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Der einzeitige Hüftprothesenwechsel als Therapieoption bei Gelenkprotheseninfektion

<p class="article-intro">Der einzeitige Hüftprothesenwechsel ist eine attraktive Behandlungsoption für Infektionen nach künstlichem Hüftgelenksersatz. Für die erfolgreiche Durchführung sind die korrekte Indikationsstellung und präzise operative Umsetzung essenziell.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Epidemiologisch wird der einzeitige H&uuml;ftprothesenwechsel weniger h&auml;ufig als DAIR und zweizeitiger Wechsel angewendet.</li> <li>Der Erreger und das Resistenzmuster sollten pr&auml;operativ bekannt sein.</li> <li>Die Indikation des einzeitigen H&uuml;ftprothesenwechsels ist unabh&auml;ngig von der Verankerung der Revisionsprothese.</li> <li>Das chirurgische D&eacute;bridement sollte so radikal wie m&ouml;glich sein, ohne dabei vitale Strukturen f&uuml;r die Funktion des Gelenkes zu opfern.</li> <li>Die operative Rekonstruktion muss ein gutes &laquo;Deadspace&raquo;-Management erm&ouml;glichen.</li> </ul> </div> <p>Die implantatassoziierte Infektion ist eine der gef&uuml;rchtetsten Komplikationen nach Implantation eines k&uuml;nstlichen H&uuml;ftgelenks. Sie tritt mit einer H&auml;ufigkeit von 0,5&ndash;1 % der implantierten H&uuml;ftgelenke auf.<br />Der einzeitige Wechsel wird in der Regel weniger h&auml;ufig durchgef&uuml;hrt als &laquo;debridement and implant retention&raquo; (DAIR) und zweizeitiger Wechsel. Ein m&ouml;glicher Grund ist die Epidemiologie der Infektionen und ihrer Manifestation, da Patienten sich entweder fr&uuml;h postoperativ, fr&uuml;h nach Symptombeginn oder sp&auml;t nach Implantation vorstellen.<br />Obwohl der zweizeitige Wechsel in vielen Kliniken als Goldstandard f&uuml;r die Therapie von Gelenkprotheseninfektionen gilt, ist er mit (mindestens) zwei grossen operativen Eingriffen verbunden und entsprechenden finanziellen Belastungen f&uuml;r das Gesundheitssystem assoziiert. Des Weiteren ist das Ziel der Therapie nicht nur die Heilung der Infektion, sondern auch die Erhaltung der Gelenkfunktion. Diesbez&uuml;glich zeigen sich beim einzeitigen Wechsel tendenziell bessere Resultate als beim zweizeitigen.<sup>2</sup> Die Argumente verdeutlichen, dass der einzeitige Wechsel eine Option zur Therapie von Gelenkprotheseninfektionen ist, sofern die daf&uuml;r notwendigen Kriterien erf&uuml;llt sind. Diese und operativ-technische Aspekte werden nachfolgend vorgestellt.</p> <h2>Mit oder ohne Zement</h2> <p>Buchholz et al. ver&ouml;ffentlichten ihre Serie von einzeitigen Wechseln mit zementierten Prothesen und guten Resultaten 1973.<sup>3</sup> Diese Resultate wurden sp&auml;ter auch durch andere Institutionen best&auml;tigt.<sup>4</sup> Die heutige Datenlage zeigt, dass auch mit zementfreien einzeitigen Wechseln hervorragende Behandlungsergebnisse erzielt werden.<sup>5</sup> Aus heutiger Sicht ist somit nicht die Fixierung der Komponenten, sondern die Patientenselektion, die operative Technik und die anschliessende antibiotische Therapie entscheidend f&uuml;r den Behandlungserfolg.<sup>6, 7</sup></p> <h2>Indikation und zu evaluierende Faktoren</h2> <p>Folgende Variablen sollten vor einem einzeitigen Wechsel ber&uuml;cksichtigt werden. Erstens: Der Erreger und sein Resistenzmuster beeinflussen das Therapieresultat. Da ein Fremdk&ouml;rper in ein potenziell infiziertes Gebiet implantiert wird, muss der zu behandelnde Keim empfindlich gegen&uuml;ber Biofilm-aktiven Antibiotika sein.