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Der Da-Vinci-Roboter in der chirurgischen Therapie des Bronchialkarzinoms

<p class="article-intro">In der jüngeren Vergangenheit kommt der Da-Vinci-Roboter in der chirurgischen Therapie des Bronchialkarzinoms zunehmend erfolgreich zum Einsatz. Zu den entscheidendsten Vorteilen zählt u.a. die Reduktion des natürlichen Handtremors. Der flächendeckende Einsatz ist derzeit jedoch (auch) noch eine Kostenfrage, da die Geräte mit einer nicht unerheblichen finanziellen Investition verbunden sind.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Anfangs gab es nur das Da-Vinci-Surgical- System der kalifornischen Firma Intuitive Surgical, die damit den Markt f&uuml;r roboterassistierte Operationen am Menschen als einziger Anbieter beherrschte. Durch die zunehmende Liberalisierung mit neuen Marktteilnehmern entsteht derzeit aus Sicht der Kliniken eine positive Konkurrenzsituation, da durch den vermehrten Wettbewerb die Investitionssumme von etwa 1,5&ndash;2 Millionen Euro gesenkt werden kann.<br /> Im September 2016 waren laut Unternehmensangaben weltweit 3803 Da-Vinci- Systeme im Einsatz, davon 2501 in den USA, 644 in Europa, 476 in Asien und weitere 182 in der &uuml;brigen Welt. Einer der wesentlichen Vorteile des Robotersystems im Vergleich zur herk&ouml;mmlichen videoassistierten Methode ist die 3D-Bildgebung mit einer integrierten Zoomfunktion in der Optik, welche vom Operateur an der Konsole bedient werden kann. Das vereinfacht die detailgetreue Pr&auml;paration von Organen.</p> <h2>Indikation f&uuml;r Roboter-Lobektomie beim Bronchialkarzinom</h2> <p>Die Indikation f&uuml;r eine roboterassistierte thoraxchirurgische Operation (RATS) entspricht im Wesentlichen jener der minimal invasiven Thoraxchirurgie (VATS). Damit lassen sich Bronchialkarzinome im Stadium I&ndash;II robotisch anatomisch resezieren. Hierbei sind sowohl Segmentresektionen als auch Lobektomien m&ouml;glich.<sup>1</sup> Veronesi konnte &uuml;ber die Machbarkeit der RATS bei lokoregion&auml;r fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen im Stadium IIIA berichten.<sup>2</sup></p> <h2>Vorteile der Da-Vinci-Operationen</h2> <p>Bei einer Da-Vinci-Operation sitzt der Operateur an der Konsole unsteril und operiert vermittels der Telemanipulationstechnik. Die Bewegungen an den Joysticks werden direkt in Bewegungen der Instrumente intrathorakal &uuml;bersetzt. Hierbei wird der nat&uuml;rliche Handtremor, den auch routinierte Chirurgen haben k&ouml;nnen, herausgefiltert.<sup>3&nbsp;</sup>Da der Operateur auch das optische System steuert, kann auf die zu pr&auml;parierende Struktur optimal fokussiert werden.<sup>4</sup> Durch die intrakorporale Endowrist-Funktion sind bei der RATS die Instrumente im Vergleich zur VATS beweglicher. Zudem sind die Trokare mit &bdquo;remote center&ldquo; versehen, sodass der Drehpunkteffekt an den Rippen weniger belastend wirkt.</p> <h2>Kontraindikationen f&uuml;r RATS</h2> <p>Gro&szlig;e Tumoren ab acht Zentimetern sind zwar rein technisch mit dem Roboter resezierbar, erfordern aber zur Entfernung aus dem K&ouml;rper eine deutlich erweiterte Inzision, weshalb aus unserer Sicht solche Tumoren offen operiert werden sollten. Reoperationen stellen grunds&auml;tzlich keine Kontraindikationen f&uuml;r eine Da-Vinci-Operation dar, vor allem wenn die prim&auml;re Operation minimal invasiv vorgenommen wurde. Mit dem Roboter lassen sich Verwachsungen grunds&auml;tzlich gut l&ouml;sen. Dagegen ist ein Robotereinsatz nach einer Thorakotomie ebenso kontraindiziert wie nach einer neoadjuvanten Strahlentherapie.<sup>2</sup><br /> Bei der Infiltration der Brustwand mit erforderlicher Brustwandteilresektion sollte grunds&auml;tzlich abgewogen werden, ob eine Thorakotomie sinnvoll ist. Weitere Kontraindikationen sind kardiale Limitierungen, nicht operable Tumorstadien sowie eine eingeschr&auml;nkte Lungenfunktion.