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Gesundheit und Politik

ÖGK-Obmann Huss will Wahlarztsystem und psychosoziale Versorgung umkrempeln

Wien - Mit 1. Juli hat Dienstnehmer-Vertreter Andreas Huss wieder den Verwaltungsrat-Vorsitz in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) übernommen. Und er lässt mit seinem Arbeitsprogramm aufhorchen: Nicht zuletzt aufgrund der Pandemie und ihrer Auswirkungen auf die psychische Gesundheit will Huss die psychosoziale Versorgung auf neue Beine stellen. Außerdem bleibt der ÖGK-Obmann bei seinem Vorhaben, das Wahlarztsystem umzukrempeln.

Die Ankündigungen, die Huss für das zweite Halbjahr 2022 als Obmann der ÖGK formuliert, enthalten durchaus Konfliktstoff: Allem voran hält er an einer Neugestaltung des Wahlarztsystems fest. Die Idee: Eine Kostenerstattung soll künftig nur noch bei jenen Wahlärzt*innen möglich sein, die im Sinne der kassenärztlichen Versorgung tätig sind und bestimmte Kriterien erfüllen. Dazu gehört die Anbindung an ELGA, das E-card-System, das E-Rezept sowie das Wahlarzt-online-System, über das die Ärzte ihre Rechnungen eingeben und so den Kostenzuschuss für die Patienten abwickeln könnten. Huss: „Die Wahlärzte sind für uns in vielen Bereichen eine Blackbox. Ziel ist es, dass alle, die sich an bestimmte Regeln halten, mit uns kommunizieren und in die elektronische Patientenakte hineinschauen, weiterhin über ihre Patienten eine Kostenerstattung abrechnen können.“

Aktuell würde nur ein kleiner Teil diese Anforderungen erfüllen. Laut Huss gibt es rund 10000 Wahlärzte in Österreich – nach den beschriebenen Kriterien arbeiten derzeit 460 Mediziner. Was die rechtliche Umsetzung seines Vorschlages angeht, bedürfe es „nur einer entsprechenden Änderung im ASVG“, so der ÖGK-Obmann weiter. Und: Aus dem Gesundheitsministerium seien in dieser Angelegenheit durchaus positive Signale zu vernehmen.

Multidisziplinäre Zentren ausbauen

Ein längerfristiges Vorhaben betrifft den Ausbau der psychosozialen Versorgung, wo Huss die „größte Lücke“ innerhalb des Gesundheitssystems sieht. Nach dem Aufstocken der psychotherapeutischen Leistungen in der jüngeren Vergangenheit soll der Bogen nun weiter gespannt werden. Konkret geht es darum, auch andere Berufsgruppen wie Kinder- und Erwachsenenpsychiater sowie Sozialarbeiter stärker miteinzubeziehen.

Der Plan sei, flächendeckend sogenannte psychosoziale Versorgungszentren zu errichten, die einen niederschwelligen und kostenlosen Zugang für Patient*innen bieten. Aktuell gebe es insgesamt neun derartige Einrichtungen in Österreich, konkret in Wien, im Burgenland, in der Steiermark, in Kärnten, Salzburg und Tirol. Um den Bedarf zu decken, brauche es 20 bis 30 solcher Zentren, so Huss gegenüber universimed.com. Wobei sich dieses Konzept freilich nicht von heute auf morgen verwirklichen lässt. Gemeinsam mit der Landespolitik finanziert hält der ÖGK-Obmann eine Umsetzung im Laufe von fünf Jahren für möglich.


Autor:
Evelyn Holley-Spieß

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