<sup>7</sup> D. h., die mikrobiologischen Resultate sind pr&auml;operativ bekannt, und die Infektion kann zwei bis drei Wochen vorbehandelt und postoperativ fortgef&uuml;hrt werden.<sup>7</sup> Es versteht sich von selbst, dass das antibiotische Konzept ebenfalls pr&auml;operativ interdisziplin&auml;r mit einem Infektiologen festgelegt werden muss.<sup>4</sup> Zweitens: Die lokale Weichteilsituation muss korrekt eingestuft werden.<sup>8</sup> Nur wenn der periprothetische Weichteilmantel intakt oder maximal leicht gesch&auml;digt ist, kann ein einzeitiger Wechsel erfolgen. Sogenannte &laquo;Low-grade&raquo;-Infektionen sind ein typisches Beispiel f&uuml;r eine solche Konstellation. Oft ist es schwierig, zwischen dem verursachenden Erreger und der Kontamination der pr&auml;operativen Probe zu unterscheiden. &laquo;Low-grade&raquo;-Infektionen werden typischerweise durch Koagulase- negative Staphylokokken oder Cutibacterium spp. (fr&uuml;her Propionibacterium spp.) verursacht. Diese Erreger geh&ouml;ren gleichzeitig auch zum Mikrobiom der Haut. Drittens: Das Ausmass der kn&ouml;chernen Defekte und der operative Aufwand der lokalen Rekonstruktion sind ein weiterer entscheidender Faktor.</p> <h2>Operativ-technische &Uuml;berlegungen (modifiziert nach Zimmerli et al.)<sup>6</sup></h2> <p>Im Gegensatz zum zweizeitigen Wechsel besteht beim einzeitigen Wechsel nur bei einer einzigen Operation Gelegenheit f&uuml;r ein chirurgisches D&eacute;bridement. Deshalb ist ein besonders pr&auml;zises Vorgehen notwendig, um nach antibiotischer Vorbehandlung eine zus&auml;tzliche Reduzierung der lokalen Keimbelastung zu erzielen.<br />Grunds&auml;tzlich sollte, wenn m&ouml;glich, der initiale operative Zugang f&uuml;r den Wechsel gew&auml;hlt werden. Hierbei sollten jedoch keine Kompromisse hinsichtlich der M&ouml;g lichkeiten der Radikalit&auml;t des chirurgischen D&eacute;bridements gemacht werden m&uuml;ssen. Nach dem Ausschneiden der Narbe erfolgen als erster Schritt die Synovektomie des Gelenkes sowie die Entfernung des gesamten Granulationsgewebes (Abb. 1). Danach sollten die Implantate entfernt und zur mikrobiologischen Untersuchung (Sonikation) gesandt werden.<sup>9</sup><br />Es erfolgt dann ein zweites D&eacute;bridement, bei welchem etwaige Membranen im Protheseninterface asserviert und zur bakterio logischen<sup>10</sup> und histologischen<sup>11</sup> Untersuchung abgegeben werden. Hierf&uuml;r haben sich aus unserer Sicht scharfe L&ouml;ffel mit Z&auml;hnchen oder K&uuml;retten bew&auml;hrt.<br />Als N&auml;chstes erfolgt teils unter Durchleuchtung die Entfernung s&auml;mtlicher noch verbliebener Fremdk&ouml;rper (abgebrochene Schrauben, Dr&auml;hte, nicht resorbierbare F&auml;den, Knochenersatz-/sequester und Knochenzementreste, Abb. 1). Osteomyelitisch ver&auml;nderter Knochen, welcher gut durchblutet ist, sollte hierbei aus unserer Sicht nicht entfernt werden. Aufgrund der lokalen Hyper&auml;mie ist hier mit einer guten Antibiotikapenetrierung zu rechnen.<br />Zum Abschluss des D&eacute;bridements erfolgt eine ausgiebige Sp&uuml;lung des Operationssitus mit 3&ndash;5 Litern Fl&uuml;ssigkeit. Wir benutzen hierf&uuml;r Polyhexanid (Lavasept&trade;). Die Benutzung einer &laquo;Low-pressure&raquo;-Jet-Lavage verk&uuml;rzt den Sp&uuml;lvorgang und somit die lokale Einwirkzeit des Polyhexanids; f&uuml;r die immer wieder diskutierte Keimverschleppung in tiefere Areale existieren in Bezug auf die Prothetik jedoch keine belastbaren Daten. Wir sp&uuml;len den Situs mit 2 Blasenspritzen. Der femorale Markraum wird mittels eines Absaugkatheters ausgiebig retrograd gesp&uuml;lt (Abb. 3). Nach einer erneuten Kontrolle des D&eacute;bridements (Abb. 4) erfolgt der Wiedereinbau der Prothese. Da zu diesem Zeitpunkt der Situs weiterhin infiziert und kontaminiert ist, macht aus unserer Sicht ein Austausch von Abdeckung und Instrumenten keinen Sinn.