncreme, angeleitetes Beckenbodentraining) k&ouml;nnen sich die &uuml;berdehnten B&auml;nder und somit auch die Senkung zur&uuml;ckbilden. Ist dies der Fall, w&auml;hlt man im Verlauf das n&auml;chstkleinere Pessar.<br /> Sollte das W&uuml;rfelpessar keinen Halt finden, kann es helfen, bei der Einf&uuml;hrung weniger Creme zu applizieren. Bei grunds&auml;tzlich erschwerter Def&auml;kation mit begleitendem Pressen sollte das Pessar erst nach der Darmentleerung eingelegt werden, da es ansonsten beim Pressen disloziert. Kommt es trotz dieser Massnahmen zur Dislokation des W&uuml;rfelpessars, kann ein Keulenpessar, in seltenen F&auml;llen sogar ein Schalenpessar gew&auml;hlt werden. Tandempessare sind bei dislozierenden W&uuml;rfelpessaren keine Alternative, da sie weniger Vakuum aufbauen und deshalb schlechter halten. Tandempessare sollten dagegen bei langer Scheide und engem Introitus gew&auml;hlt werden. Der Grund daf&uuml;r: Wenn wegen des engen Introitus ein normaler W&uuml;rfel in kleiner Gr&ouml;sse eingef&uuml;hrt werden muss, dann kommt dieser bei langer Scheide zu tief im Fornix zu liegen und die Zysto-Rektozele prolabiert vor das Pessar und f&uuml;hrt zu einer zus&auml;tzlich erschwerten Miktion. Bei zunehmenden Schmerzen oder erschwerter Miktion sollte grunds&auml;tzlich die Gr&ouml;sse des Pessars &uuml;berpr&uuml;ft und allenfalls auf ein Wegwerfpessar aus PVA gewechselt werden.<br /> Die Anwendung eines Pessars bei Senkungsbeschwerden ist pr&auml;operativ in jedem Fall ein Gewinn: Das Gewebe wird durch die gleichzeitige Anwendung einer hormonhaltigen Creme regeneriert, ist elastischer und dies f&uuml;hrt zu besseren Operationsergebnissen.<br /> Bei einer ausgepr&auml;gten Zystozele wird durch das W&uuml;rfelpessar das Quetschhahnph&auml;nomen (abgeknickte Urethra) aufgehoben und es kann eine larvierte Belastungsinkontinenz auftreten. Dann versuchen wir bis zur Senkungsoperation die Inkontinenz mit einem Urethraschalenpessar oder einem verk&uuml;rzten Wegwerfpessar zu verhindern. F&uuml;hrt das W&uuml;rfelpessar pr&auml;operativ zur Inkontinenz, muss diese postoperativ nach Abheilung allenfalls mit einer Bandeinlage behoben werden.<br /> Liegt eine Urethrozystozele mit Trichterbildung und Inkontinenz vor, wird prim&auml;r ein Urethraschalenpessar angepasst. W&uuml;rfelpessare bew&auml;hren sich bei Trichterbildung und Inkontinenz nicht. Das Urethraschalenpessar st&uuml;tzt durch die Schalenform die Senkung und durch die Pelotte gleichzeitig die Harnr&ouml;hre. Die Pelotte des Urethraschalenpessars (wie auch des Ringpessars) muss vaginal knapp hinter der Symphyse zu liegen kommen. Dies soll durch die digitale Untersuchung &uuml;berpr&uuml;ft werden. Ein zu tief liegendes Pessar (z.B. bei zu kleinem Ringdurchmesser) verhindert die Inkontinenz nicht und mindert dadurch die Compliance der Patientin. Bei einer Erstversorgung w&auml;hlen wir das Pessar in der L&auml;nge eher zu knapp. Sollte die Inkontinenz nach ein paar Wochen wieder auftreten, wird einfach das n&auml;chstgr&ouml;ssere Pessar gew&auml;hlt.<br /><br /> <strong>Pessartherapie bei anderen urogyn&auml;kologischen Beschwerden</strong><br /> Bei Miktionsst&ouml;rungen (erschwerte Miktion, Stakkatomiktion), &Uuml;berlaufinkontinenz und Restharnproblematik kann das tiefe Einlegen eines kleinen W&uuml;rfelpessars oder eines Tandempessars, einer Contrelle&reg; quer oder eines Contam<sup>&reg;</sup>- W&uuml;rfeltampons hilfreich sein. Die verschiedenen Man&ouml;ver zur vollst&auml;ndigen Blasenentleerung werden mit der Fachfrau ge&uuml;bt, um ein invasiveres Vorgehen (intermittierender Selbstkatheterismus, Dauerkatheter) umgehen zu k&ouml;nnen.