© magicmine iStockphoto

Definitionen und klinische Implikationen

Endstreckenveränderungen im Ruhe-EKG

<p class="article-intro">Die Endstrecke im Elektrokardiogramm (EKG) setzt sich zusammen aus der im Regelfall geradlinigen oder isoelektrischen ST-Strecke und der darauffolgenden T-Welle, die die vollständige Repolarisation der beiden Ventrikel repräsentiert. Die Beurteilung der ST-Strecke beginnt in etwa 60–80 ms nach dem J-Punkt, jener Stelle, die das Ende des QRS-Komplexes, also den Übergang des aufsteigenden S oder bei fehlendem S den Übergang von R in die ST-Strecke, kennzeichnet.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Physiologischerweise ist die T-Welle halbrund, positiv und hat eine H&ouml;he von 1/6 &ndash; 2/3 der vorangegangenen R-Zacke. Ist jedoch der dazugeh&ouml;rige QRSKomplex &uuml;berwiegend negativ, so ist in Einzelf&auml;llen die nachfolgende T-Welle konkordant negativ zum QRS-Komplex. Ebenfalls als nicht pathologisch zu betrachten ist eine m&ouml;gliche Diskordanz in den Ableitungen III und aVF.<br /> Zeigen sich nun Ver&auml;nderungen der ST-Strecke (Tab. 1) und/oder der T-Welle (Tab. 2), sind diese immer in Zusammenhang mit dem klinischen Kontext und EKG-Vorbefunden zu betrachten, da ihnen nicht zwangsl&auml;ufig eine Pathologie zugrunde liegen muss. Differenziert wird zwischen unspezifischen und spezifischen Endstreckenver&auml;nderungen. Letztere werden zusammen mit dem klinischen Kontext direkt mit einer ersten Verdachtsdiagnose assoziiert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1902_Weblinks_jatros_kardio_1902_s36_tab1_fiedler.jpg" alt="" width="650" height="540" /></p> <h2>ST-Strecke</h2> <p><strong>Unspezifische Erregungsr&uuml;ckbildungsst&ouml;rungen</strong><br /> Unspezifische Erregungsr&uuml;ckbildungsst&ouml;rungen sind h&auml;ufig und k&ouml;nnen diffus in vielen, allen oder auch in zusammenh&auml;ngenden Ableitungen auftreten. Hierzu z&auml;hlen meist geringgradig ausgepr&auml;gte STStrecken- Senkungen oder -Hebungen, Abflachungen bzw. biphasische T-Wellen. Sie werden bei Symptomfreiheit und unauff&auml;lliger Anamnese als unspezifisch gewertet. Asymptomatische Athleten, das hei&szlig;t ohne positive Familienanamnese und positiven Belastungstest, und auch 13 % der Schwarzafrikaner k&ouml;nnen in V1 &ndash; V4 kuppelf&ouml;rmige ST-Strecken-Hebungen mit T-Wellen-Inversionen aufweisen. Diese Ver&auml;nderungen werden als Normvariante betrachtet; in allen anderen Ableitungen sind diese als pathologisch einzustufen. Selten zu finden sind anhaltende juvenile T-Negativierungen in den rechtspr&auml;kordialen Ableitungen, bei denen sich der im Kindesalter physiologisch nach hinten gerichtete Vektor nicht nach vorne richtet und die T-Wellen-Negativierung &uuml;ber V1 &ndash; V3 sistiert.</p> <h2>Spezifische Endstreckenver&auml;nderung</h2> <p>Zu den spezifischen Endstreckenver&auml;nderungen z&auml;hlen Hebungen oder Senkungen der ST-Strecke mit oder ohne nachfolgende T-Wellen-Erh&ouml;hung, -Abflachung, oder -Senkung, sie k&ouml;nnen Ausdruck von zahlreichen pathologischen Zust&auml;nden sein. Die bekanntesten Endstreckenver&auml;nderungen finden sich beim Myokardinfarkt. Nach einem initialen &bdquo;Erstickungs- T&ldquo;, einer spitzen, symmetrischen T-Welle, folgt eine ST-Strecken-Hebung aus dem absteigenden R (&bdquo;Katzenbuckel&ldquo;), die sich in den n&auml;chsten Tagen zur&uuml;ckbildet und der isoelektrischen Linie n&auml;hert. Im weiteren Verlauf finden sich T-Wellen-Inversionen, bis anschlie&szlig;end nur mehr ein Q auf einen durchgemachten Infarkt hindeutet. Diese Ver&auml;nderungen m&uuml;ssen in zumindest zwei zusammenh&auml;ngenden Ableitungen auftreten. Bestehen nach mindestens drei Wochen weiterhin die ST-Hebungen, kann dies mit weiteren EKG-Auff&auml;lligkeiten wie Q-Zacke, spiegelbildlichen ST-Senkungen sowie T-Wellen-Negativierungen Anzeichen f&uuml;r ein Aneurysma sein, manche Autoren gehen jedoch davon aus, dass durch die abnorme Dehnung eher eine Dyskinesie als ein echtes Aneurysma vorliegt.