<br /> Zentral wachsende Tumoren k&ouml;nnen operativ anspruchsvoll sein, da eventuell eine Multiorganresektion notwendig wird. Solche Tumoren sollten in der Lernphase nicht robotisch operiert werden. Cerfolio betont jedoch, dass in erfahrenen Zentren ein zentral gelegener Tumor grunds&auml;tzlich keine Kontraindikation darstellt, da eine Erweiterung im Sinne einer Manschettenresektion mit dem Roboter m&ouml;glich ist.<sup>5</sup></p> <h2>Nachteile einer roboterassistierten Tumorentfernung</h2> <p>Die Anschaffung eines derartigen Robotiksystems ist kostspielig und damit nur bestimmten Therapiezentren &uuml;berhaupt m&ouml;glich. Weitere Kosten entstehen durch notwendige Anlernma&szlig;nahmen f&uuml;r das Operationsteam nebst entsprechenden Hospitationen. Die fehlende Haptik stellt eine Herausforderung dar, die jedoch mit zunehmender Erfahrung nicht mehr ins Gewicht f&auml;llt.<sup>6, 7</sup></p> <h2>Trokarpositionierung bei der RATS</h2> <p>Zun&auml;chst wird der Patient in Seitenlage gebracht. Die Operation beginnt mit der Positionierung eines 8-mm-Optiktrokars im 8. Intercostalraum (ICR), mittlere Axillarlinie (MAL). Nun erfolgt die Insufflation von CO<sub>2</sub>, um das Zwerchfell kaudalw&auml;rts zu bringen.<sup>8, 9</sup> Als N&auml;chstes werden drei weitere 8-mm-Trokare ebenso im 8. ICR mit 10 cm Abstand voneinander positioniert. Der letzte Assistententrokar wird nun im 9. ICR, hintere Axillarlinie, platziert. Nach dem Andocken des Roboters kann nun die eigentliche robotergef&uuml;hrte Operation an der Konsole durchgef&uuml;hrt werden.<sup>10</sup></p> <h2>Roboterassistierte systematische Lymphadenektomie</h2> <p>Der Da-Vinci-Roboter eignet sich gut f&uuml;r die systematische Lymphadenektomie. Viele Publikationen berichten dar&uuml;ber.<sup>2, 8, 11</sup> Durch die Kombination aus einem stabilen Kamerabild und der guten Man&ouml;vrierbarkeit der Instrumente mit Endowrist-Funktion ist eine En-bloc-Resektion der Lymphknoten vergleichsweise leicht durchf&uuml;hrbar. <sup>3, 6, 12, 13</sup><br /> Die Anzahl der entfernten Lymphknoten h&auml;ngt von vielen Faktoren ab. Auch die Anzahl der ausger&auml;umten Stationen flie&szlig;t in die Bewertung mit ein.<sup>14</sup> Nach Louie und Lee ist die Anzahl der entfernten Stationen bei VATS und RATS im Wesentlichen identisch. Hingegen schnitt beim Lymphknoten-Upstaging, insbesondere beim mediastinalen Lymphknoten, das RATS besser ab als das VATS. Bei den &uuml;brigen Stationen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede.<sup>11, 15</sup> Eine grunds&auml;tzliche &Uuml;berlegenheit der RATS gegen&uuml;ber der VATS zeichnet sich derzeit &ndash; auch aufgrund fehlender prospektiver randomisierter Daten &ndash; nicht ab. In eigenen Untersuchungen konnten wir bzgl. der Entfernung nodal-positiver Lymphknoten bei der Thorakotomie RATS und VATS gegeneinander vergleichen. Insgesamt war das Lymphknoten-Upstaging bei der Thorakotomie mit 21,8 % am h&ouml;chsten, bei der RATS bzw. VATS waren es 16,2 % gegen&uuml;ber 12,3 % (p=0,03).<sup>10</sup></p> <h2>Unsere eigenen bisherigen Erfahrungen</h2> <p>Von J&auml;nner bis Oktober 2019 konnten wir in der thoraxchirurgischen Abteilung des Klinikums W&uuml;rzburg Mitte 36 Da-Vinci- Lobektomien vornehmen (unpublizierte Daten). Bei einem Patienten erfolgte die Konversion zur Thorakotomie aufgrund einer Blutung aus der Pulmonalarterie (2,7 % ). Die 60-Tages-Letalit&auml;t lag bei 0. Die Indikationen waren Bronchialkarzinome und neuroendokrine Tumoren der Lunge. Tabelle 1 zeigt die Patientencharakteristika. Die Entfernung des linken Oberlappens mit dem Da-Vinci-X-System ist in einem von uns erstellten Video veranschaulicht.