<br /> Bei einem Urethralsyndrom, h&auml;ufig auch die Folge rezidivierender Harnwegsinfekte, w&auml;hlen wir meist ein RECAfem<sup>&reg;</sup>- Pessar als Prim&auml;rversorgung, versuchen aber im Verlauf der Therapie auf das kosteng&uuml;nstigere Ringpessar zu wechseln. Das Pessar massiert die schmerzhafte Urethra mit den Skenn&rsquo;schen Dr&uuml;sen, was m&ouml;gliche Bakterienreservoire entleert und Vernarbungen weich massiert.<br /> Auch Schmerzen durch postoperative Vernarbungen oder eine verengte Scheide k&ouml;nnen dank des Massierens des Gewebes durch das eingelegte Pessar vermindert werden.</p> <h2>Individuelle Anpassung des richtigen Pessars</h2> <p>Ein Behandlungskonzept mit Pessaren sollte in jedem Fall auf einer Anpassung des Pessars durch den Arzt oder die versierte Fachfrau beruhen. Die Patientin wird dabei geschult, das Pessar einmal t&auml;glich zu entfernen, es zu reinigen und selbstst&auml;ndig wieder einzusetzen. Die Patientin kann so das Pessar nach individuellem Bedarf anwenden (z.B. nur tags&uuml;ber). Bei der Pessaranpassung werden anatomische Verh&auml;ltnisse (Scheidenl&auml;nge, Introitus, Levatorplatte, medialer Levatorenschenkel) und der Grund der Erkrankung (Form der Inkontinenz oder Senkung) ber&uuml;cksichtigt. Aber auch vaginale Atrophie, vorangegangene urogyn&auml;kologische Operationen, kognitive F&auml;higkeiten, k&ouml;rperliche Einschr&auml;nkungen der Patientin k&ouml;nnen bei der Wahl einer Pessartherapie mitentscheidend sein. Die Pelvic-Floor- Sonografie kann anatomische Besonderheiten sichtbar machen und beim Darstellen des eingesetzten Pessars die Funktionsweise des Pessars aufzeigen (Abb. 2).<br /> Ein Pessar sitzt dann optimal, wenn es von der Patientin nicht gesp&uuml;rt wird (auch nicht w&auml;hrend k&ouml;rperlicher Belastung, Husten und Pressen), die Inkontinenz verhindert oder das Organ optimal reponiert ist, wenn es nicht disloziert, keine Schmerzen verursacht und zu keiner Obstruktion von Blase/Rektum und nicht zu einer larvierten Harninkontinenz f&uuml;hrt. Am besten wird das Pessar im Liegen, mit allenfalls hochgelagertem Oberk&ouml;rper, eingef&uuml;hrt. Manchen Frauen gelingt es besser, wenn sie sich in einer leichten Hocke an die Wand anlehnen oder ein Bein auf einen Schemel oder auf die Toilette stellen. Bei k&ouml;rperlichen Einschr&auml;nkungen kann ein Dobbiestab helfen, das Pessar tiefer einzuf&uuml;hren und so optimal zu platzieren. Zu wenig tief liegende Pessare f&uuml;hren zu Hautirritationen und st&ouml;ren beim Sitzen. Die Entfernung des Pessars gelingt am besten beim Sitzen auf der Toilette. Das W&uuml;rfelpessar soll mit wippenden Bewegungen und unter leichtem Husten und Pressen langsam herausgezogen werden. Eventuell wird ein Taschentuch oder eine Papierserviette benutzt, um Spritzer aufzufangen.<br /> F&uuml;r die Einf&uuml;hrung des Pessars wird vorzugsweise eine magistrale niedrig dosierte Hormoncreme verwendet. Beim W&uuml;rfelpessar wird zur Applikation mehr Creme ben&ouml;tigt. Bei der Einlage des Urethraringpessars soll man die Hormoncreme auf den Ring und nicht auf die Keule geben. Falls Juckreiz auftritt, liegt dies meist an einer Unvertr&auml;glichkeit gegen&uuml;ber der Salbengrundlage und die Hormoncreme soll gewechselt werden. Auf jeden Fall ist es wichtig, t&auml;glich den Vulva- und Dammbereich mit einer Fettcreme zu sch&uuml;tzen. Sch&auml;digungen, Reizungen, Infektionen und selbst Gewebever&auml;nderungen k&ouml;nnen auf diese Weise verhindert werden.<br /> Wir w&auml;hlen bei der Erstanpassung meist ein Wegwerfpessar, abh&auml;ngig von der vaginalen Trophik oder der Compliance der Patientin. Nach zwei bis vier Wochen erfolgt die Nachkontrolle bei der Fachfrau f&uuml;r Blasen- und Intimbeschwerden. Sie kl&auml;rt Fragen, kontrolliert den Zustand der Vaginalhaut und passt, wenn m&ouml;glich, ein Silikonpessar an (zwecks Kostensenkung). Weitere Kontrollen erfolgen nach Bedarf.