<br />Der Wiedereinbau folgt dann den gewohnten Regeln der Revisionsprothetik. Die operative Rekonstruktion grosser kn&ouml;cherner Defekte ist zeitaufwendig und eine lange OP-Dauer erh&ouml;ht per se das Infektrisiko. Ob Patienten mit solchen Defekten f&uuml;r einen einzeitigen Wechsel geeignet sind, ist daher aus unserer Sicht individuell abzuw&auml;gen.<br />Die antibiotische Nachbehandlung der Patienten erfolgt in enger Absprache mit den behandelnden Infektiologen. Mit einer Therapiedauer von 3 Monaten ist auch das postoperative antibiotische Intervall ausreichend lang, um ein Ausheilen der Osteomyelitis zu erzielen (Abb. 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Ortho_1903_Weblinks_s13_abb1.jpg" alt="" width="325" height="895" /></p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Ortho_1903_Weblinks_s13_abb2.jpg" alt="" width="1296" height="876" /></p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Ortho_1903_Weblinks_s13_abb3.jpg" alt="" width="1042" height="824" /></p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Ortho_1903_Weblinks_s13_abb4.jpg" alt="" width="1560" height="829" /></p> <p>&nbsp;</p> <p>&nbsp;</p> <p><em>Ein besonderer Dank gilt Prof. Parham Sendi f&uuml;r die kritische Durchsicht der Arbeit.</em></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Ilchmann T et al.: Risk of infection in primary, elective total hip arthroplasty with direct anterior approach or lateral transgluteal approach: a prospective cohort study of 1104 hips. BMC Musculoskelet Disord 2016; 17(1): 471 <strong>2</strong> De Man FH et al.: Infectiological, functional, and radiographic outcome after revision for prosthetic hip infection according to a strict algorithm. Acta Orthop 2011; 82(1): 27-34 <strong>3</strong> Buchholz HW: Proceedings: deep infections as a result of hip-joint replacement (author&rsquo;s transl). Langenbecks Arch Chir 1973; 334: 547-53 <strong>4</strong> Ilchmann T et al.: One-stage revision of infected hip arthroplasty: outcome of 39 consecutive hips. Int Orthop 2016; 40(5): 913-8 <strong>5</strong> Born P et al.: Eradication of infection, survival, and radiological results of uncemented revision stems in infected total hip arthroplasties. Acta Orthop 2016; 87(6): 637-643 <strong>6</strong> Zimmerli W, Clauss M: Periprosthetic joint infection after total hip and knee arthroplasty, in bone and joint infection &ndash; from microbiology to diagnostics and treatment. Wiley Blackwell 2015; 131-50 <strong>7</strong> Zimmerli W et al.: Prosthetic-joint infections. N Engl J Med 2004; 351(16): 1645-54 <strong>8</strong> Kessler B et al.: Risk factors for periprosthetic ankle joint infection: a case-control study. J Bone Joint Surg Am 2012; 94(20): 1871-6 <strong>9</strong> Trampuz A et al.: Sonication of removed hip and knee prostheses for diagnosis of infection. N Engl J Med 2007; 357(7): 654-63 <strong>10</strong> Schafer P et al.: Prolonged bacterial culture to identify late periprosthetic joint infection: a promising strategy. Clin Infect Dis 2008; 47(11): 1403-9 <strong>11</strong> Krenn V et al.: Revised histopathological consensus classification of joint implant related pathology. Pathol Res Pract 2014; 210(12): 779-86</p> </div> </p>
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