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Immuntherapie des hepatozellulären Karzinoms

Für etwa eine Dekade gab es für Patienten mit fortgeschrittenem hepatozellulärem Karzinom (HCC) mit dem Tyrosinkinaseinhibitor (TKI) Sorafenib nur eine effektive systemische Therapieoption. Erst in den vergangenen vier Jahren wurden mit den TKI Lenvatinib in der Erstlinie und Regorafenib bzw. Cabozantinib in der Zweitlinie sowie mit Ramucirumab, einem monoklonalen Antikörper gegen VEGFR-2 („vascular endothelial growth factor rezeptor 2“), weitere Substanzen zum Therapiealgorithmus des HCC hinzugefügt.

Keypoints

  • Während die Monotherapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren in Phase-III-Studien beim HCC bisher nicht erfolgreich war, konnte sich die Kombination aus Atezolizumab plus Bevacizumab gegen Sorafenib durchsetzen und repräsentiert somit den neue Referenzstandard in der systemischen Erstlinientherapie des HCC.

  • Aktuell werden Immuncheckpoint-Inhibitoren im Rahmen von klinischen Studien auch in früheren Tumorstadien untersucht, beispielsweise in Kombination mit TACE oder als adjuvante Therapie nach Resektion oder Lokalablation.

Bei einer Vielzahl von onkologischen Erkrankungen stellt die Immuntherapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) mittlerweile eine wichtige Therapiesäule dar. ICI werden auch bei Patienten mit hepatozellulärem Karzinom (HCC) intensiv in klinischen Studien untersucht.1,2 Im Folgenden sollen die neuesten Entwicklungen zusammengefasst werden.

Immuncheckpoint-Inhibitoren beim HCC

Basierend auf vielversprechenden Effektivitätsdaten aus Phase-II-Studien wurden die ICI Nivolumab, Pembrolizumab sowie die Kombination aus Nivolumab plus Ipilimumab in den USA (nicht aber in Europa) zur Therapie von Sorafenib-vorbehandelten Patienten zugelassen. Die Zulassung setzte voraus, dass diese Therapien in weiterer Folge auch in Phase-III-Studien evaluiert werden mussten.1

Während die Phase-III-Studie zu Nivolumab plus Ipilimumab noch Patienten rekrutiert (NCT04039607), gibt es zu den anderen beiden Substanzen bereits Ergebnisse aus der Phase III. Nivolumab wurde als Erstlinientherapie gegen Sorafenib getestet und Pembrolizumab wurde als Zweitlinientherapie (nach vorangegangener Sorafenib-Behandlung) mit Placebo verglichen. Sowohl für Nivolumab als auch für Pembrolizumab konnten zwar die radiologischen Ansprechraten und die Sicherheitsdaten aus den Phase-II-Studien bestätigt werden, allerdings konnten die primären Überlebensendpunkte nicht erreicht werden, sodass formal beide Studien als negativ zu bewerten sind (Tab. 1).3,4

Tab. 1: Randomisierte Phase-III-Studien von Immuncheckpoint-Inhibitoren bei fortgeschrittenem hepatozellulärem Karzinom

Neben der Kombination aus ICI miteinander werden ICI auch mit anderen Substanzklassen kombiniert. Speziell für Therapien, die den VEGF-Signalweg blockieren, gibt es eine gute Begründung. Denn VEGF ist nicht nur ein wichtiger Angiogenesefaktor, sondern fördert auch eine immunsuppressive Mikroumgebung im Tumor, welche Tumorwachstum begünstigt. Durch die Anti-VEGF-Therapie soll dieses immunsuppressive Milieu umprogrammiert werden, sodass die Wirksamkeit der Immuntherapie weiter verbessert werden kann.1

Dass dieses Konzept beim HCC funktioniert, hat die IMbrave-150-Studie eindrucksvoll bewiesen. In dieser Phase-III-Studie wurde bei nicht systemisch vorbehandelten Patienten die Kombination aus Atezolizumab plus Bevacizumab gegen Sorafenib getestet. Neben einer signifikanten Verlängerung der beiden primären Endpunkte Gesamtüberleben und progressionsfreies Überleben führte die Kombination aus Atezolizumab und Bevacizumab bei etwa einem Drittel der Patienten zu einem kompletten oder partiellen Ansprechen. Auch das Nebenwirkungsprofil war zufriedenstellend und die Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität konnte mit der Kombinationstherapie deutlich verlängert werden (Tab. 1).5

Somit konnte Atezolizumab plus Bevacizumab auf allen Ebenen überzeugen und stellt zu Recht den neuen Referenzstandard in der Erstlinientherapie des hepatozellulären Karzinoms dar.2,6

Zukünftige Entwicklungen

Aktuell werden ICI nicht nur bei Patienten mit fortgeschrittenem HCC getestet, sondern auch in früheren Tumorstadien als Mono- oder Kombinationstherapie. So laufen derzeit mehrere Phase-III-Studien, die ICI in Kombination mit transarterieller Chemoembolisation (TACE) bei Patienten im intermediären Tumorstadium (intrahepatisches multifokales HCC) untersuchen (z.B. NCT03778957, NCT04340193). Auch als adjuvante Therapie nach Resektion oder Lokalablation sind ICI derzeit in klinischen Studien im Einsatz (z.B. NCT03847428, NCT04102098).

Die nächsten Jahre werden zeigen, welche Kombinationstherapien sich durchsetzen werden bzw. in welchen Settings sich die Immuntherapie beim HCC noch etablieren wird.

1 Pinter M et al.: The current landscape of immune checkpoint blockade in hepatocellular carcinoma: a review. JAMA Oncol 2021; 7(1): 113-23 2 Gordan JD et al.: Systemic therapy for advanced hepatocellular carcinoma: ASCO guideline. J Clin Oncol 2020; 38(36): 4317-45 3 Finn RS et al.: Pembrolizumab as second-line therapy in patients with advanced hepatocellular carcinoma in KEYNOTE-240: a randomized, double-blind, phase III trial. JClin Oncol 2020; 38(3): 193-202 4 Yau T et al.: CheckMate 459: a randomized, multi-center phase 3 study of nivolumab (NIVO) vs sorafenib (SOR) as first-line (1L) treatment in patients (pts) with advanced hepatocellular carcinoma. Ann Oncol 2019; 30(Supplement 5): v874-5 5 Finn RS et al.: atezolizumab plus bevacizumab in unresectable hepatocellular carcinoma. N Engl J Med 2020; 382(20): 1894-905 6 Pinter M et al.: Immunotherapy for advanced hepatocellular carcinoma: a focus on special subgroups. Gut 2021; 70(1): 204-14

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