<br /> Die h&auml;ufigsten Fehler bei der Pessartherapie sind prim&auml;r die Auswahl des falschen Pessartyps oder der falschen Gr&ouml;sse, der fehlende Faden am Urethralpessar, keine oder falsche Creme. Aber auch ungen&uuml;gende Instruktion und Beratung f&uuml;hren oft zum Abbruch der Pessartherapie. Daher soll die Patientin jederzeit einen Ansprechpartner haben, um Unsicherheiten zu kl&auml;ren.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Gyn_1703_Weblinks_s6_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="1302" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Gyn_1703_Weblinks_s6_abb2.jpg" alt="" width="1051" height="2032" /></p> <h2>Kontraindikationen und Komplikationen</h2> <p>Vor einer Pessarbehandlung m&uuml;ssen aktive vaginale Infektionen saniert sein. Ebenso m&uuml;ssen vaginale Blutungen unklarer Genese zun&auml;chst einer genaueren Diagnostik zugef&uuml;hrt werden. W&auml;hrend der Menstruation sollte die Pessartherapie sistiert werden. H&auml;ufige Komplikationen bei der Verwendung von Pessaren sind vermehrter vaginaler (Creme-)Ausfluss, vaginale Blutungen (Atrophie, Endometrium kontrollieren), Verstopfungen und neu auftretende Harninkontinenz oder Verschlechterung einer solchen (larvierte Inkontinenz).<br /> Meist wird das Pessar nur am Tag getragen, ausnahmsweise k&ouml;nnen Silikonpessare 24 Stunden getragen werden. Wegwerfpessare sollen nach 12 bis 16 Stunden entfernt werden, und &ndash; falls nachts notwendig &ndash; nach kurzer Pause mit Hormoncreme erneut eingelegt werden. Dieses Vorgehen erlaubt die Regeneration der Vaginalhaut und es kommt nie zu Verletzungen oder Ulzerationen.<br /> Bei eingeschr&auml;nkter Beweglichkeit, Pflegebed&uuml;rftigkeit oder Ablehnung der Selbsttherapie kann ein Wechsel durch geschultes Personal (Pflege, Spitex, Partner) zweimal w&ouml;chentlich durchgef&uuml;hrt werden (gilt nur f&uuml;r Silikonpessare). Nur in ganz seltenen F&auml;llen, in denen weder die Patientin selber noch die Spitex oder Angeh&ouml;rige das Pessar wechseln k&ouml;nnen, wird ein Silikonpessar gew&auml;hlt, das in der Sprechstunde alle 6 bis 8 Wochen gewechselt wird. Die Patientin sollte aber unbedingt abends etwas Hormoncreme in die Scheide einbringen. Wenn allerdings regelm&auml;ssige Wechsel nicht gew&auml;hrleistet werden k&ouml;nnen, sollte auf eine Pessartherapie verzichtet werden.<br /> Die moderne Pessartherapie mit gleichzeitiger Hormoncremeapplikation bietet bei vielen urogyn&auml;kologischen Erkrankungen eine effektive Soforttherapie, ist hilfreich als &Uuml;berbr&uuml;ckung und Unterst&uuml;tzung bei anderen Therapieoptionen, und sie ist &ndash; sofern fachgerecht durchgef&uuml;hrt &ndash; eine sehr sichere und hilfreiche Therapieform f&uuml;r die Betroffenen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Oliver R et al.: The history and usage of the vaginal pessary: a review. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 2011; 156: 125-30 <strong>2</strong> Shah SM et al.: The history and evolution of pessaries for pelvic organ prolapse. Int Urogynecol J Pelvic Floor Dysfunct 2006; 17: 170-5 <strong>3</strong> Eberhard J et al.: Pessartherapie in der Urogyn&auml;kologie. Kontinenz 1994; 3: 224- 30 <strong>4</strong> Eberhard J, Geissbuehler V: Pessartherapie. J Urol Urogyn&auml;kol 1999; 4(Schweiz): 23-31 <strong>5</strong> Eberhard J, Geissbuehler V: Pessarbehandlung in der Urogyn&auml;kologie und Geburtshilfe. Gyn&auml;kol Prax 2002; 26: 119-33 <strong>6</strong> Vierhout ME: The use of pessaries in vaginal prolapse. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 2004; 117: 4-9 <strong>7</strong> Bergman A, Bhatia NN: Pessary test: simple prognostic test in women with stress urinary incontinence. Urology 1984; 24: 109-10</p> </div> </p>
Back to top