<sup>16</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Onko_2001_Weblinks_jat_onko_2001_s49_tab1_cheufou.jpg" alt="" width="550" height="460" /></p> <p><strong>Lernkurve</strong><br /> Die Lernkurve wird bei der RATS als g&uuml;nstig eingesch&auml;tzt.<sup>8</sup> Song et al. fanden nach konsekutiver Durchf&uuml;hrung von 208 Lobektomien mit dem Roboter heraus, dass nach 32 Operationen die Lernkurve abgeschlossen war. F&uuml;r den Tischassistenten fanden die Autoren die Lernkurve nach 20 Operationen finalisiert.<sup>17</sup> Veronesi fand dagegen, dass die Lernkurve nach 18 roboterassistierten Operationen endete. Allerdings verwendeten sie und ihr Team vier Roboterarme f&uuml;r die Durchf&uuml;hrung der Operation. In unserer eigenen Publikation war nach 20 vorgenommenen Lobektomien mit einem RATS-System mit drei Armen die Lernkurve absolviert. Bei der VATS-Lobektomie ergab die Auswertung der &bdquo;Society of Thoracic Surgeons&ldquo;(STS)- Datenbank, dass die Lernkurve erst nach 50 Lobektomien abgeschlossen ist.<sup>18</sup></p> <p><strong>Die Operationszeit</strong><br /> Durch die intensivere Vorbereitung ist die OP-Zeit insgesamt bei der roboterassistierten Lobektomie l&auml;nger als bei der VATS.<sup>19</sup> Jang fand eine OP-Dauer bei der RATS von 257&plusmn;57 Minuten. Bei der VATS betrug die OP-Dauer 161&plusmn;39 Minuten (p&lt;0,001).<sup>20</sup> In Bezug auf Liegedauer, Revisionsrate und postoperative Komplikationen fanden wir dagegen keine Unterschiede.<sup>10</sup></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die roboterassistierte thoraxchirurgische Operation machbar und sicher ist. Sie bietet eine gute 3D-Sicht auf das Operationsgebiet und damit die M&ouml;glichkeit einer sauberen, detaillierten Pr&auml;paration von Organen. Einem fl&auml;chendeckenden Einsatz stehen derzeit noch die erheblichen damit verbundenen Investitionen entgegen. Prospektive randomisierte Studien zum Vergleich von VATS und RATS stehen noch aus.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Yan TD et al.: Eur J Cardiothorac Surg 2014; 45(4): 633-9 <strong>2</strong> Veronesi G et al.: Eur J Cardiothorac Surg 2018; 54(5): 912-9 <strong>3</strong> Melfi FM, Mussi A: Thorac Surg Clin 2008; 18(3): 289-95, vivii <strong>4</strong> Melfi FM et al.: Thorac Surg Clin 2014; 24(2): 143-9 v <strong>5</strong> Cerfolio RJ: J Thorac Dis 2016; 8(Suppl2): S223-6 <strong>6</strong> Cerfolio RJ et al.: J Thorac Cardiovasc Surg 2011; 142(4): 740-6 <strong>7</strong> Cerfolio RJ et al.: Ann Thorac Surg 2011; 91(6): 1729-36; discussion 1736-7<strong> 8</strong> Cheufou DH et al.: Thorac Cardiovasc Surg 2019; 67(7): 573-7 <strong>9</strong> Kumar A et al.: J Minim Access Surg 2015; 11(1): 94-8<strong> 10</strong> Kneuertz PJ et al.: J Thorac Cardiovasc Surg 2019; 158(5): 1457-66 e2 <strong>11</strong> Louie BE et al.: Ann Thorac Surg 2016; 102(3): 917-24 <strong>12</strong> Morgan JA et al.: Heart Surg Forum 2003; 6(6): E167-9<strong> 13</strong> Dylewski MR et al.: Semin Thorac Cardiovasc Surg 2011; 23(1): 36-42 <strong>14</strong> Song KJ, Flores RM: Ann Transl Med 2019; 7(Suppl 6): S191 <strong>15</strong> Lee BE et al.: J Thorac Cardiovasc Surg 2014; 147(2): 724-9 <strong>16</strong> Klinikum W&uuml;rzburg Mitte: Entfernung des oberen Lungenlappens mit der DaVinciassistierten Operationstechnik. 2019. Online unter https://www.youtube. com/watch?v=E5_rfCMbgvM&amp;t=30s. Abgerufen am 11.2.2020. <strong>17</strong> Song G et al.: J Thorac Dis 2019; 11(6): 2431-7 <strong>18</strong> Puri V et al.: Ann Thorac Surg 2019; 107(1): 202-8 <strong>19</strong> Augustin F et al.: Langenbecks Arch Surg 2013; 398(6): 895- 901 <strong>20</strong> Jang HJ et al.: Innovations (Phila) 2011; 6(5): 305-10</p> </div> </p>
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