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Praktische Überlegungen zum Schutz von Untersuchern und Patienten

Herzultraschall im Rahmen der Covid-19-Pandemie

Die Herzultraschalluntersuchung stellt aufgrund des engen körperlichen Kontakts mit den Patienten und der Expositionszeit eine besondere Herausforderung für die Untersucher dar. Eine überlegte und präzise Indikationsstellung wie auch die fokussierte, im Wesentlichen auf die Fragestellung reduzierte Untersuchung spielen beim Schutz der Untersucher und Patienten eine wichtige Rolle.

Keypoints

  • Strenge Indikationsstellung – direkte therapeutische Konsequenz aus dem Echobefund

  • Fokussierte, verkürzte Untersuchung, um die Expositionszeit kurz zu halten

  • Strenges Einhalten der Schutzvorschriften der jeweiligen Gesellschaften, Kliniken oder Praxen

  • Besondere Vorsicht beim Durchführen von TEE-Untersuchungen aufgrund der Aerosolbildung

Allgemein

Aufgrund des hohen Risikos für einen schwereren Krankheitsverlauf bei Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen und einer Covid-19-Erkrankung sowie der zu erwartenden kardialen Beteiligung im Rahmen der Entzündungsreaktion muss man künftig von einem erhöhten Bedarf an echokardiografischen Untersuchungen ausgehen. An kardiologischen Komplikationen wurde bisher von Myokarditiden, akuter Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen, welche letztendlich häufig eine Todesursache bei den betroffenen Patienten darstellen, berichtet. Wie erwähnt stellt die echokardiografische Untersuchung aufgrund der Untersuchungsdauer (Expositionszeit) und des engen Patientenkontakts ein besonderes Risiko für eine Ansteckung mit Coronaviren dar. Zum Schutz der Kolleginnen und Kollegen sowie der Sonografen müssen dringend Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um Infektionen des Gesundheitspersonals und eine Verbreitung des Coronavirus zu vermeiden. Ein sorgloser Umgang mit der Thematik kann aufgrund der Schlüsselposition des Herzultraschall-Labors zu einer ungewollten Quarantäne ganzer Bereiche im Krankenhaus führen.

Schutzmaßnahmen

Schutzmaßnahmen sollten primär den lokalen Schutzvorschriften der jeweiligen Gesellschaften, Kliniken oder Praxen folgen. Dies betrifft in erster Linie Desinfektionsrichtlinien, Schutzkleidung, Schutzmasken und Schutzbrillen.

Zusätzliche Überlegungen zur Risikominimierung:
Räumlichkeiten:

Je nach Möglichkeit sollte im optimalen Fall ein Labor ausschließlich für Patienten ohne Verdacht auf eine Covid-19-Erkrankung zur Untersuchung geschaffen werden und ein anderes Labor speziell zur Untersuchung von Covid-19-positiven Patienten oder bei Verdachtsfällen genutzt werden. Aufgrund der hohen Infektionsgefahr sollte eine transösophageale Echokardiografie (TEE)auf jeden Fall in einem nur dafür vorgesehenen Raum stattfinden.

Arbeitsplatz:

Computer/Echomaschinen einschließlich Zubehör (insbesondere PC-Mäuse, Tastaturen) sind regelmäßig zu reinigen und zu desinfizieren. Nach Möglichkeit sollte jeweils nur eine Person an einem Computerarbeitsplatz arbeiten, damit es über Tastatur und Maus zu keiner Übertragung während einer Schicht kommt.

Personal:

Bei der Untersuchung sollte sich immer nur das absolute Minimum an Personal im Raum befinden, welches zur Durchführung der Echokardiografie benötigt wird. Ältere Mitarbeiter oder solche mit entsprechenden Vorerkrankungen, die zu einer Risikogruppe gehören, sollten nach Möglichkeit keinen direkten Patientenkontakt haben. Hier ist, wenn möglich, eine Befundung beispielsweise an einem Remote-Arbeitsplatz zu überlegen.

Indikationsstellung

Mit jeder Untersuchung sollte immer die Frage nach einer dringlichen direkten therapeutischen Konsequenz durch die Echokardiografie verbunden sein (Abb. 1). Dies hat eine ganz besondere Bedeutung bei der Durchführung von TEE-Untersuchungen, da bei diesen ein besonders hohes Risiko für eine Infektion durch bereits Covid-19-infizierte Patienten besteht. Durch Aerosole in Verbindung mit Hustenepisoden der Patienten sowie bei der Intubation der TEE-Sonde besteht ein hohes Risiko für das medizinische Personal und speziell für den durchführenden Arzt. Hier ist auch zu beachten, dass es bereits bei der Rachenbetäubung mittels Oberflächen-Anästhesie zu einer beträchtlichen Aerosolbildung kommt. Bei der transösophagealen Echokardiografie gilt somit für nichtbeatmete wie auch für beatmete Patienten eine absolut strenge Indikationsstellung.

