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Verhütung eines Zervixkarzinoms

Konsequent überwachen und möglichst viele Kinder impfen

<p class="article-intro">Besonders die Impfung, aber auch das Screening auf HPV-Infektionen sind erfolgreiche Maßnahmen zur Verhütung eines Zervixkarzinoms. Allerdings ist in Österreich nur die Hälfte aller Mädchen und Buben geimpft. Für eine Elimination der Hochrisiko-HPV-Typen wären 80 % erforderlich.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Zwischen dem 15. und dem 25. Lebensjahr erleiden bis zu 40 % aller Frauen eine HPV-Infektion, die sich jedoch in den meisten F&auml;llen innerhalb von zwei Jahren zur&uuml;ckbildet. Persistierende Infektionen k&ouml;nnen zu h&ouml;hergradigen Dysplasien f&uuml;hren.<br /> F&uuml;r die Sinnhaftigkeit eines HPV-Tests in der Prim&auml;rpr&auml;vention gibt es nach Ausf&uuml;hrung von Prof. Dr. Julia Gallwas, Klinik und Poliklinik f&uuml;r Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Klinikums der Ludwig- Maximilians-Universit&auml;t in M&uuml;nchen, umfassende Studienbelege. Dies zeigte die Auswertung von vier europ&auml;ischen randomisierten Studien: Swedescreen (Schweden), ARTISTIC (England), POBASCAM (Niederlande) und NTCC (Italien). In die Analyse gingen 176 464 Frauen im Alter von 20 bis 64 Jahren ein, die sich einer HPV-Testung oder einer zytologischen Untersuchung (Kontrolle) unterzogen. W&auml;hrend einer durchschnittlichen Beobachtungsdauer von 6,5 Jahren nach Studienbeginn wurde bei Anwendung eines HPV-Tests ein Zervixkarzinom um 60&ndash;70 % besser erkannt als durch die zytologische Untersuchung.<sup>1</sup><br /> Ziele eines Screenings sind das Erkennen h&ouml;hergradiger Dysplasien, die Vermeidung unn&ouml;tiger Kolposkopien, das Erreichen langer Screening-Intervalle und eine Kosteneffektivit&auml;t. Wie Prof. Gallwas ausf&uuml;hrte, ist der langfristige negative pr&auml;diktive Wert der bestimmende Faktor bei der Festlegung sicherer Screening-Intervalle. Mithilfe des langfristigen positiven pr&auml;diktiven Werts kann das Ausma&szlig; notwendiger Untersuchungen bestimmt werden. Den Resultaten einer Subanalyse der ATHENA-HPV-Studie zufolge stellen Strategien, die ein Co-Testing oder die Genotypisierung von hr-HPV 16 und 18 beinhalten, den besten Weg dar, bei hoher Sensitivit&auml;t die Kolposkopierate niedrig zu halten.<sup>2</sup> Nachteilig f&uuml;r das Co-Testing ist die hohe Rate durchzuf&uuml;hrender Untersuchungen. &bdquo;Interessant ist die Frage, in welcher Weise die HPV-Impfung die derzeitigen Screening-Strategien beeinflussen wird&ldquo;, meint Gallwas.</p> <h2>Ab 30 alle 3 Jahre ein HPV-Test</h2> <p>In &Ouml;sterreich ist das Zervixkarzinom- Screening ein opportunistisches, d. h., die Frauen bestimmen selbst, wann sie zur Vorsorgeuntersuchung gehen. F&uuml;r Diagnose und Therapie des Zervixkarzinoms wurde 2018 von den Fachgesellschaften OEGGG (&Ouml;sterreichische Gesellschaft f&uuml;r Gyn&auml;kologie und Geburtshilfe), AGO (Arbeitsgemeinschaft Gyn&auml;kologische Onkologie der OEGGG), AGK (Arbeitsgemeinschaft f&uuml;r Kolposkopie) und &Ouml;GZ (&Ouml;sterreichische Gesellschaft f&uuml;r Zytologie) eine gemeinsame Leitlinie verfasst.<sup>3</sup> Dieser Leitlinie zufolge soll im Rahmen des opportunistischen Zervixkarzinom-Vorsorgeprogramms Frauen ab dem 30. Lebensjahr mindestens alle 3 Jahre ein validierter HPV-Test empfohlen werden. Dies gilt sowohl f&uuml;r geimpfte als auch f&uuml;r nicht geimpfte Frauen. K&ouml;nnen im HPV-Test die Genotypen HPV 16/18 nachgewiesen werden, wird sofort eine Kolposkopie durchgef&uuml;hrt (Abb. 1).<br /> Zudem enth&auml;lt die gemeinsame Leitlinie auch Richtlinien f&uuml;r das Vorgehen bei einem Pap-Test mit Qualit&auml;tseinschr&auml;nkungen, z. B. wenn aufgrund der Abnahmetechnik keine endozervikalen Zellen enthalten sind. Weiters gibt es einen Abkl&auml;rungsalgorithmus f&uuml;r Schwangere.<sup>3</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Gyn_1904_Weblinks_jatros_gyn_1904_s7_abb1.jpg" alt="" width="550" height="345" /></p> <h2>Prim&auml;rpr&auml;vention ist am effektivsten</h2> <p>&bdquo;Die Pr&auml;vention des Zervixkarzinoms ist eine der gro&szlig;en Erfolgsgeschichten in der Gyn&auml;kologie&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Mag. Dr. Andreas Widschwendter, Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Gyn&auml;kologie und Geburtshilfe, Innsbruck. Durch das Screening hat sich die H&auml;ufigkeit des Zervixkarzinoms bereits dramatisch reduziert, doch der protektive Effekt der Impfung ist noch st&auml;rker: Ohne Vorsorge betr&auml;gt die Wahrscheinlichkeit f&uuml;r ein 12-j&auml;hriges M&auml;dchen, bis zum 75. Lebensjahr an einem Zervixkarzinom zu erkranken, 23/1000, mit Screening 7/1000 und mit der Impfung 3/1000.