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Gesundheit und Politik

Ärztekammer für Wien: Neue Spitze hat Ausbildungsreform im Fokus

Wien - Die neue Führung der Ärztekammer für Wien präsentierte am Donnerstag ihre Reformvorschläge für die kommenden fünf Jahre. Zu Beginn stand ein einhelliges Plädoyer für die solidarische Krankenversicherung und das System des Kassenvertragsarztes. Was folgte, war eine lange Liste an Verbesserungsvorschlägen, die nicht erst seit gestern zur Debatte stehen. Der Bogen spannt sich vom Wunsch nach Abbau der Bürokratie über die Forderung eines einheitlichen Leistungskataloges bis hin zu einer Reform der Ausbildung, um die anstehenden Nachwuchs- und Nachbesetzungsprobleme zu lösen.

Anfang Mai hat die Wiener Ärzteschaft ihre neue Standesvertretung gewählt. Der neue Präsident Johannes Steinhart hat sich gemeinsam mit seinen Vizepräsidenten Stefan Ferenci, Obmann der Kurie angestellte Ärzte, sowie Erik Randall Huber, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte, einiges vorgenommen. Die Neuausrichtung der Ausbildung ist dabei ein zentraler Punkt. Huber spricht sich für ein „duales“ System aus. Soll heißen: Nach Abschluss des Studiums sollte eine zweijährige Phase in einer Ordination folgen, danach vier Jahre Ausbildung im Spital. Huber: „Die angehenden Ärztinnen und Ärzte lernen dabei Krankheitsbilder kennen, die sie im Spital in dieser Vielfalt nicht erleben. Mit diesem umfangreichen Basiswissen ausgestattet, können sie danach im Spitalsbereich auch besser eingesetzt werden und erhalten so jene Aufmerksamkeit, die ihnen derzeit oft nicht gegeben wird.“

Notwendige Verbesserungen sieht Ferenci auch bei der medizinischen Ausbildung in den Spitälern. Derzeit finde diese wegen zeitlicher und finanzieller Ressourcenknappheit eher „nebenbei“ statt. „Eine gute Ausbildung funktioniert aber nur unter direkter Supervision einer Fachärztin oder eines Facharztes, daher benötigen wir keine Erhöhung des Ausbildungsschlüssels, sondern deutlich mehr Fachärztinnen und Fachärzte.“ Als erste schnell umsetzbare Maßnahme schlägt Ferenci die Abschaffung der Basisausbildung vor, um den jungen Kolleginnen und Kollegen den raschen Einstieg in ihr Wunschfach zu ermöglichen.

„Patienten werden bestraft“

Die Liste, die in den kommenden Jahren rein theoretisch abzuarbeiten wäre, ist freilich noch deutlich länger: Ausbau der Serviceangebote für die Ärzteschaft vonseiten der Kammer, Umsetzung eines einheitlichen Leistungskatalogs mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Ausbau der PVE-Modelle etwa für Kinderärzte, aber auch andere Fächer und die Attraktivierung des Kassenarztes generell – von der Honorierung bis hin zu flexibleren Arbeitszeitmodellen.

Eine Absage kommt vor diesem Hintergrund wenig überraschend zu den jüngsten Vorstellungen aus der Gesundheitspolitik, wonach das Wahlarztsystem überdacht und die Kostenerstattung durch die Krankenversicherung gestrichen werden sollte. Steinhart: „Das ist nicht mehr als das Versagen der Politik.“ Und: „Bestraft würden damit die Patienten“, ergänzt Huber.


Autor:
Evelyn Holley-Spieß

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