Abb. 1: Algorithmus zur Patientenselektion und Indikationsstellung

Praktische Durchführung der Untersuchung

Im Zentrum der Durchführung einer jeden echokardiografischen Untersuchung muss die fokussierte, auf die Fragestellung reduzierte Untersuchung stehen. Auf Spezialuntersuchungen und das Erheben von zeitintensiven Messwerten (4D, Strain, Ejection Fraction …) sollte verzichtet werden oder die Messungen werden im Anschluss an die Untersuchung an einer Remote-Workstation durchgeführt.

Zu beachten ist:
  1. EKG-Kabel sollten nur dann verwendet werden, wenn eine spätere Auswertung absolut notwendig ist, und im Idealfall an einer Remote-Workstation durchgeführt werden kann.

  2. Es sollen keine Ejection-Fraction- oder Strain-Analysen direkt bei der Untersuchung durchgeführt werden – optimalerweise sollten Messungen an einer Remote-Workstation erfolgen (Expositionszeit).

  3. Keine 4D-Aufnahmen durchführen!

  4. Kontrastmitteluntersuchungen sollten aufgrund der längeren Untersuchungsdauer nur nach strenger Indikationsstellung durchgeführt werden. Im Idealfall sollte die Entscheidung für die Verabreichung eines Kontrastmittels schon vor der Durchführungder Untersuchung getroffen werden, damit es in weiterer Folge während der Untersuchung zu keinen unnötigen Wartezeiten kommt (Legen des Zugangs, Bereitstellung des Kontrastmittels…).

  5. Untersucher mit ausreichender Erfahrung können zu einer signifikanten Verkürzung der Untersuchungsdauer beitragen.

  6. Türen und Zwischentüren sollen geschlossen gehalten werden.

Spezialechountersuchungen

Von der Durchführung von zeitaufwendigen Spezialuntersuchungen wie z.B. 4D-Echokardiografie, Dobutamin-Stress-Echokardiografie oder CRT-Optimierungen ist zurzeit eher abzuraten. Es ist hier entweder die Expositionszeit aufgrund der Untersuchungsdauer sehr hoch, die Evidenzlage schlecht oder es gibt alternative Untersuchungsmöglichkeiten mit geringerem Infektionsrisiko.

Alternativen zum Echo

Alternativen zur Beurteilung der kardialen Situation können in vielen Fällen Laborwerte wie NTpro-BNP, das EKG, klinische Symptomatik und Anamnese (Belastbarkeit) sowie der klinische Status (belastungsabhängige Beschwerden, Dyspnoe, Herzgeräusche bei der Auskultation, Beinödeme …) sein.

Auch die Computertomografie stellt eine wichtige Alternative z.B. beim Thrombusausschluss dar. Die Vorteile liegen hier insbesondere in der kürzeren Untersuchungsdauer und der fehlenden Aerosolbildung im Vergleich zur transösophagealen Echokardiografie. Die Kapazitäten sind hier jedoch häufig ebenfalls aufgrund der Pandemie reduziert.

Fazit

Die Covid-19-Pandemie stellt Kardiologen vor große Herausforderungen. Es ist von besonderer Wichtigkeit, die eingeschränkten Kapazitäten durch sehr genaue Indikationsstellung denjenigen Patienten zukommen zu lassen, bei denen sich auch wirklich, aufgrund des erhobenen Herzultraschall-Befunds, eine therapeutische Konsequenz in weiterer Folge ergibt. Das konsequente Einhalten von Schutzmaßnahmen ist wichtig, um das Personal vor Ansteckung zu schützen und um die Kompetenz in der Durchführung von Herzultraschalluntersuchungen für die Patienten, die diese Diagnostik dringend benötigen, zu erhalten.

Autor:
Dr. Stefan Kastl
Leiter des echokardiographischen Labors Universitätsklinik für Innere Medizin II – Abteilung Kardiologie
Medizinische Universität Wien
E-Mail: stefan.kastl@meduniwien.ac.at

1 ASE Statement on Protection of Patients and Echocardiography Service Providers During the 2019 Novel Coronavirus Outbreak. www.asecho.org/ase-statement-covid-19/
2 COVID-19 pandemic and cardiac imaging: EACVI recommendations on precautions, indications, prioritization, and protection for patients and healthcare personnel. Eur Heart J Cardiovasc Imaging 2020 Apr 3; jeaa072. doi: 10.1093/ehjci/jeaa072 3 Klinische Anleitung zur Bereitstellung echokardiographischer Untersuchungen in Anbetracht der COVID-19-Pandemie. Stellungnahme der AG5 Kardiovaskulärer Ultraschall der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. https://dgk.org/daten/echo-anleitung-in-zeiten-von-covid-19_final-1.pdf

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