<sup>4</sup> Geimpfte M&auml;dchen erkranken &ndash; wenn &uuml;berhaupt &ndash; auch erst sp&auml;ter. &bdquo;Vielleicht k&ouml;nnte man dann mit dem Screening erst im Alter von 35 Jahren beginnen&ldquo;, meint Prof. Widschwendter. Auch h&ouml;here Screening-Intervalle von 10 Jahren k&ouml;nnten bei einer hohen Durchimpfungsrate ausreichen.<br /> Insofern ist zu vermuten, dass k&uuml;nftig eine Individualisierung der Screening- Empfehlung erforderlich sein wird. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine amerikanische Modellberechnung.<sup>5</sup> Dieser zufolge k&ouml;nnte man bei geimpften Frauen sp&auml;ter mit dem Screening beginnen, die Intervalle ausweiten und lediglich HPV-Tests durchf&uuml;hren. Aufgrund der niedrigen Pr&auml;valenz des Zervixkarzinoms bei geimpften Frauen wird der positive Vorhersagewert des Pap-Tests reduziert und der negative Vorhersagewert des HPV-Tests erh&ouml;ht.</p> <h2>Impfm&uuml;digkeit in &Ouml;sterreich</h2> <p>Trotz der Vorteile der HPV-Impfung betr&auml;gt die Durchimpfungsrate in &Ouml;sterreich nach Auskunft des Ministeriums derzeit nur ca. 50 %. In L&auml;ndern mit besserer Durchimpfung wie Gro&szlig;britannien zeigte sich bereits eine dramatische Reduktion h&ouml;hergradiger L&auml;sionen bei den geimpften im Vergleich zu den nicht geimpften Frauen: Im Vergleich zu den nicht geimpften Frauen, die 1988 geboren wurden, wiesen geimpfte Frauen, die von 1995 bis 1996 geboren wurden, im Alter von 20 Jahren um 89 % weniger Pr&auml;kanzerosen (CIN Grad 3 und mehr) auf.<sup>6</sup> Eine massive Reduktion der im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen w&auml;re m&ouml;glich, wenn mindestens 80 % aller M&auml;dchen und Buben geimpft w&auml;ren und die hohe Wirksamkeit der Impfung im Zeitverlauf aufrechterhalten werden kann.<sup>7</sup><br /> Ein weiteres Problem bei der Fr&uuml;herkennung des Zervixkarzinoms stellt nach Ausf&uuml;hrung von Prof. Widschwendter die Tatsache dar, dass ab dem 50. Lebensjahr die Anzahl der Frauen, die zum Screening gehen, dramatisch sinkt: &bdquo;In diesem Fall wird ein Zervixkarzinom dann relativ sp&auml;t erkannt, n&auml;mlich erst, wenn Symptome auftreten.&ldquo;</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Symposium „Gynäkologische Vorsorge: Zytologie versus HPV“ im Rahmen des BGGF/OEGGG-Kongresses 2019, 12. September 2019, München </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Ronco G et al.: Efficacy of HPV-based screening for prevention of invasive cervical cancer: follow-up of four European randomised controlled trials. Lancet 2014; 383: 524- 32 <strong>2</strong> Cox JT et al.: Comparison of cervical cancer screening strategies incorporating different combinations of cytology, HPV testing, and genotyping for HPV 16/18: results from the ATHENA HPV study. Am J Obstet Gynecol 2013; 208: 184.e1-184.e11 <strong>3</strong> Reich O et al.: Gemeinsame Leitlinie der OEGGG, AGO, AGK und &Ouml;GZ zur Diagnose und Therapie von Cervikalen Intraepithelialen Neoplasien sowie Vorgangsweise bei zytologischen Befunden mit eingeschr&auml;nkter Qualit&auml;t. GebFra 2018; 12: 1232-43 <strong>4</strong> Petry KU et al.: Estimation of the individual residual risk of cervical cancer after vaccination with the nonavalent HPV vaccine. Hum Vaccin Immunother 2018; 14: 1800-06 <strong>5</strong> Kim JJ et al.: Optimal cervical cancer screening in women vaccinated against human papillomavirus. J Natl Cancer Inst 2016; 109(2): djw2016 <strong>6</strong> Palmer T et al.: Prevalence of cervical dis ease at age 20 after immunisation with bivalent HPV vaccine at age 12-13 in Scotland: retrospective population study. BMJ 2019: 365: 1161 <strong>7</strong> Brisson M et al.: Populationlevel impact, herd immunity, and elimination after human papillomavirus vaccination: a systematic review and metaanalysis of predictions from transmission-dynamic models. Lancet Public Health 2016; 1(1): e8-17</p> </div> </p>
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