© CRISTIAN CASANELLES, Tempura E+

Gesundheit und Politik

Corona: Wieder werden Operationen verschoben

Wien/Zams - Zu Beginn der Woche wurde die Kritik des Rechnungshofes an der Corona-Politik bekannt. Unter anderem kritisierten die Prüfer fehlende Erhebungen zu Folgeschäden aufgrund aufgeschobener Operationen und reduzierter Arztkontakte. Dieses Thema kommt nun wieder auf den Tisch: Aus Krankenhäusern in mehreren Bundesländern kommen erneut Berichte über verschobene Operationen. „Wir haben in den Spitälern die Kollateralschäden der mangelnden Impfquote, die der Grund für die stark ansteigenden Zahlen von Covid-Intensivpatienten ist“, warnt Walter Hasibeder, Präsident der Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI). Es brauche höhere Impfzahlen - wie, sei Aufgabe der Politik.

Die Kollateralschäden zeigen sich laut dem Ärztlichen Leiter der Anästhesie und Operativen Intensivmedizin am Tiroler Krankenhaus St. Vinzenz in Zams auf unterschiedliche Art und Weise: „Zum Beispiel müssen Patienten mit schwerer Gelenksarthrose länger auf den Eingriff warten. Für Patienten, die aus anderen Gründen als Covid-19 intensivpflichtig werden, zum Beispiel nach einem Unfall, haben wir dann weniger Ressourcen. Und wir sehen auch in den Intensivstationen Covid-Patienten mit beeinträchtigtem Immunsystem, zum Beispiel onkologische Patienten, die trotz Impfung angesteckt werden“, schildert Hasibeder.

Normalbetrieb beeinträchtigt

Dass es ähnliche Berichte aus mehreren Bundesländern gibt, ist laut dem ÖGARI-Präsidenten nicht verwunderlich. Zumal österreichweit aktuell rund 220 Covid-Intensivpatienten betreut werden und damit die Zehn-Prozent-Marke bei der Auslastung der Intensivstationen mit Corona-Infizierten erreicht ist, „ab der bekanntlich der Normalbetrieb nicht mehr möglich ist“. Eine Überschreitung der Marke ist derzeit laut AGES-Dashboard in Wien (17 Prozent), Oberösterreich (zwölf Prozent) und Niederösterreich (elf Prozent) der Fall. Nicht-Covid-Patienten belegen demnach 50 Prozent aller rund 2.100 Intensivbetten in Österreich.

Die Beeinträchtigung des Normalbetriebes ist ein "schleichender" Prozess, erklärt Hasibeder. „Zunächst werden planbare, nicht lebensnotwendige Operationen wie orthopädische, sowie andere elektive Eingriffe verschoben. Dadurch werden anästhesiologisches Pflegefachpersonal, Fachärztinnen und- ärzte für Anästhesie und Intensivmedizin freigespielt, die dann Intensivpatientinnen und -patienten auf zusätzlich geschaffenen Intensivplätzen medizinisch versorgen“. Je nach Belagssituation der Intensivstationen müssten aber auch onkologische, herzchirurgische und neurochirurgische Planeingriffe verschoben werden. Wobei lebensnotwendige Operationen Priorität hätten, versichert der ÖGARI-Präsident.

Kapazitäten erweitern

Längerfristig führt nach Einschätzung des Experten kein Weg daran vorbei, „dass wir unsere Intensivmedizin nachhaltig 'pandemiefit' gestalten. Das schließt auch ein, die Basis zu schaffen, dass wir die Kapazitäten im Bedarfsfall auf hohem Qualitätsniveau erweitern können“. Die ÖGARI erarbeite dazu gerade ein Papier, das die Intensivmedizin-Gesellschaft „zum gegebenen Zeitpunkt mit Gesundheitspolitik und -planung besprechen“ wolle. (APA/red)

Artikel zum Thema finden Sie hier:

RH zerlegt Corona-Politik

Covid-Maßnahmen: Auslastung der Intensivstationen als Gradmesser

Back to top