<br /> Diffuse, meist in mehreren oder allen Ableitungen auftretende ST-Strecken-Hebungen aus dem aufsteigenden S zeigen sich im Akutstadium einer Perikarditis, die meist mit einer T-Wellen-Inversion einhergehen. Im &Uuml;bergangsstadium kommt es nach einer initialen Normalisierung der ST-Strecke zu einer vor&uuml;bergehenden TWellen- Inversion. Konvexe ST-Hebungen in V1 &ndash; V3 mit begleitender T-Wellen-Negativierung finden sich beim diagnostisch wichtigen Typ-1-Brugada-Syndrom. Beim Typ 2 und 3 des Brugada-Syndroms zeigen sich sattelf&ouml;rmige ST-Hebungen. <br />ST-Strecken-Senkungen werden unterteilt in aszendierend, deszendierend und horizontal gesenkt. Horizontale oder deszendierende Senkungen zeigen sich passager bei Isch&auml;mie des Herzmuskels, permanent bei Myokardsch&auml;digung sowie als spiegelbildliche Senkungen beim ST-Hebungsinfarkt. Aszendierende Senkungen finden sich h&auml;ufig im Rahmen einer Tachykardie; nur bei starker Auspr&auml;gung deuten diese auf ein isch&auml;misches Geschehen hin. Eine weitere Ursache kann eine Erregungsleitungsst&ouml;rung im vegetativen Nervensystem sein, die sogenannte vegetative Dystonie. Muldenf&ouml;rmige ST-Strecken-Senkungen zeigen sich gelegentlich aber charakteristischerweise bei Digitalis-Medikation. <br />Weitere ST-Strecken-Senkungen zeigen sich im Rahmen einer Links- oder Rechtsherz-Hypertrophie. Die Gr&ouml;&szlig;enzunahme des Ventrikels f&uuml;hrt sekund&auml;r zu einer deszendierenden oder horizontal gesenkten ST-Strecke, die meist in eine negative T-Welle &uuml;bergeht. Diese Abnormit&auml;t tritt selten ohne weitere typische Hypertrophie- EKG-Kriterien auf und w&auml;re ohne diese f&uuml;r eine endg&uuml;ltige Diagnostik nicht ausreichend. Es wird angenommen, dass es entweder durch den hypertrophierten Ventrikel zu einem Ungleichgewicht zwischen Sauerstoffangebot und -nachfrage kommt oder dass die Hypertrophie zu einer prim&auml;ren Leitungsst&ouml;rung f&uuml;hrt. <br />Bei Blockbildern ist die dem betroffenen QRS-Komplex dazugeh&ouml;rige Endstrecke hinsichtlich der Polarit&auml;t meistens entgegengerichtet. Das hei&szlig;t, bei einem Schenkelblockbild im EKG zeigen sich sekund&auml;r ST-Strecken-Senkungen und T-Wellen-Negativierungen. Zu beachten ist, dass in den reziproken Brustwandableitungen eine Hebung m&ouml;glich ist.</p> <h2>T-Welle</h2> <p>Die T-Welle (Tab. 2) alleine kann &uuml;berh&ouml;ht, abgeflacht oder negativ sein. Neben dem oben angef&uuml;hrten &bdquo;Erstickungs- T&ldquo; beim akuten Infarkt findet sich ein hohes T bei vor allem jungen M&auml;nnern mit starkem Vagotonus (&bdquo;vegetatives T&ldquo;) und bei Hyperkali&auml;mien (&bdquo;zeltf&ouml;rmiges T&ldquo;; cave: nur bei raschem Abstieg des Kalium-Spiegels sichtbar).<br /> Abflachungen der T-Wellen treten bei Hypokali&auml;mie auf; T-Negativierungen werden mithilfe der Winkelhalbierenden des ab- und aufsteigenden Schenkels der T-Welle unterteilt in pr&auml;terminal und terminal negative Ts (Abb. 1). Steht die Winkelhalbierende senkrecht auf der isoelektrischen Linie, handelt es sich um ein pr&auml;terminal negatives T, beispielsweise beim Zwischenstadium des Myokardinfarkts; pr&auml;terminal negative Ts, bei denen die Winkelhalbierende einen spitzen Winkel bildet, zeigen sich bei KHK, Ventrikelhypertrophie oder Schenkelblockierungen.<br /> Die Ursachen der Endstrecken-Ver&auml;nderungen sind zahlreich. Neben den oben angef&uuml;hrten klassischen Pathologien muss an multiple weitere Ausl&ouml;ser, wie Intoxikationen, Verschiebungen im S&auml;ure-Basen-Haushalt und in Elektrolyten, zerebrovaskul&auml;re oder abdominale Prozesse, Fieber etc., gedacht werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1902_Weblinks_jatros_kardio_1902_s36_tab2_fiedler.jpg" alt="" width="650" height="423" /></p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1902_Weblinks_jatros_kardio_1902_s37_abb1_fiedler.jpg" alt="" width="650" height="874" /></p> <h2>U-Welle</h2> <p>U-Wellen sind kleine Auslenkungen der T-Welle mit derselben Polarit&auml;t von kleiner Amplitude (&lt;0,2 mV) und wenn sichtbar in den Ableitungen V2 &ndash; V4. Die Bedeutung der U-Welle ist noch nicht ganz gekl&auml;rt, es wird angenommen, dass sie durch die sp&auml;te Repolarisation des His-Purkinje-Systems oder der Midmyokard-Zellen (&bdquo;M-Zellen&ldquo;), Zellen des Subepikards, die ein verl&auml;ngertes Aktionspotenzial besitzen, auftreten. Pathologisch ist wie bei der T-Welle auch eine prominente U-Welle als pathologisch zu beurteilen. Hierzu z&auml;hlen die Hypokali&auml;mie, Bradykardie, Effekt von Klasse-Ia- und -III-Antiarrhythmika und die intrakranielle Blutung. Eine Verschmelzung der T- mit der U-Welle findet sich beim angeborenen Long-QT-Syndrom. U-Wellen-Negativierungen finden sich bei Myokardisch&auml;mie oder bei Linksherzbelastung. Studien weisen darauf hin, dass neu aufgetretene negative U-Wellen hinweisend auf eine Hauptstamm- Stenose seien.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei den Verfassern</p> </div> </p>
Back to top